Zürcher Regierung will Wasser beim Rheinfall abzapfen – neues Kraftwerk vorgeschlagen

Fabian Babic | 
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Der hohe Wasserstand am Rheinfall zieht zur Zeit viele Touristen an, die Boote fahren noch beschraenkt, das Wasser laeuft an einigen Stellen schon ueber, ein eindrueckliches Naturspektakel,  am Montag, 10. Juni 2024. (Melanie Duchene / Schaffhauser Nachri
Zürich denkt über ein weiteres Kraftwerk am Rheinfall nach. Bild: Melanie Duchene

Der Kanton Zürich beschäftigt sich mit der lokalen Stromproduktion durch Wind- und Wasserkraft. Für die Windkraftanlagen hat er nun Standorte vorgeschlagen. In puncto Wasserkraft sieht man nur eine Möglichkeit: den Rheinfall.

von Alexander Joho und Fabian Babic

Der Kanton Zürich will vorwärts machen bei der Stromproduktion aus erneuerbaren Quellen. Deshalb hat die Regierung Standorte für Wind- und Wasserkraftanlagen geprüft.

Dafür nehmen die Zürcher das Schaffhauser Wahrzeichen ins Visier: den Rheinfall. Nur dort sehe der Regierungsrat Potenzial für die Nutzung von Wasserkraft. Der Vorschlag der Regierung: ein unterirdisches Kraftwerk auf Zürcher Boden.

Das Projekt soll im Richtplan eingetragen werden. Ob ein neues Kraftwerk wirklich realisiert wird, ist indes noch unklar. «Ein entsprechendes Projekt müsste die dort geltenden, strengen Natur- und Landschaftsschutzauflagen erfüllen», heisst es in der Mitteilung der Regierung. Vorderhand liege lediglich eine «grobe Machbarkeitsstudie» für ein solcher Kraftwerk vor. Dieses könnte rund 20 Prozent des Rheinfallwassers nutzen.

Nicht nur der Kanton Zürich sieht Potenzial in der Kraft des Rheinfalls. Das Schaffhauser Kantonsparlament hat im Mai 2022 deutlich einer Gesetzesänderung zugestimmt, die es erlaubt, Wasserkraftprojekte am Rheinfall zu planen.

Windkraftanlagen im Weinland

In puncto Windkraft haben die Zürcher wesentlich mehr Standorte gefunden. 20 erachtet die Regierung als «sehr geeignet» und schlägt entsprechende Einträge im Richtplan vor.

Der Zürcher Baudirektor Martin Neukom im SN-Interview. Video: Alexander Joho/Lucas Blumer

Von diesen 20 Standorten befinden sich einige im Zürcher Weinland. Eins der grössten Gebiete befindet sich in Stammheim. Auch in Kleinandelfingen, Trüllikon oder Dorf sollen Windräder gebaut werden dürfen.

Mögliche Windkraft-Standorte in der Region

Diese Standorte in der Region hält der Kanton Zürich für «sehr geeignet»:

  • Cholfirst (Trüllikon, Laufen-Uhwiesen, Benken)
  • Stammerberg
  • Kleinandelfingen (mit Ossingen & Marthalen)
  • Schwerzenberg (Volken, Dorf, Andelfingen)
  • Bergbuck (Dorf, Neftenbach, Humlikon (Andelfingen), Henggart)
  • Thalheim a.d. Thur (Thalheim, Altikon)
  • Berg (mit Thalheim und Andelfingen (Adlikon))
  • Gnüll (Wasterkingen, Hüntwangen)


Diese Standorte sind aus dem Richtplan weggefallen:

  • Im Berg (Rheinau, Marthalen)
  • Wolschberg (Neftenbach, Buch am Irchel)

Zürcher Regierung will schnell vorwärts machen

Der Zürcher Baudirektor Martin Neukom (Grüne) informierte am Dienstag über die Entscheide der Regierung. Er sagt: «Die Standortauswahl war nicht politisch motiviert, sondern eine nach sachlichen Kriterien.»

Der Kanton Zürich will das Bewilligungsverfahren beschleunigen. Bei Beispielen aus anderen Kantonen mit Windkraft-Planungsverfahren, die 16 bis 23 Jahre dauerten, soll nach dem weiter bestehenden Richtplanverfahren eine kantonale Plangenehmigung zum Zug kommen. Dann dürften nur noch zweimal Rechtsmittel genutzt werden, statt wie bislang sechsmal – ein Vorgang, wie man ihn bereits vom Strassenbau her kenne.

Für den Bau von Windkraftanlagen orientiere man sich an Deutschland, so Neukom, dort dauere das Planungsverfahren heute sechs Jahre. Ob das beschleunigte Verfahren im Kanton Zürich schlussendlich eingesetzt werden kann, entscheidet im letzten Schritt ebenfalls der Zürcher Kantonsrat. Um die Sorgen und Einwände der Gemeinden und der Bevölkerung in Sachen Windkraft aufzunehmen, veranstaltet der Kanton separate Anlässe.

Die Gemeinden werden kommende Woche, unter Ausschluss der Öffentlichkeit, weiter orientiert, die Bevölkerung kann sich pro Region äussern; für das Weinland ist der Termin auf den 24. August um 19.30 Uhr fixiert; der Veranstaltungsort muss noch bestimmt werden. Für den 10. Juli ist zudem ein Live-Stream vorgesehen.

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