Messdaten sollen helfen, das Ökosystem des Bodensees besser zu verstehen

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Roman Schawalder zeigt eine Wasserprobe aus zehn Metern Tiefe. Das Wasser ist trüb und mit zahlreichen Kleinstlebewesen versetzt. Bild: Manuela Olgiati

Im Rahmen einer Exkursion mit dem Boot informierten Experten vom Thurgauer Amt für Umwelt am Mittwoch über Wasserproben und Messungen im Bodensee, um den Klimawandel zu verstehen. Eine neue Messboje im Untersee gibt Aufschluss über die Wasserqualität, die auch künftig auf verschiedene Weise beeinflusst wird.

Klimawandel und Quaggamuscheln im Bodensee beeinflussen verschiedene Prozesse. Um diese Entwicklung zu verstehen, betreibt das Amt für Umwelt (AfU) seit diesem Frühling eine vollautomatische Messboje im Untersee, rund 500 Meter vom Seeufer zwischen Steckborn und Gaienhofen auf der deutschen Seite entfernt. Untersuchungen in dem Gewässer sind nicht neu. Diese neue Methode ergänzt jedoch die Ergebnisse, die das AfU zusammen mit der Internationalen Gewässerschutzkommission für den Bodensee (IGKB) bereits seit mehr als 50 Jahren durchführt.

Eine Überwachung der Wasserqualität ist wichtig, schliesslich liefert der Bodensee Trinkwasser für mehr als fünf Millionen Menschen. Die Tourismusregion beherbergt eine Vielfalt an Pflanzen und Tieren. Der Bodensee ist aber auch bedeutsam als Energiequelle. Rund um den See gibt es verschiedene Initiativen für eine thermische Nutzung.

In Einklang bringen

Das Thurgauer Amt für Umwelt setzt sich für den Schutz des Gewässers mit all den Nutzungsinteressen ein. AfU-Chef Martin Eugster sagte am Dienstag vor den Medien im See & Park Hotel Feldbach Steckborn: «Um die Lebensgrundlage des Sees nachhaltig zu schützen, müssen wir seine Funktionsweise besser verstehen.» Der Thurgau ist im Rahmen der IGKB zuständig, die Veränderungen am Untersee zu beobachten. Monatlich werden die chemischen Inhaltsstoffe des Sees dokumentiert. So lässt sich gemäss Eugster nachzeichnen, dass der Phosphorgehalt nach einer Hochphase um 1975 wieder zurückgegangen ist und heute im natürlichen Bereich liegt.

Die Messboje ist an der tiefsten Stelle am Untersee zwischen Steckborn und Gaienhofen befestigt. Bild: Manuela Olgiati

Auf dem AfU-Hausboot «Hans» fahren die Medienvertreter später an diesem Morgen zur Messboje an der tiefsten Stelle mit rund 43 Metern. Roman Schawalder, Kapitän des Bootes und Verantwortlicher für stehende Gewässer von der Abteilung Gewässerqualität und -nutzung beim Amt für Umwelt, demonstriert mit Schöpfer und Wasserflasche eine Wasserprobe. Er sagt: «Regelmässig entnehmen wir Proben aus verschiedenen Tiefen.»

Auch die Farbe des Sees sagt viel über die Qualität aus. Im Sommer durch die Blaualgen hat der See eine andere Farbe als im Winter. Gleichzeitig zur autarken Messboje arbeitet der Mitarbeiter des AfU zum Vergleichen auch manuell mit Sonde und Sensoren. Schawalder zeigt am Beispiel mit Planktonnetz, wie häufig schädliche Kleinwesen im Wasser schwimmen. Im Reagenzglas zappeln bereits winzig kleine Zooplanktone.

Sorgen bereiten invasive Arten

Die Herausforderung ist gemäss AfU-Experten nicht kleiner als vor 50 Jahren. Sie betreffen das wärmere Wasser und den schlechteren Sauerstoffgehalt als Folge des Klimawandels. Sorgen bereiten den Experten der Rückgang der Felchen und die exponentielle Ausbreitung der Quaggamuschel. Gemäss Heinz Ehmann, dem stellvertretenden AfU-Chef sowie Leiter Abteilung Gewässerqualität und -nutzung, sei es ungewiss, welches Ausmass diese Muschelart weiter nehme: «Erst im Jahr 2016 entdeckt, verursacht die Quaggamuschel zahlreiche Probleme.» Bereits 2023 hat die IGKB ihr Untersuchungsprogramm angepasst. Nebst chemischen Messungen wird den biologischen Untersuchungen mehr Gewicht eingeräumt. Diese umfassen Makrophyten wie Wasserpflanzen, Fische, Zoo- und Phytoplankton oder Neobiota.

«Mit der Messboje erhoffen wir uns ein noch genaueres Bild davon, wie sich der See entwickelt.»

Robert Holzschuh, Fachstelle Hydrometrie,

Genau hier stellt die neue Messboje das Schlüsselerlebnis für Untersuchungen dar. Die Boje schickt jede Stunde einen Sensor Richtung Seegrund, um verschiedene Parameter zu messen. Ehmann erklärte, dass Datensammeln wichtig sei. «Mit der Messboje erhoffen wir uns ein noch genaueres Bild davon, wie sich der See entwickelt», sagt auch Robert Holzschuh von der Fachstelle Hydrometrie. Die Boje übermittelt Messdaten regelmässig an seine Fachstelle.

Die Wassertemperatur wird der Bevölkerung regelmässig zugänglich gemacht. Basisdaten helfen, die biologischen Prozesse einzuordnen. Der Sauerstoffgehalt ist in heissen Sommern bereits ab einer Wassertiefe von 17,5 Metern ungenügend. Für Ehmann hat die Messboje eine grosse Bedeutung: «Wir erhoffen uns mehr Erkenntnisse über ökologische Veränderungen.» Eine vollautomatische Messboje könnte in Zukunft noch wichtiger werden.

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