Corona: Monatliche Ertragsausfälle von 11 Millionen Franken für Spitäler
Die Spitäler Schaffhausen informierten an einer Pressekonferenz am Freitagnachmittag über die aktuelle Lage am Kantonsspital Schaffhausen.
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Dr. Schneemann zeigt sich enttäuscht darüber, dass an der Medienkonferenz keine Frage zur Privatklinik Belair gestellt worden sei. In anderen Kantonen seien Spitäler des Swiss Medical Network beschlagnahmt worden. Damit ist die Medienkonferenz geschlossen.
Noch eine Frage zu Patientenverfügungen:
Sollen gerade ältere Menschen eine solche ausfüllen, damit klar ist, ob sie eine Intensivbehandlung wirklich wünschen?
Adrienne Imhof: «Schon seit einigen Jahren ist es unsere Pflicht, Patienten zu fragen, ob sie eine Verfügung haben. Was darin steht, ist bindend.» Gerade wenn jemand aus einem Pflege- oder Altersheim komme, komme die Verfügung mit. Zudem werde nachgefragt, ob das immer noch der aktuelle Stand sei.
Markus Eberhard: «Wir sind froh um alle Verfügungen.»
Adrienne Imhof: «Fast wichtiger ist eine mündliche Willensäusserung.»
Nun spricht wieder Markus Schneemann: Alle müssen mithelfen, die Krise zu bewältigen. In sechs Monaten werden wir uns alle fragen müssen, ob wir genug geleistet haben. Und Regierungsrat Walter Vogelsanger ergänzt: Die Gemeinden sind über die kantonalen Organisationen einbezogen. Rein organisatorisch sind sie sehr wohl informiert. Sie kennen die Zahl ihrer Fälle, aber nicht die Identität der Erkrankten.
Adrienne Imhof ergänzt: «Wenn die Welle über uns weggerollt ist, werden wir Epidemiedaten auswerten können. Im aktuellen Stand ist es nicht sehr informativ und statistisch nicht auswertbar.»
In einer Woche werde es laut Markus Schneemann keine Rolle mehr spielen, wo die Fälle sind. «Das Virus hält sich an keine Grenzen», so der Chefarzt der Klinik für Innere Medizin.
Markus Eberhard ergänzt: «Es ist keine wertvolle Information, ob es einen Fall in einer Gemeinde gibt.»
Nun spricht auch Markus Eberhard zu dieser Frage: Es gebe eine gewisse Unsicherheit bei der Datenlage, unter anderem wegen den Meldewegen. Das sei nicht weiter schlimm. Wenn andere Kantone andere Zahlen veröffentlichten, sei das nicht besser oder biete für die Bevölkerung keinen Mehrwert. Wichtig sei die Gesamtsituation. «Mir reicht die Datenlage», so Eberhard
Walter Vogelsanger: Auch Gemeinden wollen wissen, wie viele Fälle es gibt. Aber das könne man aus Datenschutzgründen nicht bekanntgeben. Es sei eine Vorgabe des Bundes, dass man nur positive Fälle und Verstorbene zähle. Es gebe keinen Mehrwert für die Bevölkerung.
Jetzt beginnt die Fragerunde der Journalistinnen und Journalisten: Wieso gibt es keine genaueren Informationen zu den Fällen? Zum Beispiel zum Alter und Geschlecht?
Die Verantwortlichen sagen, dass es für alle hospitalisierten Patienten einen ausführlichen Fragebogen gebe. Aber nur für die Hospitalisierten. Diese Daten könnten möglicherweise zur Verfügung gestellt werden.
Vogelsanger spricht der Bevölkerung Mut zu: «Gemeinsam werden wir die Krise überstehen.»
Vogelsanger lobt die Disziplin der Bevölkerung bei der Einhaltung der Richtlinien. Aber er ergänzt auch: «Wir müssen nach wie vor darauf vorbereitet sein, dass die Fallzahlen auch bei uns exponentiell ansteigen.»
Vogelsanger erwähnt auch die Heime und die Spitex. Mit den Heimen werde eine Notfallplanung erarbeitet. Zum Beispiel, ob positiv Getestete in einem einzigen Heim konzentriert werden sollen.
Dann erwähnt er das Rote Kreuz. «Sie organisieren Hilfe im Quartier für Leute in Quarantäne.»
Er bedankt sich auch bei den vielen Freiwilligen, so in der Nachbarschaftshilfe.
Nun spricht Regierungsrat Walter Vogelsanger: «Die Spitäler im Kanton Schaffhausen zählen 1500 Mitarbeitende. Sie sind jene Organisation mit den kritischen Fällen.» Es gebe aber auch Schnittstellen zu anderen Leistungserbringern, etwa die Hausärzte. Er erwähnt das Abklärungszentrum im Geissberg. Wer sich beim Hausarzt melde und der Verdacht auf Covid-19 bestehe, komme ins Abklärungszentrum.
«Das entlastet die Spitäler», sagt Vogelsanger.
Imhof ergänzt: Weil Patienten und Personalströme getrennt würden, könne man unbesorgt den Notfall aufsuchen. «Lieber zwei Mal zu viel als ein halbes Mal zu wenig.»
Es habe Patienten gegeben mit Herzinfarkten, die keinen Rat gesucht hätten, und Leute mit geplatzten Blinddärmen. «Die Notfallkapazität ist nach wie vor da, sogar stärker als sonst.»
Wer Beschwerden habe, gesundheitliche Probleme, solle ungeniert und gleich früh wie auch sonst zum Arzt oder in den Notfall kommen. Die Kapazitäten seien sogar verstärkt worden. Das Credo laute: Wer sich sorge, dass er eine Blinddarmentzündung habe, oder Durchblutungsstörungen habe, solle den Rat im Notfall suchen.
Dr. Adrienne Imhof nimmt Stellung zur Frage, was mit Patienten ist, die krank sind, aber nicht wegen Corona. In den letzten zehn Tagen hätten sie gemerkt, dass Patienten den Eindruck erhalten hätten, dass sie nicht ins Spital kommen könnten, auch aus Angst, das Spital zu stark zu belasten - oder gar selbst krank zu werden. Doch seit fünf Wochen seien die Notfallspuren getrennt.
Markus Schneemann betont, dass es nach wie vor die wichtigste Massnahme sei, Abstand zu halten. Die zweite wichtige Regel: Hände desinfizieren. Auch zu Hause sei das wichtig. Seife sei sogar besser geeignet, um Viren abzutöten als Alkohol.
Das Spital Schaffhausen sei gut ausgerüstet mit Masken, Schutzbrillen und Händealkohol. Es gebe tägliche Krisenstabsitzungen, dabei gehe es immer auch um das Material. Die Sicherheit für die Mitarbeitenden sei das oberste Gebot.
Es gebe auch schwere Verläufe mit schwerem Lungenversagen. «Das sind jene, welche die Beatmungsplätze benötigen und längere Zeit beatmet und sehr intensiv betreut werden müssen.» Dafür braucht es nicht nur Maschinen, sondern auch Mitarbeiter und Verbrauchsmaterial. Die Mitarbeiter müssen auch adäquat geschützt werden.
Es gibt bis jetzt keine gute Behandlung ausser der intensivmedizinischen Behandlung. Gegen das Virus selbst gibt es einzelne Medikamente, der Bund übernimmt die Verteilung dieser Medikamente.
Die Infektionen bei den Mitarbeitern verliefen mild. Schon bereits gesundete Fälle. «Die Leute arbeiten wieder.»
Noch unklar ist es ob man wirklich geschützt ist, wenn man Corona hatte? «Wir warten auf Antikörpertests, die jetzt anlaufen.»
Zudem gebe es im Tessin viel mehr Grenzgänger.Das Tessin habe keine Zeit gehabt, sich vorzubereiten, genau so wenig wie Italien.«Das ist die traurige Situation.» In der Westschweiz gebe es im Waadtland und in Genf die meisten Fälle, wegen Frankreich und den Grenzgängern von dort. Alleine 30'000 Grenzgänger im Gesundheitswesen. In Schaffhausen gebe es 260 Mitarbeiter aus Deutschland im Gesundheitswesen.
Jetzt spricht Dr. Schneemann: Er empfiehlt die Website corona-data.ch für die aktuellsten Zahlen. Deutschland habe weniger Fälle pro 100 000 Einwohner als wir. «Das ist ein grosses Glück». Im Tessin sei die Lage deswegen so kritisch, weil Italien stark betroffen sei.
Heute seien 12720 Fälle schweizweit positiv getestet. Wichtiger als genaue Fallzahlen in Schaffhausen sei es, dass die Massnahmen eingehalten würden. «Einzelne Fallzahlen zu einzelnen Bereichen helfen nicht, die Situation zu bewältigen.»
Dr. Eberhard äussert sich jetzt zum medizinischen Betrieb:
Es ist eine riesige Anstrengung. Leute mussten umgeschult und neu geschult werden. Ärzte mussten umgeteilt werden. Das Personal habe sich schnell auf die neue Situation eingestellt. Man spüre eine grosse Solidarität. Es werde übergreifend und interdisziplinär zusammengearbeitet wie noch nie.
Wegen Coronaberichten haben die Leute Angst, ins Spital zu kommen, auch in Notfällen. Das sei gefährlich.Wenn man hingegen berichte, dass es gar nicht so schlimm sei, riskiere man Todesfälle.
Dr. Markus Eberhard nimmt die Medien in die Verantwortung: Sie sollen faktenbasiert berichten. Wichtig sei die Prophylaxe, Distanz und Desinfektion der Hände. Komplexe Sachverhalte könne man nicht in ein paar wenigen Sätzen berichten. Wer nicht gut berichte, gehe Risiken ein.
Diese Zahlen stehen aber nicht im Mittelpunkt, sagt Wilpshaar. Es geht um die Versorgung. Die Mitarbeitenden seien sehr engagiert und flexibel, aber man spüre auch den Respekt vor der anstehenden Herausforderung. «Die Situation ist nicht einfach.»
Arend Wilspaar sagt, dass die Spitäler am 18. März auf pandemische Versorgung umgestellt hätten. Die 11 Millionen Franken Einbussen pro Monat seien ein Minimum.
Aber: Es gebe verschiedene Szenarien, die 11 Millionen Franken seien eine Orientierungszahl.
Spitäler Schaffhausen rechnen mit Ausfällen von 11 Millionen Franken pro Monat wegen Corona.
Wer das übernehmen soll, ist nicht bestimmt.
Lage im Spital bei den Mitarbeitenden:
200 Kontaktaufnahmen mit Personalarzt
93 krankgeschrieben oder in Isolation
64 auf Corona getestet
4 positiv
Arend Wilpshaar: Wir haben Beatmungsplätze mehr als verdoppelt, von 5 auf 12.
Total gibt es im Kantonsspital 235 Betten.
Es gab bis jetzt:
476 Abklärungsfälle in der Vortriage des Notfallzentrums.
296 Tests in der Vortriage.
19 positive Fälle in der Vortriage.
15 Fälle hospitalisiert, davon 2 in der Intensivstation.
Walter Vogelsanger:
Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass es auch bei uns zu Engpässen kommt und dass Personen sterben werden. Wir machen alles, damit die Bevölkerung geschützt wird. Wir kämpfen um jedes Leben.
Walter Vogelsanger: Wir sind kein Hotspot wie Tessin oder Genf. Situation kann sich aber ändern. In Baden-Württemberg steigen die Fallzahlen steil an. Grenzschliessungen helfen uns.
Staatliche Strukturen helfen uns, um uns auf die Welle vorzubereiten.
In den letzten Tagen kamen nur wenige Fälle hinzu, es herrscht eine gespannte Ruhe vor dem Sturm.
Arend Wilpshaar informiert über einen Ausbau:
Es gibt jetzt 12 Intensivplätze mit Beatmungsmöglichkeit
10 Betten Überwachungseinheit/Aufwachraum
25 Betten in Isolationsstationen
Ab 16.00 Uhr wollen die Spitäler Schaffhausen an einer Medienkonferenz im BBZ-Schulhaus in Schaffhausen über die aktuelle Situation am Kantonsspital Schaffhausen und die Entwicklungen rund um das Coronavirus informieren.
Vor Ort Auskunft geben werden:
- Arend Wilpshaar, Vorsitzender Spitalleitung
- Markus Eberhard, Medizinischer Direktor Kantonsspital
- Markus Schneemann, Chefarzt Klinik für Innere Medizin
- Adrienne Imhof, Chefärztin Klinik für Chirurgie und Orthopädie
Auch Regierungsrat Walter Vogelsanger ist vor Ort.