«Ich habe keine Niederlagen erlitten» – so blickt SP-Regierungsrat Patrick Strasser auf seine Amtszeit zurück

Dario Muffler | 
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Patrick Strasser ist seit vier Jahren Erziehungsdirektor des Kantons Schaffhausen. Und er will nochmals vier Jahre in der Regierung sitzen. Im Gespräch erklärt er, was ihn antreibt und was in den letzten vier Jahren anders hätte laufen sollen.

Herr Strasser, ­warum wollen Sie Regierungsrat bleiben, und wieso sollten die Wahl­berechtigten gerade Sie wählen?

Patrick Strasser: Ich habe in den letzten vier Jahren im Erziehungsdepartement ein sehr gutes Team geformt. Wir haben viele Projekte aufgegleist. Ich möchte in den kommenden vier Jahren nun in der Umsetzungsphase daran arbeiten, sei es im Bereich der Lehrerlöhne, des Kindergartens, in der Berufsbildung oder in der Kulturförderung.

Blicken wir auf abgeschlossene Projekte in den vergangenen vier Jahren. Wo sehen Sie Ihre grösste Niederlage?

Strasser: Ich hatte nirgends das Gefühl, eine Niederlage erlitten zu haben. Es sind natürlich nicht alle Vorlagen eins zu eins durchs Parlament, wie sie der Regierungsrat verabschiedet hat. Und sicher ist hier die Ressourcensteuerung der Volksschule zu erwähnen, auf die der Kantonsrat gar nicht erst eingetreten ist. Doch das ist ein politischer Entscheid, den es zu respektieren gilt. Das ist keine Niederlage.

Und was ist Ihr grösster Erfolg der ­vergangenen Amtszeit?

Strasser: Ich möchte keine einzelne Vorlage hervorheben. Als ich im Erziehungsdepartement begonnen habe, sah ich viele Expertinnen und Experten, die auch motiviert waren. Jedoch waren die Mitarbeitenden führungslos. Ich habe ein schlagkräftiges Team geschaffen. Die Verantwortung ist nun auf mehreren Schultern verteilt. Früher traten nur die Departementsvorstehenden in den Medien auf, heute ist das nicht mehr so.

Eigentlich ist Ihre Handschrift, dass man Ihre Handschrift nicht erkennt?

Strasser: Das ist ja positiv, da wir in einem direktdemokratischen System leben. Da geht es nicht um Personen, sondern um die Sache. Das mag für die Medien weniger spannend sein, sie mögen mehr den Typ Emmanuel Macron, ich bin mehr der Typ Angela Merkel.

Sie haben die Ressourcensteuerung ­angesprochen, wo es darum ging, die ­Gemeinden mit einer neuen Finanzierung zu grösseren Schulklassen zu bewegen. Das Problem ist ungelöst. Braucht es hier nicht dringend einen grossen Schritt?

Strasser: Es wird nach den Sommerferien einen grossen Schritt vorwärtsgehen. In einer Vorlage wird es um die Finanzierung der Schulleitungen im Kanton gehen. Der Kanton wird sich massgeblich daran beteiligen, was alle Gemeinden stark entlastet.

Für die integrative Schule hat der Kanton Schaffhausen aktuell ebenfalls keine ­Regeln. Mangelt es dem Erziehungs­direktor an einer Vorstellung, wie die Schule künftig aussehen wird?

Strasser: Im Bereich Integration überhaupt nicht! Das wird die nächste grosse Vorlage nach jener zu den Schulleitungen sein. Aktuell haben wir bei der Integration Wildwuchs im Kanton. Es braucht eine einheitliche Handhabung. Gleichzeitig muss der Kanton die entsprechenden Mittel zur Verfügung stellen. Für mich ist klar: Wo Integration möglich ist, muss sie passieren. Es gibt aber Fälle, in denen eine Integration nicht möglich ist. Deshalb wird es auch künftig beides brauchen.

Für eine integrative Schule braucht es ­Ressourcen. Die Regierung war in den vergangenen vier Jahren nicht dafür bekannt, viel Geld auszugeben, sondern hat es eher beiseitegelegt. Ändert sich das nun?

Strasser: Wir können froh sein, dass wir Geld auf der hohen Kante haben. Denn es kommen Zahlungen in den Nationalen Finanzausgleich auf uns zu. Und zu den Ressourcen für eine integrative Schule: Hier wird oft eine Fehlüberlegung gemacht. Integration braucht Ressourcen, aber Separation braucht sie genau gleich. Das Problem ist viel grundsätzlicher: Es mangelt an Lehrpersonen.

Ihre Partei hat Sie mit Applaus wieder als Kandidat für den Regierungsrat nominiert. Welche drei Eigenschaften machen Sie zu einem waschechten Genossen?

Strasser: Die Bildungspolitik, dass man Kindern und Jugendlichen ungesehen ihrer Hintergründe eine Ausbildung ermöglicht, die ihren Fähigkeiten entspricht. Das ist ein sozialdemokratisches Anliegen. Ein weiterer Punkt ist – dazu wird es ebenfalls eine Vorlage geben – die Stärkung der familien- und schulergänzenden Betreuung. Ein dritter Punkt ist die Berufsbildung, die wir mit verschiedenen Massnahmen stärken möchten.

Das sind Themen, die nicht zuoberst auf der Liste Ihrer Partei stehen. Topthemen sind die Kaufkraft, Gleichberechtigung und soziale Sicherheit. Die Regierung hatte sich gegen die 13. AHV-Rente ausgesprochen. Was sagt das SP-Mitglied Patrick Strasser?

Strasser: Das sage ich jetzt nicht, ich bin Mitglied der Regierung, und wir vertreten eine einheitliche Haltung. Ich versuche stets, das Soziale in die Regierung zu tragen. Die drei grossen demokratischen Parteien sind ausgewogen vertreten. Das sieht man an den Vorlagen, die weder auf die eine noch auf die andere Seite einen radikalen Ansatz haben. Deshalb wäre es wichtig, dass die Kräfteverhältnisse so bleiben.

Sprechen wir über ein innenpolitisches Thema: Die SP kritisiert auf ihrer Webseite eine «konzeptlose Aufblähung des ­Armeebudgets». Braucht es die Armee?

Strasser: Wenn man Mitglied einer Partei ist, übernimmt man nicht blindlings die Haltungen des Parteibüchleins. Ich bin dafür, dass die Schweiz eine vernünftige Armee hat.

«Es wird Zeit, dass steuerkriminelle Familienclans, wie der von Spuhler, nach den Regeln des Gesetzes spielen müssen», sagte Juso-Präsidentin Mirjam Hostettmann im «Blick». Was sagen Sie dazu?

Strasser: Solche Aussagen sind lautes Geklapper, das heute anscheinend zur Politik gehört. Wir in der Exekutive müssen darum besorgt sein, dass wir in Zukunft eine Politik haben, in der eine Auseinandersetzung zwischen unterschiedlichen Lagern in einer fairen Weise möglich ist.

«Wer Strassen sät, wird Verkehr ernten», stimmt diese Aussage mit Blick auf den Fäsenstaubtunnel?

Strasser: Wenn diese Aussage stimmen würde, hätte es auf der alten A4 in Richtung Bargen sehr viel Verkehr. Aber diese riesige Strasse ist leer. Die Raumplanung verursacht den Verkehr. Das Problem beim Fäsenstaub ist aber ein anderes: die Kommunikation. Ich bin mir sicher: Wenn das Bundesamt für Strassen viel früher und anders kommuniziert hätte, wäre vieles klarer. Wichtig ist, dass der Verkehr, wenn möglich, durch den Berg und nicht durch die Stadt fährt.

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