Satte Mehrheit gegen Lektionenabbau

Mark Liebenberg | 
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Ein Tabu sind Sparbemühungen an der Lektionentafel der Volksschule für den Schaffhauser Kantonsrat: Einstimmig unterstützt er die kantonale Volksinitiative «Kein Abbau – Schule mit Zukunft». Bild Key

Seltene Eintracht zwischen Links und Rechts gegen eine Sparvorlage aus dem Erziehungsdepartement. Das letzte Wort zum Thema Lektionenabbau hat das Volk.

Der Deal wäre perfekt gewesen: Im Rat sah es gestern Morgen einige euphorische Momente lang so aus, als ob im Eilverfahren die minimale Lektionenzahl für die Volksschule im Schulgesetz verankert werden könnte. Der Rat hätte innerhalb der nächsten ein, zwei Sitzungen darüber abstimmen können – die erforderliche Vierfünftelmehrheit wäre sicher gewesen, nachdem sich neben der linken Ratshälfte auch die grösste Fraktion, die SVP-EDU-Fraktion, geschlossen gegen den Abbau von Schulstunden in der Primar- und der Sekundarstufe gestellt hatte. Man hätte damit eine Volksabstimmung gespart, von der alle annehmen, dass sie sowieso an der Urne ohne Mühe eine Mehrheit finden wird, und das Ziel der Initianten wäre erreicht gewesen.

Aber ganz so einfach war es dann eben doch nicht: Dafür hätte man die Garantie gebraucht. dass die Initianten der Volksinitiative «Kein Abbau – Schule mit Zukunft» ihre Initiative auch wirklich zurückziehen. Und das konnte auf die Schnelle nicht entschieden werden. So bleibt es also dabei: abgestimmt wird im Herbst.

Kompromiss hatte keine Chance

R-026 – so heisst die Massnahme, mit der die Regierung im Rahmen der Sparbemühungen der letzten Jahre mittels Abbau von Pflichtlektionen in der Volksschule 2,75 Millionen Franken jährlich hätte sparen wollen. Zwei ­Jahresrechnungen mit grossen Überschüssen später sieht die Welt aber ­anders aus. Und grosse Einigkeit herrschte für einmal im Kantonsparlament darüber, dass an der Lektionen­tafel nicht gespart werden soll.

So empfiehlt der Rat die vor zwei Jahren eingereichte kantonale Volksinitiative «Kein Abbau – Schule mit ­Zukunft» (Volksschul-Initiative) des Bündnisses Zukunft Schaffhausen in der Schlussabstimmung mit 46 zu 0 Stimmen zur Annahme. Die Initiative will den von der Regierung mit R-026 vorgesehenen Abbau von 14 Pflichtlektionen verhindern und die heutige Gesamtzahl von total 259 Pflichtlektionen während der ganzen Schulzeit, also von der Primar- bis zur Orientierungsstufe, im Schulgesetz festschreiben. Ein Abbau von 14 Lektionen entspräche 5,5 Prozent der gesamten Schulzeit eines Schulkindes. Schaffhausen wäre der erste Kanton, der nun die Untergrenze im Gesetz fixieren würde.

Ebenfalls vom Tisch gewischt wurde ein Gegenvorschlag, den die Regierung im Auftrag des Parlamentes ausgearbeitet hatte. Statt 14 wären damit nur 7 Lektionen gestrichen worden. «Wir deuten dies als Kompromissvorschlag, der allerdings nicht restlos überzeugt», sagte Regula Widmer (GLP, Beringen). Sie führte namens der vorberatenden Kommission aus, dass der Kanton bei der Anzahl Pflichtlektionen bereits heute unter den empfohlenen Richtwerten der Deutschschweizer Erziehungsdirektorenkonferenz liege, was auch von der Studie BAK-Basel als unter dem Durchschnitt liegend klassiert wird. «Wir stehen vor einer bildungspolitischen, nicht vor einer finanzpolitischen Fragestellung», sagte Widmer.

Peter Scheck (SVP, Schaffhausen) erklärte den Meinungsumschwung in seiner Fraktion: «Eine Gesamtlösung muss zwingend mehrheitsfähig sein, es ist klar, dass eine Stundenreduktion nicht den Bedürfnissen in der Bevölkerung entspricht.» Aus der SVP kam der Ruf, man solle besser bei der Verwaltung im Erziehungsdepartement sparen. Mariano Fioretti (SVP, Schaffhausen) äusserte den Verdacht, dass das Erziehungsdepartement absichtlich Sparvorschläge mache, die im Volk keine Chance hätten – damit realiter nichts gespart werden müsse. SP/Juso-Fraktionspräsident Kurt Zubler (SP, Schaffhausen) konnte sich eine Spitze gegen die SVP, die bisher die Sparbemühungen stets unterstützt hatte, nicht verkneifen: «Besser spät als nie – jetzt merkt auch die Volkspartei, was das Volk will.»

Regierungsrat Christian Amsler zeigte sich enttäuscht von der bürgerlichen Mehrheit im Rat – in deren Auftrag die Regierung vor einem Jahr den Gegenvorschlag ausgearbeitet hatte. «Man kann jetzt einfach auf gute Jahresabschlüsse hinweisen, aber das Ziel ist nach wie vor ein ausgeglichener ­Finanzhaushalt.»

Ihrem Regierungsrat die Stange hielt nur die FDP/Jungfreisinn/CVP-Fraktion. Damit wenigstens ein klitzekleiner Spareffekt resultiere, gab die Mitte dem Gegenvorschlag eine Chance. Ohne Erfolg: In einer Zangenbewegung von links und rechts zermalmte der Rat diesen mit 49 zu 8 Stimmen. In der Schlussabstimmung ­enthielten sich die Mitte-Parlamentarier der Stimme. So kommt es jetzt im Herbst zum Urnengang.

Gestern im Rat

Die kantonale Volksinitiative «Kein Abbau – Schule mit Zukunft»hat der Kantonsrat mit 46 zu 0 Stimmen zur Annahme empfohlen. Gleichzeitig hat er den Gegenvorschlag,den die Regierung ausgearbeitet hat, verworfen. Die Volksabstimmung findet im Herbst dieses Jahres statt.

Auch das zweite Geschäft, es ging um ein neues Tourismusförderungs­gesetz,wird einen Urnengang zur Folge haben. Der Rat hat dem Gesetz in zweiter Lesung mit 48 zu 6 Stimmen zugestimmt.

Der Rat hat weiter seine Sammlung von Vorstössen bereinigt.

Begonnen hat der Rat die Diskussion über die Demografiestrategie.

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