In der Schaffhauser Altstadt verschwinden aktuell Parkplätze – so ist die Situation und wie die Stadt reagiert

Robin Blanck | 
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Kammgarn-Areal: seit wenigen Tagen ganz für die Öffentlichkeit gesperrt. Bild: Robin Blanck

Dass ein Teil der Stadtregierung dem Automobil wenig zugetan ist, darf als offenes Geheimnis gelten. Doch in diesen heissen Tagen zeigt man den Autofahrenden in der Stadt die besonders kalte links-grüne Schulter. Eine Begehung des Schadensplatzes.

Das Musik-Festival «Stars in Town» zieht jeweils Gäste auch aus der weiteren Umgebung an, reisen diese mit dem Auto an, kommen sie aber an einem abgesperrten leeren Parkplatz vorbei und müssen einen anderen Ort für ihr Fahrzeug suchen: Der Kammgarnhof in unmittelbarer Nähe zum Herrenacker ist seit Kurzem abgesperrt, die 56 öffentlichen Parkfelder sind verschwunden – also eigentlich nicht, aber sie werden durch Gitterabsperrungen dem Zugriff entzogen. Ein paar wenige Fahrzeuge – mutmasslich Parkplatzmieter – sind noch auf dem Hof zu sehen, doch auch sie werden sich bald nach Ersatz umschauen müssen, wenn es mit den Bauarbeiten für die Umgestaltung des Platzes losgeht: Ab Herbst 2026 sollte die Tiefgarage mit 90 Plätzen zur Verfügung stehen.

Aufgefallen ist die Sperrung auch Robin Dossenbach, Präsident der ACS-Sektion Schaffhausen, der beim Thema gleich erhöhten Puls bekommt: «Wir bringen es fertig, einen grossen Parkplatz just dann zu sperren, wenn viele Leute die Stadt wegen des Festivals besuchen – ich muss sagen, so etwas passiert wirklich nur in Schaffhausen», ärgert sich Dossenbach, dem zudem sauer aufstösst, dass das Areal in diesen Tagen nicht einmal anderweitig genutzt werde, «solche Dinge nerven mich», echauffiert er sich.

Der ACS sei schon länger daran, gegen den Parkplatzabbau in der Stadt anzugehen. Besonders stossend findet Dossenbach, dass Flächen gesperrt und danach nicht richtig genutzt würden – und der Kammgarn-Hof sei leider kein Einzelfall: «Man kann auch den Walther-Bringolf-Platz oder den Herrenacker nehmen, überall werden Flächen gesperrt, die man danach kaum sinnvoll beleben kann, die für unsere lokale Wirtschaft aber von Bedeutung sind.» Es werde gesperrt, «weil man das Auto einfach nicht mehr in der Stadt will», sagt Dossenbach unverblümt. Das sei weder für den Handel noch die lokale Wirtschaft hilfreich. «Wenn Parkfelder in der Nähe von Ladenlokalen aufgehoben werden, zahlt auch keiner mehr hohe Mieten für diese Räumlichkeiten», sagt er. Ältere Menschen, die kaum längere Distanzen zu Fuss bewältigen können, würden auf die Supermärkte ausserhalb der Stadt oder ennet des Rheins ausweichen, statt in der Altstadt ihre Besorgungen zu erledigen. «Wir verlieren diese Wertschöpfung, das ist doch nicht im Sinne der Stadt», sagt Dossenbach.

Fragt man beim Baureferat nach, wird beim Kammgarnhof darauf verwiesen, dass dort «aktuell Installations- und Vorbereitungsarbeiten» im Gang seien, eine Verschiebung geprüft, aber aufgrund des komplexen Terminplans und zahlreichen Abhängigkeiten nicht möglich gewesen sei, wie der Bereichsleiter Hochbau erklärt.

Parkplätze kommen am Schluss

Oberirdische Parkfelder in der Altstadt sind schon seit Jahren ein heisses politisches Eisen, die Bürgerlichen wehren sich gegen den Abbau, Links-grün will die Autos möglichst verbannen und die Parkfelder aufheben. Wie ein kleiner Rundgang durch die Stadt zeigt, haben es Autofahrende in diesen Tagen besonders schwer in der Stadt, weil Parkplätze reihenweise «umgenutzt» werden – gern als Baulager.

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Walther-Bringolf-Platz

Walther-Bringolf-Platz: zentral gelegenes Materiallager mit grosszügigen Reservekapazitäten. Bild Robin Blanck

Schon seit vielen Monaten wurden auf dem Platz alle Parkfelder gestrichen, die Bauarbeiten zur Sanierung und Erneuerung des Stadthausgevierts haben ganz offensichtlich Vorrang; das gilt auch für das Baumaterial und die Arbeiter, die das abgezäunte Areal gern einmal als praktischen Parkplatz für Lieferwagen und Privatautos nutzen – was ihnen bei den tropischen Temperaturen gegönnt sei.

Krummgasse

Krummgasse: Parkplatzfrei für die Mulden – und natürlich die Auslauf-Haltung von Absperrgittern. Bild Robin Blanck

In der nur über den Bringolf-Platz erreichbaren Krummgasse wurden ebenfalls alle Parkfelder wegen der Stadthausgeviert-Bauarbeiten aufgehoben und das schon seit über einem Jahr. Dass die umliegenden Geschäfte arg unter diesem Vorgehen leiden oder bereits die Segel gestrichen haben, ist hinreichend bekannt.

Kirchhofplatz

Maschinenpark statt Parkplatz: Auf dem Kirchhofplatz findet auch der Muldenkipper ein Schattenplätzchen. Bild Robin Blanck

Sonst bietet der Kirchhofplatz, von dem aus sich viele Altstadtgeschäfte schnell erreichen lassen, 71 weisse Parkfelder. Nur: Jetzt sind keine normalen Zeiten, denn schon seit vielen Monaten herrscht dort ein anderes Regime. Rund ein Drittel der Parkfelder ist belegt mit Baustellenutensilien, Containern und Baukränen. Autofahrende scheinen da eher unerwünscht.

Sportplatz Munot

Munot-Parkplatz: Noch bis im Oktober dauert die Sanierung, die schon länger läuft. Bild Robin Blanck

Der Altstadt-nahe Munot-Parkplatz ist bei Pendlerinnen und Pendlern aufgrund der längeren Parkdauer sehr beliebt und wird gern genutzt, doch das Areal wird saniert – und das auch schon seit Monaten. Folge: Knapp die Hälfte der Parkfelder sind nicht nutzbar. Auch hier muss man sich in Geduld üben, aber immerhin nur bis im Oktober, dann sollten die Arbeiten abgeschlossen sein.

Bachstrasse/Schützengraben

Jüngst weggefallen sind weitere Parkplätze im Bereich Bachstrasse/Einmündung Schützengraben: Auch hier versperren Bauabschrankungen den Zugang zu den ehemaligen Parkfeldern und der Belag wird grossflächig aufgespritzt, bis wann die Parkfelder entfallen, ist unklar, sicher ist aber: Nachdem bereits Abstellmöglichkeiten an der Vorstadt (Denner/Kantonalbank) ersatzlos aufgehoben wurden, haben Autofahrende auch hier einmal mehr das Nachsehen.

Darüber hinaus fehlen in diesen Tagen weitere Parkfelder im Bereich Klosterstrasse, Neustadt und Rheinuferstrasse und Promenade, meist hängt die Belegung mit dem Musik-Festival zusammen und ist deshalb absehbar kurz, an anderen Stellen haben die Baugerätschaften den Vorzug erhalten.

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Das Ende der Ferien naht

Stolz preist die Stadt auf ihrer Homepage «rund 1000 öffentliche» Parkplätze im «erweiterten Altstadtbereich» an, aber: Über 840 davon sind in den überwiegend am Rand der Stadt angesiedelten privaten Parkhäusern. Wie viele öffentliche Parkplätze aktuell noch übrig sind, weiss man bei der Stadtpolizei derzeit nicht – das müsste man zuerst nachzählen und ob der vielen Baustellen hat man auch etwas die Übersicht verloren. Als Ursache für den Wegfall von Parkplätzen wird vom Hochbau auf «verschiedene öffentliche und private Bauprojekte in der Altstadt» verwiesen, die diese Flächen für die zwingend notwendigen Baustelleninstallationen benötigten.

«Wir bringen es fertig, einen grossen Parkplatz just dann zu sperren, wenn viele Leute die Stadt wegen des Festivals besuchen – ich muss sagen, so etwas passiert wirklich nur in Schaffhausen.»

Robin Dossenbach, Präsident ACS-Sektion Schaffhausen

Während die Parkplätze für Autos spürbar reduziert wurden – eine konservative Schätzung kommt auf rund 175 Parkfelder – , stört sich auch Grünen-Grossstadträtin Daniela Furter am Parkplatzmangel – allerdings an jenem für Velos: In ihrer Kleinen Anfrage beklagt sie sich darüber, dass es in der Altstadt an Veloparkplätzen mangle, «besonders während ‹Stars in Town›» sei das der Fall, «mindestens 50 Veloparkplätze sind für rund einen Monat blockiert», schreibt Furter. Unter anderem will sie vom Stadtrat wissen, wo sich die Ersatzveloparkplätze befinden. Man darf gespannt sein, ob der Stadtrat hier für Abhilfe sorgt. Und ob auch Autofahrende auf Ersatz hoffen dürfen.

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Kommentare (2)

Michael Wirz So 11.08.2024 - 13:09

Man muss auch nicht immer mit Auto in die Stadt zu fahren. Für das gibt es auch die ÖV, Velo oder auch zu Fuss gehen kann man auch.

Marie-Luise Grüninger Fr 09.08.2024 - 11:33

Warum ist es in Schaffhausen nicht möglich, sein Auto in den zentrumsnahen Parkhäusern abzustellen? Es gibt in Schaffhausen auch Menschen, die den öffentlichen Verkehr nutzen, zu Fuss oder mit dem Velo die Innenstadt besuchen.
Der Verkehr und die zugestellten Plätze wie das Münsterquartier, Kirchhof- oder Walter-Bringolf-Platz, die Neustadt etc. vermitteln den Besuchern Hektik, keine lebendige und lebenswerte Altstadt.
Jede verkehrsfreie Altstadt ist gut frequentiert und bringt den Geschäften mehr Umsatz. Vielleicht sollten die Immobilienbesitzer ihre Mieten überdenken. Eine Vielfalt an kleinen Geschäften bereichert eine Stadt, die Rechnung bei den zum Teil viel zu hohen Mieten geht jedoch nicht auf. So werden wie überall Filialen von Grossunternehmen und Billigketten das Stadtbild beeinflussen.
Ob ein Event wie Stars in Town eine Bereicherung oder eher das Gegenteil bedeutet, sollte ebenfalls hinterfragt werden. Für Anwohner, Altstadtbesucher und angrenzende Geschäfte ist es eine mehrwöchige Zumutung.

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