Innovativer Kinderteller kommt ins Rollen
Vom heimischen Küchentisch in Diessenhofen nach ganz Europa: Der Kinderteller Ploup von Esther Blaser nimmt Fahrt auf. Die Unternehmerin erobert nach dem Schweizer Markt nun auch die EU mit ihrer Erfindung, die aus der Not heraus geboren war.
Esther Blaser ist eine bemerkenswerte Frau mit einem interessanten Werdegang. Gerade hat sie eine Brustkrebserkrankung überstanden und will jetzt mit ihrem innovativen Kinderteller durchstarten. An der vergangenen Schaffhauser Herbstmesse stellte sie ihr Produkt noch mit einem Kopftuch vor und machte keinen Hehl daraus, dass sie an Krebs erkrankt war und eine Chemotherapie bekam. Diese war Anfang Oktober zu Ende. Nach der Herbstmesse folgten noch die Operation und die Bestrahlung, mittlerweile ist die Therapie abgeschlossen.
Gezeichnet von der Krankheit und geschwächt von der mehrmonatigen Behandlung liess sie es sich dennoch nicht nehmen, selbst am Messestand zu stehen und ihren «Ploup»-Kinderteller zu präsentieren. «Er muss einfach bekannter werden», sagt sie, überzeugt vom hohen Nutzen ihrer Erfindung.
Hilfreiche Kerben
Die Wahl-Diessenhoferin ist krebsfrei und es geht ihr gut. Jetzt setzt sie alles daran, den Kinderteller zum wirtschaftlichen Erfolg zu führen. Es handelt sich dabei um einen Kunststoffteller, der es mithilfe zweier sogenannter «Löffelkerben» ermöglicht, das Essen im Teller einfacher auf den Löffel zu bekommen. «Insbesondere wenn man ein Baby auf dem Arm hält und nur eine Hand frei hat, gelingt dies mit Ploup erfolgreich», sagt Blaser. Auch vor allem Kleinkindern oder Menschen mit motorischen Beeinträchtigungen, wie zum Beispiel Schlaganfallpatienten, helfe die spezielle Anordnung beim Essen. Der Teller ist mittels Bajonettverschluss auf einer stabilen Unterlagsplatte fixiert und könne dadurch nicht wegrutschen oder kippen. Der Teller hat zwei Anordnungen und ist gleichermassen anwendbar für Rechts- und für Linkshänder.
Auf die Idee zu diesem Produkt kam Esther Blaser durch ihre Tochter Andrina, die vor dreieinhalb Jahren auf die Welt kam. «Als ich anfing, sie mit sechs Monaten zu füttern, hatte ich ständig Mühe, den Brei auf den Löffel zu bekommen», erinnert sie sich. Dasselbe Problem hätten auch alle Kleinkinder, die beginnen, mit dem Löffel zu essen: «Entweder schieben sie das Essen über den Teller hinaus oder sie packen das Essen mit der anderen Hand auf den Löffel.» Des Weiteren könne es passieren, dass das Kind mit dem Unterarm auf den Tellerrand drückt, dadurch den Teller kippt und den ganzen Inhalt ausleert.
Mit Knetmasse geformt
Esther Blaser wollte sich deshalb einen Teller kaufen, der irgendeine Hilfestellung bietet, um diese Probleme zu lösen, konnte aber nichts Derartiges im Handel finden. Doch anstatt sich einfach damit abzufinden, modellierte sie mit Knetmasse die Formen auf einem Kinderteller und schickte Anfang 2019 Fotos per E-Mail an eine Firma in Lüdenscheid in Deutschland, die ihr einen Prototyp herstellte. «Nach einigen Monaten Entwicklung und vier Prototypen war die Form perfekt», sagt Blaser und ergänzt: «Ploup war fertig für den Markteintritt.» Da es diese Tellerform mit dieser Funktionalität auf dem Markt noch nicht gab, meldete Esther Blaser ihren Teller zum Europäischen Patent an. Ebenso erstellte sie einen Webshop und erledigte mit der Gründung einer GmbH auch den administrativen Teil.
Mit der ersten Produktionsserie, vorerst im heimischen Keller eingelagert, wurden die ersten Kunden im eigenen Umfeld gefunden, die nach Angaben Blasers von der Idee und der Umsetzung begeistert waren. Es folgten Weiterempfehlungen und Mund-zu-Mund Werbung. Neuigkeiten und Verkaufsaktionen werden via Newsletter versendet und auf Facebook erfolgen fortlaufend Posts von Rezeptideen, Neuigkeiten über die Geschäftsentwicklung und vieles mehr. Mittlerweile sind sieben Fachhändler gelistet, die Ploup im Sortiment haben. «Die Feedbacks an der Schaffhauser Herbstmesse waren grandios. Neu wird Ploup nun auch in der EU vertrieben», freut sich die Unternehmerin.
Mit ihrer Firma wird Esther Blaser vom Startnetzwerk Thurgau unterstützt. Sie hat sich für den Start-up-Award 2022 beworben und ist von 20 Bewerbungen unter den drei Finalisten. «Das Produkt hat noch viel Gestaltungspotenzial», so Blaser. Während Gravuren, etwa Namen mit Geburtsdaten, schon jetzt möglich sind, denkt sie auch über weitere Personalisierungen wie Fotos oder andere Farben nach: «Doch das sind noch Zukunftsvisionen.»
Sicherheit als zweites Standbein
Um sich auf das Geschäft mit dem Kinderteller zu konzentrieren, hat Esther Blaser im August 2020 ihren Teilzeit-Job als Verwaltungsangestellte beim Veterinäramt Schaffhausen aufgegeben, den sie mehr als 17 Jahre ausgeübt hatte. Davor war sie von 1996 bis 2002 bei der Schaffhauser Polizei im Bereitschaftsdienst an der Front im Einsatz, nachdem sie 1995/96 die Polizeischule absolviert hatte. Diese Ausbildung half ihr, 2011 eine private Sicherheitsfirma zu gründen, die seitdem ihr zweites finanzielles Standbein ist.
Neben den Familien- und Mutteraufgaben und den zwei Firmen sind ihre grosse Hobby-Leidenschaft die Pferde. Im Kindesalter begann sie mit Reitunterricht, was im freiberuflichen Reitlehrer- und Beritt- Nebenjob endete. Diese Tätigkeit hat sie mittlerweile aus Zeitmangel eingestellt. Zwei eigene Araber-Berberpferde und ein Pensionspferd hält Esther Blaser an ihrem Wohnort in Diessenhofen direkt am Haus. So oft es die Zeit zulässt, geniesst sie Ausritte im schönen weitläufigen und pferdefreundlichen Gelände.