«Bin perplex» – jetzt übt Sarco-Erfinder Nitschke deutliche Kritik an der Schaffhauser Staatsanwaltschaft

Fabian Babic | 
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Anders als viele Organisationen, die sich für Sterbehilfe bei Schwerstkranken einsetzen, glaubt Philip Nitschke, dass jeder zurechnungsfähige Mensch ungeachtet seines Gesundheitszustands das Recht auf Selbsttötung hat. Bild: Key

Der Freitodaktivist Philip Nitschke äussert sich erstmals zu den Vorwürfen, die im Zusammenhang mit dem Sarco-Einsatz in Merishausen im Raum stehen. Vom Vorgehen der Schaffhauser Justizbehörden zeigt sich der Australier schockiert.

Die tödliche Weltpremiere, die sich Ende September in Merishausen ereignet hatte, löste ein noch nie da gewesenes Strafverfahren aus: Erstmals hat sich eine Frau mit der Suizidkapsel Sarco das Leben genommen. Nach wie vor sitzt Florian Willet, einer der führenden Köpfe hinter der Todesmaschine, in Schaffhausen in Untersuchungshaft.

Nun spricht der Sarco-Erfinder Philip Nitschke erstmals über das Vorgehen der Schaffhauser Justiz. «Ich bin perplex und zutiefst beunruhigt über das, was hier passiert», sagt er gegenüber der «Neuen Zürcher Zeitung». Der Freitodaktivist sei überzeugt, dass der Sarco-Einsatz «in völligem Einklang mit dem Schweizer Gesetz» sei.

Dass die Staatsanwaltschaft nun wegen Verdacht auf vorsätzliche Tötung ermittle, habe ihn schockiert. Nitschke streitet ab, dass es Würgespuren am Hals der verstorbenen US-Amerikanerin gegeben habe. «Das soll sich angeblich aus einer Telefonnotiz zum Zeitpunkt der Autopsie ergeben. Ein Autopsiebericht liegt jedoch bis heute nicht vor.» Warum dieser nach so langer Zeit noch nicht zur Verfügung stehe, könne Nitschke nicht verstehen.

«Wir wollen eine klare Entscheidung der Justiz, bevor wir Sarco Nummer zwei in die Schweiz bringen.»

Philip Nitschke, Freitodaktivist

Nitschke, der den Tod aus der Ferne per Liveübertragung verfolgt hat, beteuert, dass alles wie geplant abgelaufen sei. Zuvor sei er selbst in Merishausen gewesen und habe die Maschine installiert. Seine Abwesenheit am Tag der Premiere begründet er mit einem Vortrag, den er in Budapest habe halten müssen.

Warten auf den zweiten Sarco-Einsatz

Ein weiterer Vorwurf, Nitschke böte den Sarco aus selbstsüchtigen Motiven an, weist der 77-jährige Australier ebenfalls von sich: «Ich bin Aktivist und will, dass die Welt ein besserer Ort wird.» Hinter dem Sarco stecke kein Geschäftsmodell, beteuert er. Die Weiterentwicklung des Sarco, die bislang fast 1 Million Dollar gekostet habe, werde von Spenden finanziert.

Für Nitschke ist klar: Er möchte weitere Sarco-Einsätze realisieren. Allerdings warte er noch zu: «Wir wollen eine klare Entscheidung der Justiz, bevor wir Sarco Nummer zwei, der derzeit produziert wird, in die Schweiz bringen.»

Suchen Sie Hilfe?

Wer Suizidgedanken hat oder einer Person mit Suizidgedanken helfen will, findet rund um die Uhr Unterstützung bei diversen Organisationen. 

  • 147 : Beratungstelefon für Kinder und Jugendliche bis 25 Jahre 24 Stunden, gratis, anonym (der Anruf erscheint nicht auf der Telefonrechnung)
  • 143 : Die Dargebotene Hand (für Erwachsene). 24 Stunden, 20 Rappen pro Anruf vom Festnetz, 70 Rappen pro Anruf aus Telefonkabine, anonym
  • 0848 800858 : Pro Mente Sana - Beratungstelefon (Normaltarif) Mo, Di, Do 9-12, Do 14-17 Uhr, Beratung für psychisch kranke Menschen und ihre Angehörigen, auf Wunsch anonym
  • 0848 35 45 55 : Elternnotruf - Hilfe für überforderte Eltern (24h)

Zudem können Sie unter dieser Adresse nach Psychologen in Ihrer Nähe suchen. Hier finden Sie eine Vermittlung von Therapieplätzen.

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