Der grosse Umbruch bei Georg Fischer: Neuer Fokus, neue Strategie

Bei GF ist eine Transformation in vollem Gange: Während eine Division noch in diesem Halbjahr verkauft wird, ist man bei einer zweiten in Verkaufsgesprächen mit mehreren Interessenten. Der Fokus liegt nun komplett im Bereich Flow Solutions, vernahm man an der Bilanzmedienkonferenz vom Mittwoch.
Es war ein einschneidender, aber von Investoren begrüsster Schritt, den die Georg Fischer AG gegen Ende des vergangenen Geschäftsjahres vollzogen hatte: Als einer der letzten börsenkotierten Mischkonzerne hat man beschlossen, sich vom Maschinenbaugeschäft zu trennen. Noch im ersten Halbjahr 2025 wird die Division «GF Machining Solutions» an den Schweizer Anbieter für Schleiftechnologie, die United Grinding Group, veräussert. Und auch eine weitere Sparte könnte schon bald nicht mehr zu GF gehören: Für die «GF Casting Solutions», die im Bereich von Leichtbau-Gusskomponenten tätig ist, laufen Gespräche mit drei potenziellen Käufern, wie CEO Andreas Müller an der Bilanzmedienkonferenz am Mittwoch im Zürcher Hotel «Metropol» ausführte. Ein Deal bis Ende Jahr ist im Bereich des Möglichen.
Bislang hat GF mit seinen verschiedenen Sparten quasi auf mehreren Hochzeiten getanzt. Investoren sehen es allerdings lieber, wenn ein Unternehmen bloss ein einziges Kerngeschäft hat – so können sie selbst entscheiden, in welche Bereiche sie einsteigen wollen, erzählte ein Portfoliomanager der UBS beim Apéro. Mit der Akquisition des Rohrleitungsspezialisten Uponor Ende 2023 hat GF die Basis dafür geschaffen, eine solche Fokussierung auf das Geschäft mit Rohren und Wasser vorzunehmen; stets galt die Division «GF Piping Systems» als Zugpferd des Unternehmens. Die Vision von GF lautet nun: Weltweiter Marktführer im Bereich Flow Solutions werden.
Umsatz steigt – aber nur dank Übernahmen
Im Jahresergebnis von 2024 sind indes noch alle «alten» Divisionen vertreten – eine Transformation in dieser Grössenordnung (laut GF die bedeutendste der Unternehmensgeschichte) braucht seine Zeit. GF hatte es im vergangenen Jahr zudem mit einem schwierigen Marktumfeld zu tun. Zwar stieg der Umsatz um 18,6 Prozent auf knapp 4,8 Milliarden Franken, doch das liegt an den Zukäufen von Uponor sowie des Spezialisten für Durchflusslösungen Corys aus Dubai. Organisch – also aus eigener Kraft – schrumpfte der Umsatz um 2,6 Prozent, wie Finanzchef Mads Joergensen ausführte. Besonders die negativen Währungseffekte aufgrund des starken Frankens machten GF zu schaffen.

Dennoch ist Müller zufrieden mit dem «aussergewöhnlichen» Jahr 2024. «Wir konnten trotz Marktabschwächung ein solides Ergebnis erzielen», so der CEO. Insgesamt konnte ein Betriebsergebnis (Ebit) von 389 Millionen Franken eingefahren werden. Zudem wird den Aktionären eine Dividende von 1.35 Franken pro Aktie vorgeschlagen, obwohl der Gewinn von 235 auf 214 Millionen Franken zurückging. Der Markt reagierte zuvorkommend auf die Jahreszahlen und die Ankündigungen von GF, die Aktie gewann am Mittwoch fast 3 Prozent.
«Wir konnten trotz Marktabschwächung ein solides Ergebnis erzielen.»
Eine dieser Ankündigungen betraf auch die Strategie 2030, die im Verlauf dieses Jahres noch geschärft und im November dann präsentiert werden soll. Im Jahr 2030 will GF einen Umsatz zwischen 4,5 und 5 Milliarden Franken einfahren – also etwa dasselbe wie heute, allerdings ausschliesslich im Bereich Flow Solutions. Je ein Drittel des Umsatzes soll dabei von den Bereichen Gebäude (früher Uponor), Industrie und Infrastruktur kommen. Dazu möchte das Traditionsunternehmen jährlich um rund 4 bis 6 Prozent wachsen und eine Ebitda-Marge, eine Kennzahl für die Rentabilität, von 16 bis 18 Prozent erreichen. 2024 schaffte man es auf 12,9 Prozent, hier will GF mittelfristig also zulegen. Fürs laufende Jahr, laut Müller ein «Jahr des Übergangs», ist man mit einem «niedrigen einstelligen Wachstum» deutlich zurückhaltender.
Keine Angst vor Trumpschen Zöllen
Bei den aktuell noch vier Divisionen hat GF Piping Systems erwartungsgemäss den Löwenanteil (rund 40 Prozent) des Umsatzes beigesteuert, knapp 2 Milliarden Franken. Allerdings musste GF auch hier einen Rückgang verkraften, denn die Märkte litten unter Verzögerungen im Bereich der Mikroelektronik. Positiv entwickelte sich das Marinesegment. Langfristig sieht GF in dieser Division am meisten Chancen – in 25 Jahren werden 2,7 Milliarden Menschen mehr in Städten leben als noch 2021. Die Wichtigkeit der Wasser-Infrastruktur könnte GF in die Karten spielen.
Auch die GF Building Flow Solutions musste wegen unsicheren Märkten, etwa die schwache Baubranche in Europa, einen Umsatzdämpfer hinnehmen. Dafür sei der US-Markt attraktiv, insbesondere tragen die Synergieeffekte des Zukaufs von Uponor Früchte. Vor Trumpschen Zöllen braucht sich GF nicht zu fürchten: Gemäss Müller werden 92 Prozent der Güter, die in den USA verkauft werden, auch dort hergestellt. Trotzdem sagte der CEO: «Wir unterstützen keine Art von Zöllen.»
GF Casting Solutions profitierte zwar von einem wachsenden Aerospace-Geschäft, muss aber die schwache Nachfrage im Automobilsektor verkraften, den nicht mal der Wachstumsmarkt China kompensieren kann. Die einzige Division, die Wachstum verzeichnen kann, ist die zu verkaufende GF Machining Solutions.
«Das Unternehmen ist aus Schaffhausen nicht wegzudenken.»
Per Ende 2024 beschäftigte GF weltweit rund 19’000 Mitarbeitende, im Jahr davor waren es noch knapp 20’000. Die Anzahl Angestellte in Schaffhausen soll allerdings unverändert bleiben. Der Standort habe für GF nach wie vor eine grosse Bedeutung, sagte Müller im Anschluss an die Konferenz, die Verbundenheit mit der Region sei gross. «Das Unternehmen ist aus Schaffhausen nicht wegzudenken», so der CEO. Und auch die Mitarbeitenden würden sich im sanierten Hauptsitz wohlfühlen.