GC: Neuaufbau mit Schaffhauser Talenten
Der Schweizer Rekordmeister GC ist nur noch ein Scherbenhaufen. Jetzt beginnt die Phase des Neuaufbaus. Hoffnung verbreiten dabei einige Akteure mit Schaffhauser Stallgeruch.
Noch ist der Grasshopper Club Zürich rein rechnerisch nicht abgestiegen. Aber der gesunde Menschen- und Sportverstand lässt bei zwölf Punkten Rückstand auf den Barrage-Platz bei nur noch vier ausstehenden Spielen und einem miserablen Torverhältnis keine andere Erkenntnis zu: Nächste Saison kann sich die Challenge League auf einen prominenten «Gast» einstellen.
Nach dem kurzen Intermezzo des FC Zürich in der Saison 2016/17 kommt nun also der Rekordmeister runter. Schaffhausen, Winterthur und Co. können sich auf einen spannenden Gegner und gut besuchte Stadien freuen. Aber: GC-Präsident Stephan Rietiker will sofort wieder hoch. Die Geldgeber bleiben grösstenteils an Bord. Und mit den Beratern Bernhard Heusler und Georg Heitz haben die Hoppers immerhin fussballerische Kompetenz beim Neuaufbau an Bord geholt. Nach Jahren der Misswirtschaft, des Chaos und verfehlter Transferpolitik soll der Abstieg nun auch zum Ausmisten genutzt werden. «Wir hatten keine Konstanz drin, dafür immer viele Wechsel, ob bei Spielern oder auf der Trainerbank», spricht Petar Pusic über die Gründe des Misserfolgs. Und die Zahlen geben dem GC-Linksfuss, der noch immer in Schaffhausen wohnt, recht: Gleich 38 Spieler haben die Hoppers in dieser Saison eingesetzt. Eingespieltheit? Eine Stammformation? Notwendige Mechanismen? Unter diesen Voraussetzungen nicht möglich. Dabei gab Ex-Coach Thorsten Fink zu Saisonbeginn noch die Losung aus, dass man an den Europacup-Plätzen schnuppern wolle. Raus kam eine unsägliche Talfahrt, Fink ist längst nicht mehr da. Sein Nachfolger Tomislav Stipic wurde nach nur fünf Spielen auch schon wieder entlassen. Das (wichtige) Trainerruder besetzt nun immerhin ein erfahrener Aufstiegskenner: Uli Forte.
«Wir hatten keine Konstanz drin, dafür viele Wechsel, ob bei den Spielern oder auf der Trainerbank.»
Petar Pusic, GC-Spieler
Mit dem FC Zürich gelang dem 44-Jährigen der sofortige Wiederaufstieg. Sein Rezept: Eine erfahrene Achse aus gestandenen Spielern wie damals die Routiniers Alain Nef, Marco Schönbächler, Adrian Winter, Kay Voser oder Burim Kukeli sorgten für Stabilität. Um diese Akteure herum baute Forte junge, hungrige Talente ein, die mit voller Leidenschaft am Ball waren. Ein Paradebeispiel hierfür ist Kevin Rüegg, der als Junior unter Forte im Fanionteam debütierte und aktuell mit nur 20 Jahren der jüngste Captain der Super League ist. «Forte schafft es, dich stark zu reden. Ich habe unter ihm viel gelernt», sagt der Defensivspezialist.
Chance für Schaffhauser
Mit den Hoppers will – und muss – Forte einen ähnlichen Weg gehen, will er das Stahlbad Challenge League erfolgreich bewältigen. Dabei kann er anders als beim FCZ, als die Familie Canepa das Budget auf Super-League-Niveau hielt, beim Rekordmeister nicht klotzen. Jeder Transfer muss sitzen, dazu soll das Kader kräftig ausgemistet werden. Heisst: Daraus ergeben sich Chancen für junge Spieler. Spannend hierbei, dass es bei GC einige Hoffnungsträger mit Schaffhauser Stallgeruch gibt, die den dahinsiechenden Nobelklub wieder nach oben führen sollen – auch in den Duellen mit dem FC Schaffhausen, sofern die Munotstädter im zweiten Anlauf die Lizenz erhalten. Die Schaffhauser Hoffnungsträger:
Petar Pusic (20): Das Ausnahmetalent hat inzwischen schon fast 50 Spiele in der Super League auf dem Buckel. Doch diese Saison war eine Berg-und-Tal-Fahrt. Zwischenzeitlich war der Linksfuss mal komplett raus und musste auch in der U21 aushelfen. Dann, nach den Trainerwechseln, war der 20-Jährige plötzlich wieder Stammspieler. Um im letzten Spiel gegen St. Gallen wieder ganz aus dem Kader raussortiert zu werden. Ob Pusic kommende Runde wirklich Challenge League spielen wird? «Mein Ziel ist der FC Barcelona», sagt der Techniker selbstbewusst. «Natürlich kann da jeder drüber lachen. Aber man muss sich hohe Ziele setzen, sonst kommt man nicht voran.» Das Interesse von Super-League-Clubs am U-Nationalspieler ist da. Der Vertrag des Mittelfeldspielers läuft aber noch bis 2022.
Amir Saipi (18): Der 1,92-m-Hüne gilt als Riesentalent im Tor. Sollte GC-Stammkeeper Heinz Lindner gehen, hoffen die Verantwortlichen auf den Youngster. Doch: Noch gehört er nicht den Zürchern, sondern dem FC Schaffhausen. Am Talent sind neben GC auch schon einige Bundesligisten interessiert, im Sommer könnte ein Wechsel anstehen – dann mit einem möglichen Transfererlös für den FCS.
Mergim Bajrami (18): Der Mittelfeldspieler durfte diese Saison bereits zweimal bei den Profis mitschnuppern. Im Derby gegen den FCZ spielte der 18-Jährige von Beginn weg. Seine ersten Fussball-Lektionen erlernte Bajrami beim FC Diessenhofen. Über die Junioren des FCS folgte im Winter 2011 der Wechsel in den GC-Campus. Wird er der neue Rüegg im «System Forte»?
Elias Mesonero (18): Der gebürtige Schaffhauser gilt als kommender Innenverteidiger bei den GC-Profis. In der U18 ist Mesonero bereits Führungsspieler und Captain, dazu durchlief er alle Schweizer U-Nationalmannschaften und fungierte auch dort mehrmals als Spielführer. Mesonero ist robust, technisch gut und selbstbewusst. An der Seite eines erfahrenen Abwehrspielers könnte das Defensivtalent direkt ins kalte Wasser geworfen werden. Bei Testspielen mit den Profis, unter anderem schon gegen Schaffhausen, deutete Mesonero sein Können an.
Randy Schneider (17): 20 Spiele in der U18-Eliteliga für GC, zehn Tore. Die Bilanz des Mittelfeldspielers aus Beringen ist stark. Und während einer Verletzungspause von Elias Mesonero blieb die Spielführerbinde in «Schaffhauser Hand», übernahm doch der 17-Jährige das Amt des Captains. Schneider ist technisch stark und kann in der Offensive für das Überraschungsmoment sorgen. Noch muss er an der Robustheit arbeiten, um bei den Profis wirklich eine Chance zu haben. Doch wissen die Verantwortlichen bei den Hoppers um die Qualitäten von Schneider, der bereits seit Juli 2014 bei den Hoppers spielt. Seine ersten Fussballerfahrungen sammelte der Techniker aber beim FC Beringen. Über die Junioren des FCS ging es dann zu den Hoppers.
Der letzte Strohhalm für Neu-Präsident Stephan Rietiker war die Verpflichtung von Uli Forte Anfang April. Der 44-Jährige ist bekannt für seine Motivationskünste. Doch ist die Schieflage der Hoppers zu extrem, in den vier Spielen unter Forte setzte es keinen Sieg ab, nur drei Remis konnte GC einfahren. Zu wenig, um wirklich noch realistische Chancen auf den Klassenerhalt zu haben. So wird aus dem «Retter Forte» nun der «Hoffnungsträger Forte» auf die schnelle Rückkehr. Ein schwieriges Unterfangen, das wissen bei den Hoppers inzwischen alle – auch die Spieler mit Schaffhauser Stallgeruch, die nun für den Wiederaufbau gebraucht werden.