Stadtrat Daniel Preisig: Seine grösste politische Niederlage und was er beim Thema «familienfreundliche Stadt» vorhat
Daniel Preisig will eine weitere Legislatur als Stadtrat wirken. Der SVP-Mann präsentiert sich in der Rolle des Exekutivpolitikers nicht gern mit Parteilogo. Wahlkampftaktik sei dies nicht, er wolle die Stadt einfach vorwärtsbringen, mit «mehrheitsfähigen Lösungen».
Herr Preisig, seit zehn Jahren sind Sie schon im Amt. Wieso soll man Sie erneut wählen?
Daniel Preisig: Es waren sehr anstrengende Jahre, aber ich habe grosse Freude an unserer Teamarbeit. Wir haben es geschafft, die Steuern um acht Prozent zu senken, haben die Verschuldung abgebaut und wir haben vor allem eines gemacht: viele Projekte aufgegleist und umgesetzt. Ich will dabeibleiben und bin motiviert, die vielen angerissenen Projekte fertigzustellen. Das Stadthausgeviert, die Elektrobusse, die Aufwertung des Rheinufers, das Hallenbad – die Liste ist lang und ich bin überzeugt, dass ich mit meiner Erfahrung als Projektleiter in der Privatwirtschaft da einen guten Beitrag leisten kann.
Wenn Sie zurückschauen auf ihre bisherige Amtszeit. Was zählen Sie zu Ihren grössten Erfolgen?
Es sind sehr viele Sachen gelungen. Wir haben die Finanzen fest im Griff, das ist den Unternehmenssteuern geschuldet. Wir schaffen es, viel zu investieren, wir künden nicht nur an, sondern setzen um. Das sieht man am Stadthausgeviert, das jetzt dann bald fertig ist. Es gibt Bücher mit dem Titel «Schaffhausen, wie es nie gebaut wurde». Da waren Generationen von Politikern vor uns, die sich die Zähne am Stadthausgeviert ausgebissen haben, und wir hatten 2016 den Mut und die richtige Strategie, das Projekt aufzugleisen. Es ist schön, zu sehen, wie das Formen annimmt.
Es gibt immer auch Niederlagen. Was würden Sie sagen, war Ihre grösste?
Da steht klar das vom Volk abgelehnte Restaurant am Rhein im Vordergrund. Es war ein sehr unglücklicher Zeitpunkt für eine Abstimmung, mitten im Corona-Lockdown. Aber das gilt es zu akzeptieren. Ich höre immer wieder, wir missachten hier den Volkswillen mit unserer neuen Vorlage zur Aufwertung des Rheinufers. Ich glaube, das stimmt nicht. Damals gab es verschiedene Gründe, die zu einem Nein geführt haben, aber man darf dieses Nein nicht als Votum für einen Stillstand am Rheinufer interpretieren.
Aber das Volk sagte Nein zum Restaurant. Und plötzlich kommt ein Gastroangebot am Salzstadel wieder in die Vorlage. Ist das nicht ein Durchwürgen von etwas, das man gerne hätte?
Die Gegner forderten damals, dass man die Entwicklung des Gebiets ganzheitlich betrachtet bis zum Gaswerkareal, dass es einen Wettbewerb gibt und einen Mitwirkungsprozess. Wir haben genau das gemacht und jetzt liegt die Vorlage auf dem Tisch, es gibt einen politischen Prozess und eine Volksabstimmung. Manchmal muss man einen Schritt zurückgehen, um fünf Schritte vorwärts zu machen, und diese fünf Schritte gehen wir jetzt. Das ist eine einmalige Chance für diese Stadt.
Ihre Partei hat Sie an der Versammlung einstimmig wieder nominiert. Was macht Sie zu einem waschechten SVPler?
Ich habe einen klar bürgerlich-liberalen Kompass und den vertrete ich auch jeden Dienstagmorgen im Stadtrat. Aber es ist nicht die primäre Aufgabe eines Stadtrats, nach aussen eine Parteiideologie zu vertreten. Mein Anspruch ist es, die besten Lösungen für Schaffhausen zu finden und Projekte vorwärtszutreiben, die mehrheitsfähig sind. Und damit sie mehrheitsfähig sein können, braucht es eine Zusammenarbeit über die Parteigrenzen hinweg. Auf meinem Plakat hat es auch kein Parteilogo, das wird immer wieder kritisiert, aber ich glaube, es ist richtig. Die Aufgabe eines Stadtrats ist es, für alle da zu sein.
Aber ist Ihre Parteizugehörigkeit in dieser eher linken Stadt nicht auch ein Manko?
Es ist sicher nicht einfach, in einer links-grünen Stadt als bürgerlicher Politiker wiedergewählt zu werden. Es gibt viele Beispiele aus anderen Städten, in denen SVP-Vertreter abgewählt wurden. Aber ich mache nicht Politik, um den Leuten zu gefallen, sondern weil ich etwas verändern möchte. Mein oberstes Ziel ist es, Schaffhausen vorwärtszubringen, und das schafft man nur gemeinsam. Deshalb ist mein Plakat so gestaltet, wie es meinem Verständnis als Stadtrat entspricht.
Also ist es keine reine Wahlkampftaktik.
Ich glaube, das spürt man auch.
Sie können über das Dauerbrenner-Thema «Familienfreundliche Stadt» ganz allein entscheiden. Wie gehen Sie das an?
Zu einer familienfreundlichen Stadt gehören gute Schulen und gute Kindergärten, das glaube ich, haben wir. Es braucht mehr Spielplätze, das ist immer wieder Thema. Und für die Jugendlichen ist es wichtig, dass etwas läuft in dieser Stadt. Dass es Angebote für Jugendliche gibt, ein Nachtleben, einen schönen Bereich am Rheinufer, wo man sich aufhalten kann.
Es gibt die Szene am Bahnhof, die bei einigen Unbehagen auslöst. Dort dabei sind viele Jugendliche. Diesbezüglich gibt es den Vorwurf, dass sie sich dort aufhalten, weil sie nirgends sonst hinkönnen. Was muss man da ändern?
Der Stadtrat hat gerade die Vorlage für das Jugendzentrum durch das Parlament gebracht, darüber wird nächstes Jahr abgestimmt. Bei der Sicherheit am Bahnhof sind wir gemeinsam mit dem Kanton gefordert. Vielleicht ist die Umgestaltung der Bahnhofstrasse auch eine Chance, die Sicherheit zu verbessern. Sodass sich die Leute am Abend wohler fühlen und die Verkehrssicherheit erhöht wird. Ich höre zum Beispiel von Chauffeuren, dass es gefährliche Situationen gibt, weil die Leute am Bahnhof überall über die Strasse gehen.
Und da ist die Hoffnung, dass das mit der Umgestaltung erledigt ist?
Nein, das allein nicht, aber es wird sich vieles verändern, wenn wir schon bauen und damit ändern sich vielleicht auch Gewohnheiten.
Nehmen wir an, alle Bisherigen werden wiedergewählt, aber die FDP verliert ihren Sitz. Sie wären der letzte bürgerliche Stadtrat. Haben Sie deswegen Albträume?
Nein. Es ist klar, dass ich mir eine angemessene politische Vertretung wünsche. Entsprechend dem Parteienspektrum braucht es zwei Bürgerliche in dieser Regierung und ich glaube, es wäre ausgewogener, wenn es so rauskommen würde. Aber am Ende entscheiden die Wählerinnen und Wähler. Und ich habe mit allen Kandidaten, die antreten, ein gutes Verhältnis und der Stadtrat funktioniert schon heute als Team sehr gut trotz unterschiedlicher Meinungen. Ich bin überzeugt, dass das auch in den nächsten vier Jahren der Fall sein wird.