Georg Fischer wagt radikalen Schritt: Maschinenbaugeschäft wird verkauft
Die Georg Fischer AG (GF) war einer der letzten börsenkotierten Mischkonzerne – nun stellt sich die GF neu auf. Der Konzern mit Hauptsitz in Schaffhausen verkauft die Abteilung Maschinenbau und fokussiert sich künftig auf das Geschäft mit Flüssigkeiten. Welche Folgen hat der Strategiewechsel des Grosskonzerns für den Wirtschaftsstandort Schaffhausen?
Es geht Schlag auf Schlag: Nach der Übernahme des finnischen Rohrleitungsspezialisten Uponor im November 2023 für 2,1 Milliarden Euro folgt nun die nächste strategische Anpassung beim Schaffhauser Grosskonzern Georg Fischer (GF). Die GF will sich in Zukunft auf das Geschäft mit Wasser fokussieren und kehrt dem Maschinenbaugeschäft, also der Sparte GF Machining Solutions, den Rücken.
Auch für die Leichtmetall-Division, GF Casting Solutions, die vor allem in der Auto- und Luftfahrtindustrie tätig ist, sollen «alle Optionen» geprüft werden, teilt der Industriekonzern am Mittwoch mit. Sprich: Auch diese Sparte könnte verkauft werden. Hier sind gemäss GF aber auch Partnerschaften möglich.
Georg Fischer wird damit in Zukunft deutlich kleiner: Sollte auch die Division Casting verkauft werden, entfielen rund 45 Prozent des Umsatzes.
Mit Piping Systems und Building Flow Solutions wird sich GF alleine auf Wasser- und Flüssigkeitsmanagement in den Bereichen Industrie, Infrastruktur und Gebäude konzentrieren. Die Fokussierung kommt für den Delegierten für Wirtschaftsförderung des Kantons Schaffhausen, Christoph Schärrer, nicht überraschend. «Georg Fischer hat mit der Übernahme von Uponor vor einem Jahr die Entwicklungsabsichten im Bereich Water and Flow Solutions deutlich aufgezeigt. Die Fokussierung auf diesen Wachstumsmarkt ist daher der nachvollziehbare nächste Schritt.»
Marktführerschaft als Ziel
Damit war die Übernahme von Uponor nur der Beginn einer grossen Umstellung in der Geschichte des Geschäftsmodells von GF. Denn diese Akquisition hat immerhin dazu beigetragen, dass GF seither weltweit die Nummer zwei im Geschäft mit Rohrleitungen ist.
Die neuste Ankündigung des Schaffhauser Konzerns weckt grosse Hoffnungen: «Natürlich bringt jeder Wandel auch Unsicherheit, aber wir sehen mit dieser Fokussierung attraktive Wachstumschancen», sagt Beat Römer, Leiter Konzernkommunikation von GF, auf Anfrage der «Schaffhauser Nachrichten». Die Chancen sieht der Industriekonzern aufgrund langfristiger Megatrends, wie dem Klimawandel und rascher Urbanisierung. Der Umsatz soll unter Mithilfe von Akquisitionen bis zum Jahr 2030 auf rund 5 Milliarden Franken ansteigen. Georg Fischer strebt also die Marktführerschaft im weltweiten Flüssigkeitshandling an.
Laut Schärrer sei das Ziel, zum Weltmarktführer aufzusteigen, ein positives Signal. «Vor allem für den Wirtschaftsstandort Schaffhausen.»
Für Schaffhausen ändert sich wenig
Doch was bedeutet dieser Strategiewechsel des Grosskonzerns für die Arbeitnehmenden in Schaffhausen? «Grundsätzlich gehen durch die Transaktion keine Arbeitsplätze verloren, die betreffenden Mitarbeitenden erhalten einen neuen Arbeitgeber, notabene aus der Schweiz», sagt Römer.
Die GF beschäftigt in der Schweiz zurzeit rund 3500 Mitarbeitende, 1400 davon arbeiten bei GF Machining Solutions. Wie Römer sagt, seien diese an Standorten wie Tessin, Genf oder Bern untergebracht. «GF beschäftigt in Schaffhausen rund 1100 Mitarbeitende, die bei GF Piping Systems, bei GF Casting Solutions sowie im Konzern arbeiten.» Kurzfristig werde sich im Konzern nicht viel ändern. «Sowohl GF Machining Solutions wie auch GF Casting Solutions verbleiben bis auf Weiteres im Portfolio von GF», sagt Römer. Der Abschluss der Transaktion werde bis spätestens im zweiten Quartal 2025 erwartet, vorbehältlich notwendiger Genehmigungen der Behörden, so Römer.
Doch wer übernimmt die ehemals als Agie Charmilles bekannte GF Machining Solutions? Die Sparte geht an die in der Schweiz ansässige United Grinding Group. Der globale Marktführer in der Schleiftechnologie ist mehrheitlich im Besitz der Patinex AG der Familie Ebner. Das Unternehmen beschäftigt weltweit über 2000 Mitarbeitende. Der Wert der Transaktion liegt gemäss Angaben von GF zwischen 630 und 650 Millionen Franken.
Weitere strategische Entscheidungen von GF sollen zu gegebener Zeit folgen. Die Börse jedenfalls zeigt sich optimistisch: Am Mittwoch stieg die Aktie von Georg Fischer um 15,6 Prozent auf 63.95 Franken. «Die langjährigen Wünsche der Investoren nach einer klaren Fokussierung werden nun erfüllt», bilanzierte die Zürcher Kantonalbank am Mittwoch.