«Es geht nicht nur ums Geld» – warum Frauen in Lohngesprächen anders verhandeln und wie sie ihren Wert durchsetzen können

Louise Østergaard | 
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Wie können Frauen in Verhandlungen selbstbewusst auftreten und ein faires Gehalt aushandeln, ohne dabei auf wichtige Rahmenbedingungen zu verzichten? Bild: Pixabay

Frauen gehen Gehaltsverhandlungen oft anders an als Männer – nicht weil sie sich weniger zutrauen, sondern weil für sie mehr als nur der reine Lohn eine Rolle spielt. Homeoffice, flexible Arbeitszeiten oder Jobsharing sind für viele essenziell, da Frauen nach wie vor den Grossteil der Care-Arbeit übernehmen. Arbeits- und Organisationspsychologin, Coach und Organisationsentwicklerin Corinne Schacher gibt wertvolle Tipps für ein erfolgreiches Lohngespräch.

Neigen Frauen dazu bei Gehaltsverhandlungen bescheidener aufzutreten? Corinne Schacher sieht das differenzierter. Sie ist Beraterin für Personalentwicklung, Führung und Organisationsentwicklung und sagt: «Es geht nicht nur um Bescheidenheit, sondern darum, dass Frauen neben dem Lohn viele weitere Aspekte hoch gewichten. Gerade bei Familienfrauen ist die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ein relevanter Aspekt. Frauen übernehmen allgemein nach wie vor den Grossteil der Care-Arbeit.»

Deshalb sind für viele Frauen nicht nur Zahlen auf der Lohnabrechnung, sondern auch Zusatzleistungen wie Teilzeitmodelle, Homeoffice oder Work-Life-Balance entscheidend. Auch die Teamzusammensetzung und das Arbeitsklima spielen eine grössere Rolle. «Nicht nur das Gehalt ist entscheidend – das Gesamtpaket muss stimmen.»

Gut vorbereitet und souverän verhandelt – so klappt die Lohnverhandlung

  • Risikobereitschaft: Nicht alles ist planbar – Gelassenheit und Mut führen zu besseren Ergebnissen.
  • Eigene Bedürfnisse klären: Was sind Ihre Stärken, Wünsche und Kompetenzen? Eine klare Strategie verhindert, dass Sie sich unter Wert verkaufen.
  • Mehrwert für das Unternehmen: Zeigen Sie, wie Ihre Arbeit zum Erfolg beiträgt – kein Bittsteller-Modus, sondern Verhandlung auf Augenhöhe.
  • Gehalt vergleichen: Nutzen Sie Benchmarking und Netzwerke, um eine realistische Verhandlungsbasis zu schaffen.
  • Einzigartigkeit herausarbeiten: Ihr Alleinstellungsmerkmal macht Sie wertvoll – setzen Sie gezielt Argumente für Ihre Forderung ein.
  • Gesamtpaket berücksichtigen: Homeoffice, Teilzeit, Weiterbildung – Zusatzleistungen sind oft ebenso wichtig wie das Gehalt.

Verankerte Rollenbilder

Dass Frauen bei einem Lohnverhandlungsgespräch mehrere Faktoren einbeziehen, ist laut Schacher nicht nur individuell bedingt, sondern hat auch systemische Ursachen. «Auch bei uns in Schaffhausen gibt es noch keine allumfassende Lösung für eine durchgehende Familienbetreuung», sagt sie. Gleichzeitig seien stereotype Rollenbilder noch tief verankert – der Mann ist oft in der Rolle des Brotverdieners für die Familie. «In gewissen Branchen ist es für Männer noch immer schwierig, Teilzeit zu arbeiten und sie werden mit diesem Anspruch sogar teilweise sogar belächelt» Um solche veralteten Muster zu durchbrechen, sei mehr Offenheit gefragt – sowohl in der Gesellschaft als auch in den Unternehmen. Strukturen wie Jobsharing, Teilzeitmöglichkeiten für Führungskräfte und flexibles Arbeiten können helfen, neue Standards zu etablieren.

Auch innerhalb von Partnerschaften sollten traditionelle Rollenbilder hinterfragt werden. «Frauen müssen klar kommunizieren, was ihnen wichtig ist – die Aufteilung von Berufs- und Care-Arbeit sollte aktiv besprochen werden – das bildet auch die Grundlage für eine erfolgreiche Lohnverhandlung.»

Risikobereitschaft erhöhen

Eine zielgerichtete Kommunikation hilft nicht nur im Privatleben, sondern auch in der Arbeitswelt. Schliesslich sind Gehaltsverhandlungen ein selbstverständlicher Bestandteil des Berufslebens.

«Hier hilft ein Mindset-Shift: Verhandlungen sind nicht immer planbar – man muss lernen, das Ungewisse auszuhalten und risikobereit zu sein. Wer eine gewisse Gelassenheit entwickelt, führt oft die besseren Gespräche.»

Die richtige Vorbereitung: Eigene Bedürfnisse klären

Eine erfolgreiche Gehaltsverhandlung beginnt lange vor dem eigentlichen Gespräch. «Überlegen Sie sich zuallererst, was Ihnen Freude bereitet, welches Ihre Bedürfnisse sind und wo Ihre Kompetenzen liegen», rät Schacher. Klarheit über die eigenen Wünsche und Fähigkeiten hilft, eine zielgerichtete Strategie zu entwickeln und sich nicht unter Wert zu verkaufen.

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Den eigenen Mehrwert festlegen

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist es, den eigenen Mehrwert für das Unternehmen herauszuarbeiten. «Durch diesen Perspektivenwechsel können Sie Ihr Gegenüber im Lohngespräch abholen. Dadurch treten Sie nicht nur als Bittstellerin auf, sondern können klar vorweisen, welchen Mehrwert Sie dem Unternehmen bieten.»

Corinne Schacher
«Brechen Sie das Tabu, über den Lohn zu sprechen, und finden Sie heraus, was andere verdienen.»
Corinne Schacher Ehrat

Auch das Vergleichen des eigenen Gehalts mit branchenüblichen Standards ist essenziell. «Hier hilft Benchmarking: Indem Sie Ihr Gehalt mit Branchenstandards und vergleichbaren Positionen abgleichen, erhalten Sie eine fundierte Basis für Ihre Forderung.» Gehaltsstudien, Onlineportale oder der Austausch im Netzwerk sind dafür wertvolle Informationsquellen.

Das Alleinstellungsmerkmal ausarbeiten

«Werden Sie sich Ihrer Stärken, Kompetenzen und Alleinstellungsmerkmals bewusst – so stärken Sie Ihre eigene Position», sagt Schacher. Ein klar definiertes Alleinstellungsmerkmal hilft, gezielt Argumente zu setzen und die Verhandlung aktiv zu steuern. «So können Sie Fragen stellen und wirkungsvolle Argumente anbringen, die auch die Vorteile für Ihr Gegenüber herausarbeiten.» 

Zur Person

Corinne Schacher ist Gründerin und Inhaberin der Beratungsfirma «Corinne Schacher Beratung». Sie ist Arbeits- und Organisationspychologin mit Zusatzausbildungen in Coaching, Organisationsentwicklung und Konfliktklärung. Sie hat selbst in unterschiedlichen Branchen verschiedene Führungsfunktionen innegehabt und kennt die Bedürfnisse und Problemstellungen in Unternehmen aus eigener Erfahrung. Mit ihrer langjährigen Erfahrung und ihren fundierten Ausbildungen unterstützt sie Einzelpersonen und Unternehmen in den Bereichen Personalentwicklung, Führung und Organisationsentwicklung. Sie hilft Fach- und Führungskräften, ihre beruflichen Ziele zu erreichen, strategische Verhandlungen zu führen und individuelle Lösungen für eine erfolgreiche Laufbahn zu entwickeln. Sie ist ausserdem als freie Beraterin und Dozentin an verschiedenen Hochschulen tätig.

Corinne Schacher ist Mitglied bei BPW Schaffhausen

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