Die Nachhaltigkeitskämpfer
Im Januar 2023 gründete Gzim Ukshini zusammen mit Marco Malaguti und Timo Visscher die MUV Digital AG in Schaffhausen, ein Start-up im Bereich Digitalisierung von Gebäudetechnik. Mittlerweile nimmt die Firma Fahrt auf. So fuhr das Jungunternehmen vor einem Monat nach Nürnberg an die ‘Weltleitmesse der Kältetechnik’ «Chillventa», um ihre Lösung vorzustellen und wurde erst noch angefragt, einen Fachvortrag vor Experten zu halten. Doch was genau stellt das Unternehmen her und was ist das Herzensanliegen der drei jungen Techies? Ein Gespräch mit einem leidenschaftlichen Unternehmer.
Herr Ukshini, was genau macht Ihr Unternehmen?
Gzim Ukshini: In jedem Gebäude ist ganz viel Technik verbaut – beispielsweise Heizungen, Lüftungen und Klimageräte. Leider ist der Betrieb in vielen Anlagen relativ ineffizient, was unter anderem damit zusammenhängt, dass die Anlagen nicht richtig eingestellt sind oder nicht richtig dimensioniert wurden. Das heisst, es existiert viel Verbesserungspotenzial. Um Optimierungen vorzunehmen, scheiterte man bislang jedoch an technischen Hürden. Es ist sehr aufwendig und teuer an Technikdaten heranzukommen, welche betriebsrelevant sind, da unterschiedliche Hersteller im Einsatz sind. Diese Lücke wollen wir schliessen. Wir harmonisieren und standardisieren die Daten der verschiedenen Anlagen und führen diese an einem Ort zusammen. Dies ermöglicht Fachexperten das Gesamtsystem zentral zu betrachten und Optimierungen des Anlagebetriebs vorzunehmen – einerseits bei den Energiekosten, aber potenziell auch bei allen anderen Ressourcen, die mit dem Betrieb in Verbindung stehen.
In welcher Grössenordnung liegen diese Einsparungen?
Ukshini: Auch wenn sie nicht so sichtbar ist – die Kältetechnik ist ein wesentlicher Energieträger. Gemäss Aussagen des Deutschen Kälte- und Klimatechnischen Vereins (DKV) werden für sie in Deutschland 16 Prozent des gesamten Strombedarfs benötigt. Auch hier ist einer der Gründe, dass noch viel alte, ineffiziente Technologie im Einsatz ist. Schätzungen gehen von einem Einsparpotenzial von rund 25 Prozent aus. Eine gigantische Summe.
Sie kommen aus Nürnberg zurück, wo Sie als Aussteller am internationalen Start-up Stand der «Chillventa», einer der weltweit wichtigsten Messen im Bereich Kältetechnik, vor Ort waren. Wie war ihr Erleben?
Ukshini: Einer unserer Kunden hatte uns auf die Messe aufmerksam gemacht und wir beschlossen hinzufahren, uns alles anzuschauen, den Markt zu analysieren und zu sehen, wohin die Trends gehen. Es war eine sehr wertvolle, spannende Erfahrung und auch das erste Mal, dass wir unsere Lösung ausserhalb der Schweiz präsentierten. Neben guten Kontakten war der Besuch für uns vor allem eine Bestätigung, dass wir mit unserer Geschäftsidee auf dem richtigen Weg sind. Denn in vielen Gesprächen mit Kältetechnik-Experten zeigte sich, dass unser Produkt für sie und ihre Unternehmen relevant ist.
Die Anfrage, einer der 50 Fachvorträge am «Chillventa Congress» zu halten, spricht für Sie. Worum ging es beim «Congress» und was war das Thema Ihres Referats?
Ukshini: Ziel des «Chillventa Congress» ist der internationale Wissenstransfer und ja, es war schon sehr toll, eine Anfrage für einen Fachvortrag in dieser Expertenrunde zu erhalten. In unserem Referat zur Forumsreihe «Digitalisierung praktisch gestalten» konnte ich dem Publikum unsere Erfahrungen mit dem Thema vermitteln und erklären, wie man das volle Potenzial von Anlagendaten ausschöpfen kann, um so die Digitalisierung auch praktisch zu nutzen. Alles mit dem Ziel, die Nachhaltigkeit zu steigern. Ein Thema, das uns sehr am Herzen liegt.
Ihr Herzensthema ist im Grunde also die Nachhaltigkeit?
Ukshini: Ja, ich denke, das kann man so sagen. Neben der technischen Faszination sehen wir in der Digitalisierung ein Mittel, mit dem globalen Herausforderungen wie dem Klimawandel oder dem Ressourcenumgang begegnet werden kann. Wir sind überzeugt, dass hier noch ganz viel Potenzial vorhanden ist und wir möchten mit unserer Expertise helfen, einen Unterschied zu machen. Dabei sehen wir uns als Technologiepartner für Experten aus der Gebäudetechnik und Energieberatung, denen wir mit unserem Know-how zu besseren Ergebnissen verhelfen können. Dass dafür auch ein Markt besteht, wurde auf der Messe klar, in der das Thema Nachhaltigkeit ebenfalls ganz oben auf der Prioritätenliste stand. Denn auch der Anlagebau ist politisch und gesellschaftlich mit der Anforderung konfrontiert, nachhaltigere Lösungen zu entwickeln, um den steigenden Anforderungen an Energieeffizienz und Umweltschutz gerecht werden zu können.
Zum Schluss: Was sind die nächsten Schritte, die Sie mit Ihrem Unternehmen planen?
Ukshini: In einem ersten Schritt fokussieren wir uns auf die Weiterentwicklung unserer Lösung, um unseren Kunden ein stetig besseres Produkt anzubieten, mit dem sie ihre Prozesse vereinfachen können. Konkret erkennt so zum Beispiel ein Servicetechniker auf einen Blick, wenn eine Anlage nicht richtig läuft und kann handeln, bevor ein Systemfehler auftritt. Ausserdem ermöglicht ihm das System, gewisse Wartungen oder Einstellungen aus der Ferne vornehmen. Ist das nicht möglich, erhält er Einsicht über den Anlagenzustand, so dass er passende Ersatzteile zur Reparatur mitnehmen kann.
Und danach folgt Schritt zwei?
Ukshini: Genau. Betrachten wir den gesamten Themenbereich Gebäudetechnik, ist dieser noch viel komplexer. So sind noch viel mehr Rollen involviert als allein die des Servicetechnikers, beispielsweise die des Besitzers, Anlagenbauers, Immobilienverwalters, vielleicht auch ein Ingenieurbüro oder ein technisches Facility Management für den Unterhalt. Alle diese Personen haben unterschiedliche Bedürfnisse. Ihnen allen wollen wir mit unserem Produkt einen Mehrwert bieten. Und genau wie mit den Daten, möchten wir sie alle an einem Ort zusammenzubringen. Nebst dem Servicemitarbeiter, der mit unseren Daten die Anlage verbessern kann, bieten dieselben Informationen einem Energieberater die Möglichkeit, Betriebsoptimierungen vorzunehmen und der Inhaber sieht am Jahresende anhand einer Kennzahl, wieviel Strom er durch die Optimierungen einsparen konnte.