Deutsche Skandal-Rapper treten in der BBC-Arena auf
Die Organisatoren des Albanian Festivals in Schaffhausen holen zwei umstrittene Musiker in die BBC-Arena: Gegen Farid Bang und Kollegah wurden in Deutschland Antisemitismus-Vorwürfe laut.
Diese Ansage ist deutlich. «Mein Körper definierter als von Auschwitz-Insassen», rappen die Musiker Farid Bang und Kollegah in ihrem Song «0815». Und in «Drecksjob» heisst es: «Nach einem Schlag denkst du, dich hätt ein Lkw überfahrn. Als wärst du aufm Weihnachtsmarkt.» Die beiden gehören zu den erfolgreichsten Rappern in Deutschland, sind für den Musikpreis Echo nominiert, der Mitte April verliehen wird, und sie treten am 5. Mai am Albanian Festival in der BBC-Arena in Schaffhausen auf. Dort sind sie die Zugpferde des Anlasses. In deutschen Medien ist eine Debatte über das umstrittene Rap-Duo im Gang, sie werden mit Antisemitismus-Vorwürfen konfrontiert, der Ethik-Beirat des «Echo» untersucht die Textpassagen.
Und in Schaffhausen? Organisator Blerim Memisi sagt, er sei überrascht, wie gross die Aufregung über die Rapper in Deutschland sei. In der Schweiz seien sie auch schon aufgetreten, daran gestört habe sich niemand. Der Vertrag sei bereits Anfang Jahr abgeschlossen worden; da sei alles noch ruhig gewesen. «Die Textinhalte haben nichts mit unserem Festival zu tun, und sie repräsentieren nicht, was wir denken», sagt Memisi. Er freue sich auf ein schönes Wochenende. «Alles, was wir wollten, war, zwei erfolgreiche Rapper in die Schweiz zu bringen. Das haben wir geschafft.»
«Nicht rechtsradikal»
Die Schaffhauser Polizei weiss vom Auftritt der beiden Rapper, beobachtet die Situation und ist diesbezüglich im Austausch mit der Stadt Schaffhausen. Mögliche Verstösse, etwa gegen die Rassismusstrafnorm, prüfe die Polizei jeweils selbst, oder sie arbeite mit dem Bund zusammen, sagt Mediensprecher Patrick Caprez. Momentan gebe es keinen Anlass, das Konzert zu verbieten. «Gemäss unseren Informationen liegt nichts Strafrechtliches gegen die Rapper vor, und ihr Auftritt ist zugelassen.»
Vermieter der BBC-Arena ist die Gemeinnützige Stiftung NHTLZ (Nationales Handball-Trainings- und Leistungszentrum Schaffhausen). Betriebsleiter David Graubner sagt, man habe Kenntnis vom Auftritt der beiden Rapper. Aktuell sieht Graubner keinen Grund einzuschreiten. «Wir behalten die Situation im Auge und warten die Entwicklungen in Deutschland ab», sagt er und spricht damit die Prüfung der Songtexte durch den Ethik-Beirat des Musikpreises Echo an. Ob ein allfälliger Ausschluss der Rapper vom Musikpreis Auswirkungen auf den Auftritt in Schaffhausen hätte, lässt Graubner offen.
Dieses Musikvideo zeigt Impressionen der Tour der beiden Rapper.
Die Stiftung stelle grundsätzlich gewisse Bedingungen an Personen oder Organisationen, welche die Arena mieten wollten. Die Bedingungen würden sich an den Statuten der Stiftung orientieren: «Wir sind politisch und konfessionell neutral und tolerieren nichts, was rechtsradikal wäre oder nicht dem Stiftungszweck entspricht», sagt Graubner. Als rechtsradikal stuft er das Gedankengut von Kollegah und Farid Bang nicht ein. «Natürlich sind gewisse Textstellen der beiden sehr fragwürdig», sagt er. «Aber sie sind in den Charts und dürfen frei auftreten.» Und: «Ohne Provokationen geht es heutzutage im Rap-Business fast nicht mehr.»
Grundsätzlich liege die Verantwortung für den Inhalt eines Anlasses bei den Veranstaltern und nicht bei den Vermietern. «Wir sind mit ihnen in Kontakt.» Auf das, was an der Veranstaltung selbst passiere, habe er als Betriebsleiter keinen Einfluss. «Wenn schon, ist das Sache der Polizei.»
Befürchtungen, dass sich der Auftritt der Rapper negativ auf das Image der BBC-Arena auswirkt, hat Graubner nicht. «Man wird uns kaum damit in Verbindung bringen. Schliesslich ist der Veranstalter verantwortlich für den Inhalt des Anlasses und nicht der Vermieter.»
Von anti-semitischen Inhalten wollen die Rapper nichts wissen.
Gar kein Verständnis für den Auftritt der Skandal-Rapper hat Patrick Portmann. Er ist Vizepräsident der SP Stadt Schaffhausen, Kantonsrat und als Rapper unter dem Namen Sympaddyc bekannt. Die genannten Textinhalte als Provokation zu legitimieren, greift für ihn zu kurz. «Rap soll anecken und zum Nachdenken anregen. Aber diese Texte sind oft frauenfeindlich, rassistisch und homophob und darum problematisch», sagt er. «Es heisst immer, man soll Kunst spielen lassen. Aber man muss sich fragen, was noch Kunst ist. Ich finde es ernüchternd, dass solche Texte im Jahr 2018 noch möglich sind.» Dem vorwiegend jugendlichen Zielpublikum sei das nicht bewusst, sagt Portmann, der seit rund sechs Jahren Rap-Workshops an Schulen durchführt. Den Jugendlichen gefalle das Brachiale. Oft sei der Text aber Nebensache: «Die Jugendlichen konzentrieren sich mehr auf die Melodie und den Beat.» Wenn er sie mit problematischen Textinhalten konfrontiere, reagierten sie erstaunt: «Die meisten glauben, dass der Inhalt eines Songs nicht so hart gemeint sei. Das spricht aber gegen die Rap-Subkultur, in der die Texte durchaus ein wichtiges Element sind.» In Schaffhausen und generell in der Ostschweiz werde viel deutscher Rap gehört, Farid Bang und Kollegah seien sehr beliebt. «Das sind ausgerechnet die mit den schlimmsten Texten.» Wer nur solchen Rap höre, stumpfe mit der Zeit ab.
«Weit von Rassismus entfernt»
Von antisemitischen Inhalten wollen die zwei Rapper übrigens nichts wissen. Auf seiner Facebook-Seite entschuldigt sich Farid Bang bei einer Auschwitz-Überlebenden und schreibt: «Es lag nicht in meiner Absicht, Sie zu kränken. Sehen Sie mir meine Unreflektiertheit nach.» Weniger sanft zeigt sich Kollegah. In einem Beitrag auf Youtube sagt er, die Hip-Hop-Kultur sei «so weit von Rassismus entfernt wie keine andere Kultur auf der Welt». Gleichzeitig ärgert er sich über die Berichterstattung der «Mainstream-Medien» und fordert: «Eigentlich muss jeder Künstler da draussen sich mit uns solidarisieren!»