Bundesrat: Tanzlokale müssen schliessen, Maskenpflicht wird erweitert
Der Bundesrat tritt heute vor die Medien und informiert über weitere Massnahmen, die zur Bekämpfung der Corona-Pandemie beschlossen wurden. Hier im Liveticker können Sie die Konferenz mitlesen.
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Die Medienkonferenz des Bundesrats wurde soeben beendet. Die gesamte Konferenz können Sie sich hier ansehen:
Volkswirtschaftsminister Guy Parmelin erklärt, dass in den Regelungen für Härtefälle auch A-Fonds-Perdu-Beiträge vorgesehen sind. Diese können für Branchen, die unter den derzeitigen Bedingungen besonders leiden, eingesetzt werden. Die Regelung würde aktuell mit den Kantonen erarbeitet.
In der aktuellen Lage werde der Zivilschutz bereits vermehrt eingesetzt, erklärt Berset. Die Armee einzusetzen, sei derzeit nicht ausgeschlossen. Die Bedingungen dafür seien allerdings anspruchsvoll. Zuerst müssten sich die Kantone untereinander aushelfen. Aber man sei natürlich bereit, Hilfegesuche der Kantone für einen Einsatz der Armee jeweils rasch zu prüfen, sagt Bundesrat Berset weiter.
Während der ersten Welle kündigte der Bundesrat meistens an, wie lange die Massnahmen mindestens gelten sollen. Dieses Mal ist aber kein offizielles Ende in Sicht. Man müsse erst sehen, ob die Massnahmen wirken, meint Berset. Die bevorstehende Jahreszeit sei lang und biete optimale Bedingungen für einen Virus, darum müsse man die Situation laufend beobachten und die Lage in den Griff bekommen. Es brauche also erst eine Stabilität im System, die habe man heute nicht. Deswegen wurden die Massnahmen noch nicht befristet.
Das Schweizer Gesundheitssystem sei derzeit gut aufgestellt, erklärt Bundesrat Alain Berset: «Wir sind noch weit weg von einer Situation, die ausser Kontrolle ist.» Dennoch bereite man sich darauf vor, die Kapazitäten zu erhöhen, falls es notwendig wird.
Wie sollen die Alters- und Pflegeheime vorgehen? Die Entscheidungsmacht liege bei den Kantonen, erklärt Bundesrat Alain Berset. Es sei klar, dass die Einwohner besonders gefährdet seien und besonders geschützt werden müssten. Hier wird der Bundesrat allerdings derzeit nicht eingreifen.
Wie Bundesratssprecher André Simonazzi erklärt, befinden sich die Abstimmungen und der damit einhergehende Abstimmungskampf nicht in Gefahr. Die Meinungsbildung funktioniere auch unter den neuen Massnahmen. Für den Abstimmungssonntag werden hingegen logistische Massnahmen getroffen.
Ordnungsbussen können nicht erteilt werden, wenn sich jemand nicht an die Maskenpflicht hält. Allerdings könne ein Maskensünder verzeigt werden. Von da aus beurteilt die Staatsanwaltschaft den Fall. Bislang habe es aber ganz wenige Strafverfahren gegen Maskensünder gegeben.
Wie wird der Winter in der Schweiz aussehen? Für den Winter, insbesondere den Winter-Tourismus in der Schweiz, seien derzeit keine spezifischen Massnahmen getroffen, erklärt Sommaruga. Die aktuellen Massnahmen werden aber auch für den Winter-Tourismus spürbar sein.
Wie lange würde der Bundesrat warten, bis er die nächsten Massnahmen trifft? «Ich erwarte, dass wir bald spüren werden, wie die Massnahmen wirken», sagt Berset. Man beurteile die Lage von Tag zu Tag.
Der Bundesrat möchte keinen zweiten vollständigen Lockdown. Deshalb habe man sich entschlossen, vorerst keine noch härtere Massnahmen zu treffen. «Mit den Erfahrungen aus dem Frühling können wir nun einen differenzierten Weg gehen», so Berset. Allerdings behalte man es sich vor, falls sich die Lage verschlimmert, schärfere Massnahmen einzuleiten.
Zu lange gewartet habe man nicht, erklärt Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga auf eine Frage. Beim letzten Mal seien die Kantone am Drücker gewesen, so Sommaruga. Man habe mit den Kantonen in der Zwischenzeit gesprochen und sich geeinigt – sodass alle hinter den Massnahmen stehen könnten, so die Bundespräsidentin.
«Eine Rückkehr zum Normalzustand ist die beste Medizin für unsere Unternehmen und Arbeitnehmenden», resümiert Parmelin. Deshalb solle man sich an die Massnahmen halten, damit die Fallzahlen sinken und die Massnahmen wieder gelockert werden können.
Volkswirtschaftsminister Guy Parmelin spricht nun über die wirtschaftliche Lage. «Die Gesundheit und die Wirtschaft stehen nicht miteinander im Widerspruch», sagt Parmelin. Bislang habe man mit Instrumenten wie der Kurzarbeitsentschädigung einen erfolgreichen Kurs gefahren. Deshalb will der Bundesrat weiterhin diese Instrumente nutzen: Die Kurzarbeitsentschädigungen, der Corona-Erwerbsersatz sowie das Covid19-Gesetz sollen weitergeführt werden. «Mit dem Covid19-Gesetz habe man jetzt die rechtliche Grundlage für die Unterstützung von Härtefällen», so Parmelin. Zudem habe man damit die rechtlichen Grundlagen geschaffen, um ausserordentliche Massnahmen fortzuführen. Der Bundesrat kann also Entschädigungen für Erwerbsausfall verordnen. Insbesondere betroffen sind beispielsweise Freiberufler. Diese können Erwerbsersatz beantragen. Das Covid19-Gesetz regelt auch die Unterstützung für Kultur und Sport.
Im Moment betrage der R-Wert 1.6, das heisst, eine Person steckt 1.6 weitere Personen an. Alain Berset sagt, der Wert müsse dringend halbiert werden, also auf 0.8 gedrückt werden. Dies sei nur mit den nun angekündigten, scharfen Massnahmen möglich. Ansonsten drohe ein weit härterer Shutdown
Mit den steigenden Fallzahlen in der Schweiz müsse man auch die Quarantäne-Massnahmen für Reisende anpassen. Mit der Verordnungsanpassung kommen nur noch Staaten und Gebiete auf die Quarantäneliste, deren Inzidenz um mehr als 60 höher ist als die Inzidenz der Schweiz, erklärt Innenminister Berset. Davon betroffen wäre beispielsweise Belgien.
Die Antigen-Schnelltests wurden ausführlich von Fachstellen des Bundes ausgewertet. Innenminister Berset erklärt, dass diese zur Ergänzung der aktuell verwendeten PCR-Tests ebenfalls verwendet werden. «Damit können wir unsere Testkapazität ausweiten.» Mit den Schnelltests werden 15'000 Tests mehr am Tag möglich sein. Diese können allerdings nicht von Laien durchgeführt werden, so Berset. Diese werden immer noch von medizinischem Fachpersonal durchgeführt.
In der Gastronomie gelten nun verschärfte Massnahmen. Unter anderem eine Sperrstunde ab 23 Uhr, eine Beschränkung der maximalen Anzahl an Gästen an einem Tisch. Berset weist nachdrücklich auf die Notwendigkeit des Contact Tracing hin. «Es gibt immer noch Lokale, welche die Kontaktdaten nicht erheben. Das geht ab jetzt auf keinen Fall mehr», so Berset. Das Contact Tracing müsse konsequent durchgeführt werden, um das Virus einzudämmen.
Innenminister Alain Berset ergreift das Wort. Er erklärt, dass sich die Farbe der Kampagne geändert hat. Sie wechselt von Orange auf Rot. «Wir müssen einschneidende Massnahmen ergreifen, um die Verbreitung des Virus zu verhindern.» Es wurde eine Strategie umgesetzt, die seit dem Frühling mit den Kantonen abgesprochen wurde.
Die bisherigen Massnahmen haben nicht gereicht, erklärt Berset. Deshalb werden neue verordnet. «Weder gesundheitlich noch wirtschaftlich möchten wir weitere Schäden haben. Deshalb müssen wir diese verschärften Massnahmen nun umsetzen», so Berset.
Die Rolle der Kantone ist klar. Wie Sommaruga erklärt, dürfen die Kantone die Bestimmungen nicht lockern, aber durchaus härtere Massnahmen ergreifen.
Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga eröffnet die Medienkonferenz. Die Massnahmen, die heute beschlossen wurden, gelten ab Mitternacht. «Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren.» Ein zweiter Lockdown soll verhindert werden. Wenn nun keine weiteren Massnahmen ergriffen werden, würde immenser Schaden entstehen, Fabriken würden schliessen und tausende Schweizer würden ihren Arbeitsplatz verlieren. «Die Schweiz wird die Krise meistern – und zwar gemeinsam.»
Folgende Massnahmen hat der Bundesrat beschlossen. Die Massnahmen gelten ab morgen. Diese werden sogleich an der Medienkonferenz weiter erläutert.
- Tanzlokale schliessen: Der Betrieb von Diskotheken und Tanzlokalen wird verboten. Diese bergen ein erhöhtes Risiko für die Verbreitung des Virus.
- Vier Personen pro Tisch: In Restaurants und Bars dürfen höchstens vier Personen an einem Tisch sitzen. Ausgenommen davon sind Familien mit Kindern.
- Sperrstunde: Ab 23 Uhr bis 6 Uhr gilt eine Sperrstunde für gastronomische Betriebe.
- Verbot für Veranstaltungen mit mehr als 50 Personen: Mehr als 50 Personen sind bei Veranstaltungen nicht zugelassen. Das betrifft sportliche, kulturelle und andere Veranstaltungen. Davon ausgenommen sind Parlaments- und Gemeindeversammlungen. Auch politische Demonstrationen sowie Unterschriftensammlungen für Referenden und Initiativen sind unter Schutzvorkehrungen gestattet. Private Veranstaltungen im Familien- und Freundeskreis werden auf maximal zehn Personen beschränkt.
- Keine sportlichen und kulturellen Freizeitaktivitäten mit mehr als 15 Personen: Sportliche und kulturelle Aktivitäten in Innenräumen sind gestattet, allerdings dürfen maximal 15 Personen teilnehmen. Zudem soll genügend Abstand eingehalten werden und es gilt eine Maskentragpflicht. Bei grosszügigen Raumverhältnissen kann allerdings von einer Maske abgesehen werden, etwa in Tennishallen oder grossen Sälen. Im Freien muss nur der Abstand eingehalten werden. Somit sind Kontaktsportarten verboten. Von diesen Regelungen sind Kinder unter 16 Jahren ausgenommen. Im professionellen Bereich von Sport und Kultur sind Trainings und Wettkämpfe, sowie Proben und Auftritte zulässig. Eine besondere Regelungen gilt für «Laien-Chöre»: Diese dürfen keine Anlässe abhalten, weil beim Singen besonders viele Tröpfchen ausgestossen werden. Professionellen Chören ist das Proben hingegen erlaubt.
- Verbot von Präsenzunterricht an Hochschulen: Ab Montag, dem 2. November, müssen Hochschulen auf Fernunterricht umstellen. Bei den obligatorischen Schulen und den Schulen der Sekundarstufe II bleibt der Präsenzunterricht erlaubt.
- Maskenpflicht wird ausgedehnt: Die Maskenpflicht wird verschärft. Neu muss auch in den Aussenbereichen von Einrichtungen und Betrieben eine Maske getragen werden. Dazu zählen Läden, Veranstaltungsorte, Restaurants, Bars und auch Wochen- sowie Weihnachtsmärkte. Die Maskenpflicht gilt auch in belebten Fussgängerbereichen und überall dort, wo der erforderliche Abstand im öffentlichen Raum nicht eingehalten werden kann.
- Maskenpflicht in den Schulen und an Arbeitsplätzen: Ab Sekundarstufe II, also etwa in Gymnasien und Berufsschulen, gilt neu eine Maskenpflicht. Ebenso gilt eine Maskenpflicht am Arbeitsplatz. Davon ausgenommen sind Einzelbüros.
Zudem beschliesst der Bundesrat die Einführung von Schnelltests. Die Antigen-Schnelltests können laut Verordnung des Bundesrats ab dem 2. November 2020 verwendet werden. Dies ermögliche eine breitere und schnellere Testung der Bevölkerung. Es können mehr positive Fälle in der Bevölkerung rasch nachgewiesen und isoliert werden. Die Schnelltests werden vom Bund vergütet, allerdings ausschliesslich für Personen, auf die die Empfehlungen des Bundesamts für Gesundheit (BAG) zutreffen.
Des Weiteren wird ein neuer Schwellenwert für Reisequarantänen definiert. Der Schwellenwert für Aufnahme von Staaten und Gebieten in die Quarantäneliste wurde angehoben. Mit der Verordnungsanpassung kommen nur noch Staaten und Gebiete auf die Quarantäneliste, deren Inzidenz um mehr als 60 höher ist als die Inzidenz der Schweiz. Zudem wird die Regelung für Geschäftsreisende angepasst. Die Regel, dass solche Reisen höchstens fünf Tage dauern dürfen, wird aufgehoben.
Um 16:15 Uhr ist es soweit: Der Bundesrat tritt vor die Medien und informiert darüber, welche Entscheide zur Bekämpfung der Coronakrise heute gefällt wurden.
Folgende Bundesräte sind anwesend:
Simonetta Sommaruga (SP), Bundespräsidentin
Alain Berset (SP), Innenminister
Guy Parmelin (SVP), Volkswirtschaftsminister