Starke Emotionen und grosser Genuss: Wie der grosse Ärger auf den Stadtrat mit der richtigen Nervennahrung von Pro City-Neumitglied Läderach langsam verraucht

Iris Fontana | 
Noch keine Kommentare
Präsident Ernst Gründler ist am Pro City-Apéro in seinem Element. Bild: Iris Fontana

Der Pro City-Apéro am vergangenen Mittwochabend bei Neumitglied Läderach war eine wahre Berg- und Talfahrt. Ärger über die Stadtpolitik erhitzte die Gemüter, bevor dann die Verkostung der edlen Köstlichkeiten in der neuen «Chocolaterie» die Nerven je länger je mehr wieder beruhigte. Die Kombination aus hitzigen Diskussionen und süssem Genuss machte den Abend zu einem emotionalen, aber genussvollen Erlebnis.

Schon beim Austausch während des Apéros gingen am Mittwochabend die Emotionen einzelner Pro City Mitglieder hoch. Die Gemüter erhitzten dabei vor allem zwei Themen. Mit Abstand dominierte –wie könnte es anders sein – die Parkbänkli-Aktion. Ein Treuhänder sprach die markigen Worte: «Der Stadtrat gehört bevormundet», ein anderer meinte, dass es schon eine grosse Zumutung des Stadtrates gewesen sei, eine solche Aktivität ohne jegliche Ankündigung durchzuführen. Ein dritter wiederum wünscht sich die Ansiedlung weiterer Tourismus-Leuchttürme wie Läderach, um Feriengäste und Personen aus dem grenznahen Ausland wieder vermehrt in die Stadt zu bringen und damit auch dem Lädelisterben Einhalt zu gebieten.

General Manager Schweiz, David Läderach, im Gespräch mit seinen neuen «Nachbarn». Bild: Iris Fontana

Nach dem ersten Austausch verschoben sich die Gäste in die «Chocolaterie», wie sich die Filialen bei Läderach nennen, wo sie vom Schweizer General Manager, David Läderach, noch offiziell willkommen geheissen wurden. Dieser erklärte, dass er sich besonders freue, an diesem Tag in Schaffhausen sein zu dürfen. Dies, da die Eröffnung des Schaffhauser Geschäfts, die 50. Läderach-Chocolaterie in der Schweiz sei und dazu noch die Schönste von allen. Er sage das nicht, um den Gästen Honig um den Bart zu schmieren, sondern, weil das altehrwürdige Gebäude mit den grossen Bogenfenstern und den hohen Räumen schlicht fantastisch sei. So habe auch das eigene Marketing, das ansonsten alles strikt «on brand» verlange, keine Einwände erhoben zur etwas anderen Filialgestaltung.

Die Schaffhauser «Chocolaterie» ist die 50. Filiale des Glarner Edelschoggi-Herstellers in der Schweiz. Bild: Iris Fontana

Stark vertreten unter den Pro City-Mitgliedern waren Exponenten aus dem Schaffhauser Bankensektor, die je nach Position entweder die aktuell volatile Zinsentwicklung oder die Förderung von Start-Ups beschäftigt. In den Ausführungen des Läderach-Spross zur Geschichte, kamen die Banken allerdings nicht sehr gut weg – zumindest nicht zu Beginn. So hätten sie seinem Grossvater, der sich vom Bäckereiberuf Richtung eigenes Schokoladengeschäft hätte weiterentwickeln wollte, aufgrund mangelnder Sicherheiten keinen Kredit gegeben. Sie schafften es trotzdem und zwar mit der Erfindung von Grossmutter Maria, die mit ganz viel Tüfteln die «Hohlkugel» entwickelte, die Grundlage jedes heutigen Truffes.
Läderachs liessen die Erfindung patentieren, was dann den Durchbruch und die benötigten Gelder für den Unternehmensaufbau brachte.

Vom Einmannbetrieb zum global tätigen Unternehmen

Als grösste Wachstumsfaktoren der vergangenen 60 Jahre nannte Läderach die Übernahme aller 30 Schweizer Merkur-Filialen im Jahr 2004 und international 2021 der Kauf von 34 Standorten des belgischen Konkurrenten Godiva Chocolatier in den USA. Neben dem Wachstum war auch die vollständige Kontrolle der Wertschöpfungskette ein Meilenstein in der Unternehmensentwicklung. So hat Läderach heute vom Einkauf des Kakaos direkt bei den Kakaobauern bis hin zum Vertrieb der eigenen Produkte in den eigenen Filialen den gesamten Wertschöpfungsprozess in der eigenen Hand – ein wichtiger Faktor zur Sicherung der vom Unternehmen angestrebten hohen Produktqualität.

Von hell bis ganz dunkel ein Genuss: Auswahl an Grundschokolade von Läderach. Bild: Iris Fontana

Dann ist er endlich da, der grosse Moment, auf den alle sehnsüchtig gewartet haben: Das Schoggi-Tasting beginnt. Doch dieses beinhaltet viel mehr als blosses «Schoggiessen». Zuerst ist Geduld gefragt, wobei allerdings die ersten «Versuercherli» helfen, die herumgereicht werden. Schritt für Schritt werden die Gäste in den Prozess der Schokoladenproduktion eingeführt, angefangen bei der Kakaofrucht, über die Inhaltsstoffe der verschiedenen Schokoladearten bis hin zum Conchieren. Geschafft, jetzt geht’s zur Sache denkt man – aber nein, bei der Läderach Schokolade handelt es sich um ein High-End Produkt. Da ist richtiges degustieren Programm. Also: Zuerst mit dem Auge die Farbe der Schoggi prüfen, mit dem Finger die Konsistenz erfühlen, mit dem Ohr das Bruchgeräusch testen, mit der Nase den Duft riechen, bevor die Schokolade dann endlich in den Mund gesteckt werden darf. Aber zubeissen, nein, das gehört sich nicht. Vielmehr soll der Verkoster das edle Produkt, wie es so schön heisst, auf der Zunge zergehen lassen. Denn nur so liessen sich möglichst viele der sage und schreibe 600 möglichen Aromen herausspüren, erklärt unsere Taste Advisorin.

Je nach persönlicher Vorliebe dürfen nun verschiedene Stücke der Grundschokoladen, von weiss bis hin zur 80 Prozent-kakaohaltigen schwarzen Schokolade auf diese Art degustiert werden. Das Erlebnis ist wahrlich eindrücklich. «Verblüffend, die weisse Schoggi mit Caramel schmeckt absolut nach Nidelzältli», kommentiert meine Nachbarin.

Die Qual der Wahl hat der Gast auch bei der Bruchschoggi. Bild: Iris Fontana

Nachdem sich das erste Völlegefühl eingestellt hat, geht es weiter mit der Wissensvermittlung. Bei der beliebten «FrischSchoggi» lautet die Devise des Hauses, dass nicht mehr als sechs bis acht Wochen zwischen der Produktion und dem Verkauf vergehen sollten. An zwei Degustationstischen wird ein Teilsortiment der Produkte genauer vorgestellt. Die Vielfalt der sogenannten «Bruchschoggi» macht die Wahl schwer. Hauptseller seien die Varianten Haselnuss Milch, Mandel dunkel und Himbeere-Brombeere. Dass die grosse Auswahl Gründe hat, machen die unterschiedlichen Ansichten in unserer Gruppe deutlich. Während die einen begeistert von den karamellisierten Nüssen schwärmen, findet eine andere Dame, dass durch die zugefügten Extras der wunderbar reine Schokoladengeschmack in den Hintergrund trete und sie daher die Grundschokolade vorziehe.

Läderach (Schweiz) AG

Die heutige Läderach (Schweiz) AG wurde 1962 von Rudolf Läderach gegründet und hat seinen Sitz in Ennenda im Kanton Glarus. Das Unternehmen, in dritter Generation geführt, ist auf Premium-Schokolade und Confiserieprodukte spezialisiert. Läderach beschäftigt weltweit rund 2000 Mitarbeitende und betreibt 180 «Chocolaterien» in Europa, den USA, Asien und dem Nahen Osten. Das Sortiment umfasst Schokoladentafeln, Pralinen, Truffes und die beliebte FrischSchoggi. Die Schokolade wird vollständig in der Schweiz produziert, wobei die gesamte Produktionskette – vom Kakaobohnenbezug bis zur fertigen Schokolade – streng kontrolliert wird.
Im März dieses Jahres eröffnete der Edel-Schoggi-Hersteller seine 50. Schweizer Filiale in Schaffhausen, in den Räumlichkeiten des ehemaligen Reisebüros Kuoni an der Vordergasse 18.

Auf die Frage, wie sich die Kundschaft in Schaffhausen zusammensetze, erklärt ein Mitarbeiter, dass natürlich viele Touristen ihr Geschäft aufsuchten. Aber auch Einheimische seien von Beginn weg gekommen und zwar buntgemischt: Mütter mit Kinderwagen, ältere Ehepaare, Personen auf der Suche nach einem Geschenk ebenso wie Geschäftsleute, die sich selber zwischen Meetings oder vor längeren Reisen etwas Gutes tun wollten.
Mit dem Umsatz der ersten Monate ist die Geschäftsleitung denn auch sehr zufrieden.

Touristen sind ein wichtiger Kundensektor von Läderach-Filialen in der Schweiz. Bild: Iris Fontana

Doch vom lukullischen Genuss wieder zurück zu den Gästen und deren Geschäftssituation. Eine Dame aus dem medizinischen Kosmetikbereich bringt die Sache auf den Punkt: Ihre Praxis befinde sich ausserhalb der Stadt. Nun sei sie hin und hergerissen. Eigentlich würde sie geschäftlich sehr gerne in die Innenstadt ziehen, da sie dann sicher sehr viel mehr Laufkundschaft hätte. Einerseits durch Leute, die einfach beim «Lädele» auf ihre Praxis stiessen, aber auch von ihrer Stammkundschaft. Denn die Leute seien heute einfach faul und würden nicht nur, um eine Crème zu kaufen, zu ihr hinausfahren. Andererseits sei diese Faulheit aber auch ein Hindernis: Momentan habe sie bei ihrer Praxis zwei bis drei Parkplätze, was ihre Kunden sehr schätzten. Ein Faktor, der in der Stadt wegfallen würde. Ausserdem seien die Ladenmieten in der Innenstadt einfach viel zu hoch, was das Geschäften für das Kleingewerbe generell schwierig mache.
Dabei lobt sie allerdings ausdrücklich die Anstrengungen von Pro City und der Stadt. Es werde viel gemacht fürs Gewerbe und es herrsche ein grosser Zusammenhalt. Ein gutes Beispiel dafür sei beispielsweise die Einführung der digitalen Pro City Geschenkkarte.

Smartphone_Zahltag
 
Alle Inhalte aus dem Zahltag-Newsletter finden Sie hier.

Befragt nach den Aktivitäten seines Vereins und dem Befinden seiner Mitglieder meint Pro City-Präsident Ernst Gründler, es falle ihm auf, dass es grundsätzlich weniger Leute in der Stadt habe. Im Gegensatz dazu hätten jedoch viele grosse Touristengruppen, insbesondere jeweils am Samstag, eine Führung von Schaffhausen Tourismus gebucht. Die First Fridays stuft er als Paradebeispiel eines gelungenen Entwicklungsprojekts ein. Es engagierten sich dabei jeweils über 80 Mitglieder, selbst die Kirche mache mit. «Es ist jedes Mal ein eigentliches kleines Stadtfest.» Seine Hoffnung ist, dass das Projekt weitergeführt wird. Ausserdem beschäftige den Verein momentan vor allem die vor zwei Wochen erfolgte Einführung der erwähnten, wiederaufladbaren digitalen Pro City Geschenkkarte. «Diese ersetzt die bisherigen Papiergutscheine und kann in über 120 Geschäften und Gastronomiebetrieben der Schaffhauser Altstadt verwendet werden.» Als Wunsch formuliert er, dass die jetzige gute Entwicklung, die mit vielen guten Projekten aufgegleist worden sei, gehalten werden könne. «Und dass diese nicht politisch sabotiert wird, indem die Zugänglichkeit zur Altstadt noch weiter eingeschränkt wird.»

Verein Pro City Schaffhausen

Pro City vereinigt über 220 Detaillisten, Dienstleistungsfirmen und Gastronomiebetriebe in der Schaffhauser Altstadt, der Stahlgiesserei und der näheren Umgebung. Ihr Ziel ist es, das Einkaufserlebnis durch verschiedene Massnahmen attraktiver zu gestalten und eine lebendige Altstadt zu fördern. Dazu gehört die Organisation von Veranstaltungen wie First Friday, Stars in Town, Lindlifäscht, Weihnachtsmarkt, dem grossen Stadt-Flohmarkt, dem Night-Shopping mit Kinderweihnachten und der Bockalp. Ausserdem zeichnet der Verein für die Weihnachtsbeleuchtung und die Durchführung der verkaufsoffenen Sonntage im Dezember verantwortlich. Ein weiterer Schwerpunkt ihrer Tätigkeit liegt auf der Zusammenarbeit mit Behörden und Politik, um eine leistungsfähige Infrastruktur zu gewährleisten. Pro City unterstützt zudem Initiativen zur Stärkung des lokalen Handels und ist Ansprechpartner für Unternehmen, die sich in der Altstadt ansiedeln möchten.

Der Abend neigt sich dem Ende zu, die Bäuche sind gefüllt. Dass der Läderach-Anlass gelungen und die Gäste zufrieden sind, lässt am Schluss folgende geraunte Bemerkung eines Geschäftsinhabers an seine Begleitung erkennen: «Du, haben wir eigentlich unser Weihnachtsgeschenk an die Mitarbeitenden schon besorgt?»
 

Der Schaffhauser Wirtschafts-Newsletter

Erhalten Sie jeden Freitag unseren kostenlosen Newsletter «Zahltag».

Mit der Anmeldung akzeptieren Sie unsere AGB und Datenschutzerklärung.

Kommentare (0)

Neuen Kommentar schreiben

Diese Funktion steht nur Abonnenten und registrierten Benutzern zur Verfügung.

Registrieren