Herzlich ist der Rock von Züri West

Alfred Wüger | 
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Manuel Häfliger, Gert Stäuble, Kuno Lauener und Küse Fehlmann von Züri West brachten ihr neues Album «Love» auf dem Herrenacker zum Glühen. Bild: Jeannette Vogel

Als kompakte Rockband präsentierten sich Züri West ­gestern Abend auf dem ­Herrenacker. Die Texte gingen dabei im Soundmeer unter.

Züri West, die Schweizer Kultband um den charismatischen Sänger und Prosapoeten Kuno Lauener, kamen mit einem neuen Album – «Love» heisst es – im Gepäck in die Munotstadt, wo sie vor ungefähr 30 Jahren zum ersten Mal in einer kleinen Bar gespielt haben. Und voller Love wurden die Musiker begrüsst. Kaum war Manuel Häfliger von einem Crew-Mitglied die hellblaue Telecaster umgehängt worden, rief das Publikum schon «Kuno, Kuno!», und dann ging’s los: rockig, satt und fett war der Sound – und überzeugte.

Die ersten Songs – oder sind es Lieder? – kamen vom neuen Album, darunter «Si isch gange ohni z gah», ein toller Rocker, der dem Publikum sofort in die Beine fuhr. Mit ebenso starkem Groove wartete «Semiramis» auf. Darin geht es um eine Katze, die Vögel und Mäuse ins Haus bringt, und auf der Leinwand im Hintergrund der Bühne war derweil eine Löwenfamilie in der afrikanischen Savanne zu sehen.

In die Sechzigerjahre zurück blendete dann das Stück «Sunntigmittag i de Sächzgerjoor». Die Szene, die hier heraufbeschworen wird, ist ein Mittagstisch, wo während und nach dem Essen erzählt und geredet wird und der Junge, der mit am Tisch sitzt, sagen muss, was er einmal werden will.

Dass an dieser Stelle so gut auf die Texte eingegangen werden kann, verdankt sich dem Nachhören der Aufnahmen, denn live waren 99,9 Prozent der Texte völlig unverständlich. Nur Fetzen und einzelne Silben drangen durch. Das Schwergewicht von Züri West an diesem Abend lag ganz eindeutig auf dem Rhythmus und dem Klang. Das war alles sehr homogen und fuhr ins Publikum wie ein langer, schwerer Güterzug. Und das machte Spass. Vor der Bühne wurde getanzt, und irgendwoher hatten Ballone den Weg zu den Leuten gefunden, die nun diese Ballone über den Köpfen tanzen liessen.

Von Mani Matter zu Bob Dylan

Die Gitarren spielten melodiöse Soli, und wenn Kuno Lauener selbst auch in die Saiten griff, wurde alles noch einmal eine Spur würziger. Wolfgang Zwieauer am Bass – allen, die schon am Schaffhauser Jazzfestival waren, in bester Erinnerung – legte einen soliden Boden

Bei «Johnny und Mary» kam zum ersten Mal eine akustische Gitarre zum Einsatz, und dann erwies die Band dem unvergesslichen Mani Matter die Ehre mit einer fetzig-witzigen Version vom «Alpeflug», der zwischendurch plötzlich in «Ghostriders in the Sky» überging.

Die Leserin, der Leser wird es ahnen: Das Set ging zu Ende, ohne das der Smash-Hit «Ich schänke dir mis Härz» erklungen wäre. Dieser Klassiker kam als dritte Zugabe, gefolgt von «Ich ha di gärn gha». Noch einmal wurde die Band auf die Bühne zurückgeklatscht und verabschiedete sich dann endgültig mit «Mir wei nid grüble (es isch scho rächt)», einer Mundartversion von Bob Dylans «Don’t Think Twice, It’s Allright».

Im Gegensatz zu Bob Dylan bedient sich Kuno Lauener in seinen Texten einer Sprache, die ganz nah am Alltag und fast schon Prosa und daher manchmal auch recht holperig ist. Das macht den Charme seiner Darbietung aus, und man fühlt mit ihm und wiegt sich zum Rhythmus der Musik und merkt: «Mängisch find s Glück aim.»

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