J15-Ausbau mit Tunnel: Schaffhausen schlägt dem Bund Billigvariante vor

Zeno Geisseler | 
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Die J15 zwischen Herblingen und Thayngen gerät an ihre Grenzen. Ein Ausbau ist schon länger ein Thema, aber teuer und schwierig, weil es im Fulachtal eng ist und die Gegend unter Naturschutz steht.

Der 1. Januar 2020 ist ein grosser Tag für die Schweizer Strassen: 400 Kilometer Kantonsstrassen gehen in die Verantwortung des Bundes über und werden zu Nationalstrassen aufgewertet. Mit dabei ist auch die J15 zwischen Herblingen und Thayngen. Ein 6,2 Kilometer langes Stück der Strasse geht an den Bund. Im Gegenzug übernimmt Schaffhausen die A4 nach Bargen, die zur Kantonsstrasse wird.

Der Tunnel heisst Erlisbüel

Für den Kanton Schaffhausen ist die Übergabe der J15 ein Glücksfall. Denn die zweispurige Strasse stösst an ihre Kapazitäten und muss auf vier Spuren ausgebaut werden. Und das dürfte richtig teuer werden: Weil die Strasse mitten durch ein Moorgebiet von nationaler Bedeutung geht und es neben Eisenbahn und Radweg heute schon eng ist, können nicht einfach zwei neue Fahrstreifen gebaut werden. Stattdessen gibt es schon länger die Überlegung, einen Teil der J15 in den Berg zu verlegen (die SN berichteten). Der so entstehende 2,2 Kilometer lange Erlisbüeltunnel, so schätzte man bereits vor zehn Jahren, würde rund 650 Millionen Franken kosten. Das entspricht laut Kanton heutigen Kosten von rund 750 Millionen Franken.

Dass der Bund diese Summe tatsächlich für den J15-Ausbau in die Hand nehmen wird, ist laut Kanton aber unwahrscheinlich. Denn für das gleiche Geld könnte der Bund an anderen Orten im Nationalstras­sennetz mehr Wirkung erzielen. Aus diesem Grund haben das Baudepartement und die Industrie- & Wirtschafts-Vereinigung (IVS) gemeinsam eine Studie ausarbeiten lassen, welche günstigere Alternativen präsentiert. Gestern wurde die Studie vorgestellt.

In der Studie gibt es fünf Varianten. Variante 1 (siehe Grafik oben) sieht vor, dass es zwar einen Tunnel gibt, dies aber nur für die Fahrtrichtung Süd. Der Verkehr von Schaffhausen nach Thayngen würde über die heutige Strasse geführt. Kostenpunkt für diese Variante, die von einem 1200 Meter langen Tunnel ausgeht: 420 Millionen Franken.

Variante 2 ist ebenfalls ein Tunnel nur für die Fahrtrichtung Süd, aber der Tunnel wäre 2100 Meter lang. Grobkostenschätzung: 550 Millionen Franken.

Variante 3 sind zwei Röhren für beide Fahrtrichtungen, der zentrale Abschnitt des Fulachtals würde verkehrsfrei. Kostenpunkt: Rund 640 Millionen Franken.

Variante 4 ist ein 2800 Meter langer Tunnel im Osten, welcher den Verkehr nach Norden aufnimmt. Die heutige Strasse würde für die Verbindung von Thayngen nach Schaffhausen genutzt. Geschätzter Preis: 580 Millionen Franken.

Variante 5 schliesslich ist eine zweistöckige Galerie, die vier Fahrspuren würden also untereinander gebaut. Kostenpunkt: Rund 390 Millionen Franken.

Vor 2040 geht wohl nichts

Die vom Ingenieurbüro Gruner in Basel verfasste Studie schlägt vor, Variante 1 weiterzuverfolgen. Dies auch, weil zu einem späteren Zeitpunkt immer noch eine zweite Röhre analog Variante 3 erstellt werden könnte, um das Fulachtal vollständig vom Verkehr zu befreien.

Welche Variante tatsächlich gebaut werden wird, ist allerdings offen. Dies wird Sache des Bundes sein.

Der Kanton Schaffhausen erhofft sich aber, wie Regierungsrat Martin Kessler, Kantonsingenieur Dino Giuliani und Hans-Rudolf Werner von der IVS gestern vor den Medien ausführten, dass die Studie einen Zeitgewinn bringt: Der Bund muss bei der Planung nicht von vorn beginnen, sondern kann sich auf die Schaffhauser Studie abstützen. Und weil diese günstigere Varianten aufzeigt als der 750-Millionen-Franken-Tunnel aus dem Jahr 2008, soll auch die Wahrscheinlichkeit steigen, dass bald etwas passiert. Wobei «bald» relativ ist. «Es wäre naiv gewesen, zu erwarten, dass wir verkünden würden, dass übernächstes Jahr die Bagger auffahren», sagte Regierungsrat Kessler.

Ideal, auch wegen des Wachstums des Verkehrsaufkommens, wäre ein Ausbau bis etwa 2030. Tatsächlich aber ist laut Kanton mit einem Realisierungshorizont bis mindestens 2040 zu rechnen. Der Kanton arbeitet nun darauf hin, dass der Ausbau in das Strategische Entwicklungsprogramm Nationalstrassen aufgenommen wird.

Hüt im Gschpröch: Dino Giuliani, Kantonsingenieur

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