«Bin perplex» – jetzt übt Sarco-Erfinder Nitschke deutliche Kritik an der Schaffhauser Staatsanwaltschaft
Der Freitodaktivist Philip Nitschke äussert sich erstmals zu den Vorwürfen, die im Zusammenhang mit dem Sarco-Einsatz in Merishausen im Raum stehen. Vom Vorgehen der Schaffhauser Justizbehörden zeigt sich der Australier schockiert.
Die tödliche Weltpremiere, die sich Ende September in Merishausen ereignet hatte, löste ein noch nie da gewesenes Strafverfahren aus: Erstmals hat sich eine Frau mit der Suizidkapsel Sarco das Leben genommen. Nach wie vor sitzt Florian Willet, einer der führenden Köpfe hinter der Todesmaschine, in Schaffhausen in Untersuchungshaft.
Nun spricht der Sarco-Erfinder Philip Nitschke erstmals über das Vorgehen der Schaffhauser Justiz. «Ich bin perplex und zutiefst beunruhigt über das, was hier passiert», sagt er gegenüber der «Neuen Zürcher Zeitung». Der Freitodaktivist sei überzeugt, dass der Sarco-Einsatz «in völligem Einklang mit dem Schweizer Gesetz» sei.
Dass die Staatsanwaltschaft nun wegen Verdacht auf vorsätzliche Tötung ermittle, habe ihn schockiert. Nitschke streitet ab, dass es Würgespuren am Hals der verstorbenen US-Amerikanerin gegeben habe. «Das soll sich angeblich aus einer Telefonnotiz zum Zeitpunkt der Autopsie ergeben. Ein Autopsiebericht liegt jedoch bis heute nicht vor.» Warum dieser nach so langer Zeit noch nicht zur Verfügung stehe, könne Nitschke nicht verstehen.
«Wir wollen eine klare Entscheidung der Justiz, bevor wir Sarco Nummer zwei in die Schweiz bringen.»
Nitschke, der den Tod aus der Ferne per Liveübertragung verfolgt hat, beteuert, dass alles wie geplant abgelaufen sei. Zuvor sei er selbst in Merishausen gewesen und habe die Maschine installiert. Seine Abwesenheit am Tag der Premiere begründet er mit einem Vortrag, den er in Budapest habe halten müssen.
Warten auf den zweiten Sarco-Einsatz
Ein weiterer Vorwurf, Nitschke böte den Sarco aus selbstsüchtigen Motiven an, weist der 77-jährige Australier ebenfalls von sich: «Ich bin Aktivist und will, dass die Welt ein besserer Ort wird.» Hinter dem Sarco stecke kein Geschäftsmodell, beteuert er. Die Weiterentwicklung des Sarco, die bislang fast 1 Million Dollar gekostet habe, werde von Spenden finanziert.
Für Nitschke ist klar: Er möchte weitere Sarco-Einsätze realisieren. Allerdings warte er noch zu: «Wir wollen eine klare Entscheidung der Justiz, bevor wir Sarco Nummer zwei, der derzeit produziert wird, in die Schweiz bringen.»