«Maximale Transparenz wäre im Interesse der muslimischen Organisationen»

Dario Muffler | 
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Die Visualisierung zeigt, wie die neue Moschee am Schalterweg einst aussehen soll. Visualisierung: ZVG

Die Baufreigabe für den Neubau der Moschee in Schaffhausen ist erteilt. Während der Türkisch-Islamische Verein die Ängste der Bevölkerung nicht versteht, rät ein Islamexperte zu Transparenz.

Noch kann die neue Moschee in Schaffhausen nicht gebaut werden. «Wir haben nicht genug Geld, um bei der Bank einen Kredit aufzunehmen», sagt Ibrahim Erdogan, der Präsident der türkischen Aksa-Moschee in Schaffhausen. «Wir sammeln noch.» Der Neubau soll zwischen 1,5 und 1,7 Millionen Franken kosten. Wie viel Geld bereits zusammen ist, könne er zurzeit nicht sagen. Der Türkisch-islamische Kulturverein Aksa-Moschee befinde sich zurzeit im Gespräch mit einer Bank. Er betont aber, dass das Geld für die Moschee von Mitgliedern aus der Region komme und nicht aus dem Ausland. Je nachdem, wie gut der Verein mit Sammeln von Spenden vorankomme, solle im Juli mit dem Abriss des alten und dem Aufbau des neuen Gebäudes begonnen werden. Nach der Baubewilligung wurde inzwischen auch die Baufreigabe erteilt, wie die Baupolizei bestätigt.

Bei der Moschee am Schalterweg handelt es sich um einen Neubau an derselben Stelle, an der sich in einem Einfamilienhaus seit 40 Jahren eine Moschee befindet. 2016 war ein erstes Baugesuch eingereicht worden, das wegen zu weniger Parkplätze nicht bewilligt wurde. 2017 reichte der Verein ein überarbeitetes Gesuch ein, das bis auf Strassenabstände und Zufahrtsregelungen sämtliche bauliche Auflagen erfüllte. Da der Bau eine gemeinnützige Funktion hat, war auch gar nicht die Stadt, sondern der Kanton die Bewilligungsinstanz, wie die städtische Baupolizei erklärt.

Dieser Neubau wurde in verschiedenen Medien als «Grossmoschee» bezeichnet. Tatsächlich hat das Gebäude eine stattliche Grösse: 220 Quadratmeter misst die Gebäudefläche, darunter wird eine Tiefgarage gebaut. Im Gebäude gibt es neben den für Frauen und Männer getrennten Gebetsräumen auch eine Wohnung für den Imam sowie Aufenthaltsräume für Jugendliche, Frauen und Männer. «Es ist ein Sozialprojekt, das wir hier angehen», so Erdogan.

Verlängerter Arm Ankaras?

Nachdem Mitte Mai schweizweit diverse kritische Medienberichte publiziert worden waren, gab der Verein eine Pressemitteilung heraus, worin er sich von diversen Vorwürfen distanzierte und die Bevölkerung dazu einlud, am kommenden Sonntagabend (20.30 Uhr) zu einem gemeinsamen Fastenbrechen in die Moschee zu kommen. Unter anderem war berichtet worden, dass die Türkisch-Islamische Stiftung für die Schweiz (Tiss) die Bauherrin der Moschee sei. Die Tiss ist ein Ableger des türkischen Religionsministeriums, und Stiftungspräsident ist der Vorsitzende des Ministeriums, Ali Erbas. Kritiker werfen der Stiftung vor, dass sie der verlängerte Arm des türkischen Staatsapparats seien. Vereinspräsident Erdogan, der nicht verwandt ist mit dem gleichnamigen türkischen Staatspräsidenten, hält dazu fest: «Wir sind eigenständig.» Der Tiss gehört laut Grundbuchamt aber das Grundstück am Schalterweg. «Das wurde der Stiftung übergeben, um zu garantieren, dass das Grundstück nicht in falsche Hände gelangt», so der Präsident.

Des Weiteren wird der Imam von der Tiss gestellt und kommt aus der Türkei. «Das ist aber nichts Neues, sondern war schon immer so», sagt Erdogan. Kritiker befürchten nun, dass dadurch politische Propaganda in Schweizer Moscheen gepredigt werde. «Das stimmt nicht», weist Erdogan zurück. Politische Botschaften seien nicht erlaubt. In der Regel übernehme der Imam eine Predigt, die von einer siebenköpfigen Kommission der Tiss geschrieben und an alle Imame, die der Stiftung angehörten, versandt werde. Jeweils am Ende der Predigt auf Türkisch folgt eine deutschsprachige Zusammenfassung.

«Staatliche Ausbildung begrüsst»

Die staatliche Ausbildung der türkischen Imame war früher nicht so umstritten wie heute. Kurt Zubler, Geschäftsleiter der Integrationsfachstelle der Region Schaffhausen, sagt: «Früher war man froh darum, weil das die Garantie dafür war, dass es keine radikalen Prediger sind.» Das bestätigt so auch Hansjörg Schmid. Er ist Professor für Interreligiöse Ethik und christlich-muslimische Beziehungen sowie Direktor des Schweizerischen Zentrums für Islam und Gesellschaft (SZIG) in Fribourg. «Der türkische Staat wurde bis vor wenigen Jahren als ein Garant für einen moderaten Islam angesehen», sagt er. «Die politischen Veränderungen erfordern es nun aber, genau hinzuschauen.» Dass dieses System von heute auf morgen komplett schlecht geworden sei, glaubt Schmid nicht. «Nicht jeder dieser Männer ist ein kleiner Erdogan», sagt er provokant.

«Der türkische Staat wurde bis vor wenigen Jahren als ein Garant für einen moderaten Islam angesehen.»

Hansjörg Schmid, Professor am Zentrum für Islam

Das Problem sieht der Islamexperte viel mehr an einem anderen Ort. Unter anderem bietet das Team des SZIG Weiterbildungen für Imame an. Dort zeige sich vor allem eine Problematik – am stärksten bei den Imamen aus der Türkei. «Viele der Imame können nur schlecht Deutsch», sagt er. «Sie sind dadurch zu wenig vorbereitet auf das Leben in der Schweiz.» Damit hätten auch die Vereine, die ihren Imam von der Tiss gestellt bekämen, manchmal Mühe, und dies sorge unter den Muslima und Muslimen für Diskussionen. Vor allem jüngere Generationen beherrschen die Muttersprache nicht mehr genügend und möchten die Predigt in der Landessprache hören. Zwar verlange auch das Staatssekretariat für Migration von Imamen einen gewissen Sprachstand, doch könnten diese Anforderungen breit interpretiert werden, so Schmid.

«Offenheit zeigen»

Der Leiter des nationalen Kompetenzzentrums warnt davor, alle Gemeinden über einen Kamm zu scheren. «Es gilt, jede Situation lokal zu beobachten», sagt er. «Die Personen in den Vereinen sind mindestens so wichtig wie jene, die im Stiftungsrat der Tiss sitzen.» In Schaffhausen etwa werte er es als positiv, dass die muslimische Gemeinde in einem Austausch mit anderen Religionsvertretern stehe. Seit elf Jahren gibt es den Interreligiösen Dialog, wobei der Verein der Aksa-Moschee seit Anbeginn dabei war, wie Zubler sagt.Warum kommt es bei einem Bauprojekt dennoch zu so vielen Emotionen und Bedenken von Politikern? Schmid kann das verstehen, er wendet aber ein: «Eine Moschee, die sichtbar ist und die man besuchen kann, ist zu begrüssen.» So würden Ängste vor Untergrundorganisationen abgebaut. «Eine maximale Transparenz ist im Interesse der muslimischen Organisationen», sagt er.

 

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