Der höchste Schaffhauser Apotheker erklärt, wie Apotheken die Grundversorgung entlasten

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Portrait von Marco Grob fᅢᄐr das Wirtschaftsmagazin, fotografiert in der Ritter Apotheke an der Vordergasse,  am Donnerstag, 07. November 2024. (Melanie Duche
Marco Grob, Präsident Apothekerverein Schaffhausen. Bild: Melanie Duchene

Der höchste Schaffhauser Apotheker erklärt, was seine Berufskollegen und er tun, um die medizinische Grundversorgung zu entlasten. Und er legt dar, was zusätzlich möglich wäre.

von Vincent Fluck

Vor ein paar Jahren war das Impfen exklusiv den Hausärzten vorbehalten. Dann kam eine Phase, wo auch Apotheken gewisse Impfungen machen durften, etwa gegen die von Zecken übertragene FSME oder gegen die Grippe. Und nun, seit Juli 2023, gibt es gar keine Einschränkungen mehr. Einen Haken hat die ganze Sache. «Grundsätzlich ist die Problematik, dass alles, was wir in den Apotheken machen, nicht von der Grundversicherung bezahlt wird», sagt Marco Grob, Präsident des Apothekervereins Schaffhausen. Dies führe dazu, dass etliche Kundinnen und Kunden lieber zum Hausarzt gehen, weil sie dort für die gleiche Dienstleistung weniger zahlen. Bei anderen spiele dies keine Rolle, etwa bei gesunden Jungen. Wenn ihre Krankenkassen-Franchise hoch sei, müssten sie sowieso selber bezahlen. «Viele haben mittlerweile 2500 ​Franken Franchise.» Ausserdem hätten viele keinen Hausarzt. Und in der Apotheke bräuchten sie in der Regel keinen Termin. «Bei uns kann man meistens einfach vorbeikommen.»

Lockerung bei einigen Medikamenten

Auch bei gewissen rezeptpflichtigen Medikamenten ist es zu einer Lockerung gekommen. Als Beispiel nennt der oberste Schaffhauser Apotheker ein Ekzem auf der Haut. «Da muss man in einem ersten Schritt nicht zum Hausarzt gehen.» Gegen das Ekzem könne er eine Cortisonsalbe abgeben – «nach Abklärung», wie es offiziell heisst. In solchen Fällen bitte er den Patienten oder die Patientin in einen Besprechungsraum, um mittels Formular gemeinsam den Sachverhalt festzuhalten. Auch da sei der Vorteil für den Patienten, dass er nicht extra einen Arzttermin abmachen müsse. Nachteil sei aber ebenfalls, dass die Krankenkasse nicht zahle.

Dass bezüglich der Finanzierung Korrekturbedarf besteht, hat die Politik erkannt. Im Rahmen des «Kostendämpfungspakets 2» sollen Apotheker zusätzliche Leistungen selbstständig, ohne Verordnung der Ärzteschaft, erbringen und über die Krankenkasse abrechnen können. Das Projekt ist zurzeit im Bundesparlament in Beratung. Wann es umgesetzt wird, kann Marco Grob nicht sagen. Dass Änderungen am System vorgenommen werden, findet er wichtig. «Wenn man sieht, wie wenige Hausärztinnen und Hausärzte es hat und was in den nächsten 10 bis 20 ​Jahren zu erwarten ist, müssen wir sie ja irgendwie entlasten.» Die Apotheken verfügten über medizinisches Fachpersonal, das einen Teil der Aufgaben übernehmen könne. «Vor allem Routinesachen, die viel Zeit brauchen und nicht besonders spannend sind für einen Arzt.» Als Beispiele nennt er die jährliche Kontrolle des Blutdrucks, der Cholesterinwerte oder des Diabetes-Langzeit-Blutzuckers, um zu sehen, ob die vom Arzt verordneten Medikamente immer noch die erwünschte Wirkung haben. Auch eine Erkältung oder ein Schnupfen sei in einem ersten Schritt etwas für die Apotheke. «In den meisten Fällen muss man damit nicht zum Arzt gehen.»

Apotheke macht Triage – erste Versuche

Generell müsse man sich fragen, ob die Triagefunktion weiterhin dem Arzt vorbehalten sein soll, also dass er alleine entscheidet, ob eine Weiterbehandlung durch einen Spezialisten nötig ist. «Es wäre eine Überlegung wert, ob man zuerst zur Apotheke geht; einfach um eine Stufe vorzuschalten, damit nicht so viele Fälle zum Hausarzt kommen.» Gewisse Krankenversicherungen böten bereits solche Grundversicherungsmodelle an. Beispiele sind die Swica oder die Sympany. «Was wir den Ärzten abnehmen können, sind die Bagatellfälle, wo nicht ihre ganzen Fähigkeiten gebraucht werden. Sie sollen sich auf das konzentrieren, wo es sie wirklich braucht.»

Cholesterinmessung in der Apotheke

Im Bereich der Prävention sieht der oberste Apotheker ebenfalls noch Entwicklungsmöglichkeiten. Die oben erwähnten Blutdruck-, Cholesterin- und Blutzuckermessungen werden auf Kundenwunsch schon heute angeboten. «Weil die Leute Interesse haben, ihre Werte zu kennen.» Das Interesse sei allerdings nicht allzu gross. «Ich denke aber, dass dies etwas ist, das in Zukunft immer mehr kommen wird. Auch weil es vom Bund erwünscht ist, dass man mehr Prävention macht. Denn es ist günstiger, etwas zu verhindern als zu behandeln.»

Marco Grob, 37, ist fachverantwortlicher Apotheker der genossenschaftlich organisierten Schaffhauser Volksapotheke. Er leitet einen der drei Standorte, die Volksapotheke zum Ritter an der Vordergasse, und ist Mitglied der Geschäftsleitung. Seit zweieinhalb Jahren ist er Präsident des Apothekervereins Schaffhausen.

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