Aussen grün, innen rot? Daniela Furter sagt: «Wir sind ganz klar eine linke Partei»

Mark Liebenberg | 
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Zwölf Parteien und Gruppierungen treten zur Wahl für den Grossen Stadtrat am 24. November an. In unserer Serie kommen Zugpferde und Newcomer zu Wort. Was motiviert sie, mit welchen Konzepten wollen sie die Geschicke der Stadt beeinflussen? Heute: Grüne, Liste 6.

Frau Furter, bei den Nationalrats- und den Kantonsratswahlen hat sich gezeigt: Die «grüne Welle» ist abgeflaut, die Zugewinne von vor vier Jahren sind weg. Ein böses Omen für die Grossstadtratswahlen?

Daniela Furter: Nicht unbedingt. Der Fokus in der Stadt liegt für uns auf Projekten. Ich ziehe eine positive Bilanz der Legislatur. Wir konnten viel einbringen, zum Beispiel, dass man den Fäsenstaubtunnel-Ausbau noch mal kritisch anschaut und diskutiert. Oder erreicht, dass Grün Schaffhausen keine Pestizide mehr verwendet.

Eine herbe Niederlage war die Volksabstimmung zum Duraduct – trotz grosser Allianz dafür in der linksgrün dominierten Stadt.

Furter: Ja, ich muss gestehen, das war für mich als Geschäftsführerin von Pro Velo Schaffhausen eine tragische Sache. Für die Entwicklung unserer Stadt wäre die Velo- und Fussgängerverbindung zweier Stadtquartiere ein Superprojekt gewesen, um den Veloverkehr nach vorne zu bringen. Eine verpasste Chance. Unser Endgegner waren wohl die möglichen Landenteignungen, die im Raum standen. 

Herr Raschle, grüne Themen bewirtschaften auch andere Parteien, die GLP etwa oder die SP. Wieso wollen Sie sich gerade für die Grünen engagieren?

Daniel Raschle: Ich bin Familienvater mit drei Teenagern, meine Frau und ich teilen uns die Erwerbs- und Hausarbeit. Schaffhausen ist eine supercoole und attraktive Stadt, und das soll so bleiben. Politisiert worden bin ich durch das Umweltthema. Vor Jahren habe ich mein Haus energetisch saniert und Fotovoltaik installiert und wollte so mit gutem Beispiel vorangehen. Da haben sich die Grünen und ihre Anliegen angeboten. 

Auch Ihnen ist laut Ihrer Website der Langsamverkehr ein zentrales Anliegen. Wo besteht der grösste Handlungsbedarf – und kann man etwas erreichen, ohne gleichzeitig anderen Verkehrsteilnehmern etwas wegzunehmen?

Raschle: Gute Frage. Ich bin ja fast ausschliesslich mit dem Velo unterwegs, und es gibt schon problematische Stellen, zum Beispiel beim wichtigen Nadelöhr am Bahnhof bei der Adlerstrasse, das sind heikle Stellen für Velofahrer, auch mit den vielen Baustellen. Velofahrer sind oft an den Rand gedrängt. Langsamverkehr sollte aber mehr Platz in der Stadt und in den Quartieren erhalten, damit die Sicherheit sich verbessert.  

Wir haben linksgrüne Mehrheiten in der Stadtregierung und im Parlament. Wieso ist der Veloverkehr denn so miserabel, wie Umfragen von Pro Velo ja beweisen?

Furter: Es gibt halt immer Gründe, Nein zu sagen. Ich selber habe ja in einem Postulat für mehr Veloförderung vorgeschlagen, dass die Stadt jene, die mit dem Velo unterwegs sind, bezahlen sollte. Da kam sogar von der SP Gegenwehr. Ich wünsche mir, dass die Politik noch viel mutiger wird und einen Schritt vorwärtsmacht. 

Die drei grünen Vertreter im Grossen Stadtrat stimmen in den allermeisten Abstimmungen genau gleich wie die SP. Man hat sie mal Wassermelonenpartei genannt, aussen grün, innen rot. Gibt es eigentlich noch irgendeinen Unterschied zur SP?

Furter: Wir sind ganz klar eine linke Partei. Unser Fokus liegt einfach stärker auf der Umwelt. Wenn die SP gute Ideen haben, dann unterstützen wir sie in der Regel auch. 

In vielen Bereichen hat die Grüne Partei ein wenig den Nimbus der Verbotspartei, vor allem in Verkehrsfragen. Sie selber wollten Feuerwerk am 1. August und an Silvester verbieten!

Furter: Ich sehe das anders. Man muss manchmal mehr fordern, um etwas zu erreichen in einem Kompromiss. Man hätte ja über Plätze und Orte diskutieren können, wo Feuerwerk eingeschränkt werden sollte. Denn viele Tiere und Menschen leiden darunter. Die Freiheit der einen, die auf Kosten von anderen geht, ist keine Freiheit in meinen Augen. 

Wir haben Kollegen aus anderen Parteien gefragt, was sie von den Grünen schon immer mal wissen wollten. Thomas Stamm (SVP) fragt: «Für die Grünen ist eine zweite Tunnelröhre im Fäsenstaub überflüssig. Wenn dereinst die bestehende Röhre saniert wird und zwei, drei Jahre gesperrt werden muss und der Verkehr durch die Stadt rollt, wie sieht dann die grüne Lösung aus?»

Raschle: Ha, die grüne Lösung heisst, weniger aufs Auto setzen! Man weiss, wenn man die zweite Röhre baut, dass das mehr Verkehr anzieht. Man müsste gescheiter für eine schlaue Lösung schauen, während der Tunnel saniert wird. Mit einer zweiten Röhre haben wir bald den gleichen Salat wie heute, einfach mit noch viel mehr Verkehrsteilnehmern. 

Urs Tanner («PUSH») fragt, wieso man Grüne wählen soll, wenn das grüne Urgestein Urs Capaul heute bei seiner Parteilosen-Liste kandidiert.

Furter: Unser Parteiprogramm ist grün, wir garantieren, dass wir den Fokus auf diesen Themen behalten. Schön, dass sich die «PUSH»-Liste da auch einbringen will. Dass Herr Tanner besonderes Faible für Umweltthemen hat, wäre mir bisher nicht aufgefallen. Item, wir haben viel vor: Beim Fäsenstaub wollen wir dranbleiben, um ein stadtverträgliches Projekt hinzubekommen. Der Parkplatzfrieden muss endlich umgesetzt werden, es braucht mehr Veloförderung und mehr unversiegelte Flächen, um Hitzestau zu vermeiden.

Die Kandidierenden zu …

Seit eineinhalb Jahren hat die Stadt einen City Manager: Sind damit alle Probleme gelöst, oder braucht es da noch was?

Dani Raschle: Ich finde gut, dass es ihn gibt, aber er ist keine Allerweltslösung. Er löst ja keine Probleme, sondern bringt Ideen ein, erfolgreich. Es läuft was in der Stadt. Aber wir müssen eben auch dringende Themen wie Umwelt, Schwammstadt und Pestizide angehen.

Die Stadt will den grossen Wurf am Rheinufer – worauf kommt es dort besonders an?

Daniela Furter: Ein spannendes Projekt, das ich in der Kommission mitdiskutieren darf. Es entsteht grosser Mehrwert für die Stadt, viel Grün, die Autos müssen woanders durch. Sehr wichtig ist, dass alle Parteien am gleichen Strick ziehen bei diesem wichtigen Projekt.

Die Fragen wurden nach dem Zufallsprinzip ausgewählt.

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