«Sonst ist die Fasnacht ein Auslaufmodell»

Pascal Schmidlin | 
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Beim Publikum hatte die Schaffhauser Fasnacht zuletzt einen schweren Stand. Dieses Jahr nun feiern Narrengesellschaft und Fasnachtskomitee ein Jubiläum. Gelingt es ihnen, der Fasnacht in Schaffhausen neues Leben einzuhauchen?

Konfetti, Guggenmusik und ein grosser, bunter Fasnachtsumzug: Ab Freitagabend übernehmen in der Stadt Schaffhausen wieder die Narren das Zepter – ein Wochenende lang. Und dabei gibt es viel zu feiern: Die Narrengesellschaft Schaffhausen (NGS) und das Fasnachtskomitee Schaffhausen (Fakos) feiern runde Geburtstage. 1967 wurde die NGS aus der Taufe gehoben, zehn Jahre später das Fakos, welches dieses Jahr sein 40-Jahr-Jubiläum feiert.

Der Schaffhauser Werber Mäni Frei kennt beide Vereine, denn er war eine prägende Figur bei der «Wiederbelebung» der Schaffhauser Fasnacht zu Beginn der 1970er-Jahre, zuerst als Mitglied der NGS und später als zweiter Präsident in der vierzigjährigen Fakos-Geschichte. Die Fasnacht damals sei mit der heutigen nicht zu vergleichen, sagt Frei: «Die Leute standen beim Umzug in drei oder vier Reihen an der Strasse.» Die Veranstalter seien ob des Besucheraufkommens völlig erschlagen gewesen. Und diese Begeisterung wussten die Verantwortlichen zu nutzen. Bald schon waren zahlreiche Beizen jedes Jahr dekoriert, es gab grosse Maskenbälle und Schnitzelbänke – und die Fasnachtszeitung «Quatsch».

Davon ist heute nicht mehr viel übrig. Die Fasnachtpartys konzentrieren sich auch in diesem Jahr auf das Areal rund um den Mosergarten. Die Fasnacht ist spürbar an den Rand der Altstadt gedrängt worden. Letztes Jahr beklagten sich einige Standbetreiber über zu geringe Einnahmen – da nach dem Umzug wegen des einsetzenden Regens zu wenig Publikum den Weg ins Fasnachtszentrum gefunden hatte.

«Dass man 2014 mit dem grossen Zelt vom Fronwagplatz auf den Mosergarten gewechselt hat, war ein grosser Fehler», sagt Fakos-Präsident Stefan Winzeler. Ein Fasnachtszentrum auf dem Fronwagplatz werde aber nicht bewilligt. Nun müsse man sich mit dieser Situation eben anfreunden. Winzeler würde sich auch wünschen, dass man in Schaffhausen eine richtige Freinacht hätte, doch die Auflagen seien nun mal so, wie sie seien. Das heisst: Punkt 2 Uhr muss die Musik aus sein – und die Bar geschlossen werden. «Immerhin haben wir mit der Galerie Bar am Kirchhofplatz nun wieder ein Lokal, das danach noch für die Fasnächtler geöffnet hat», so Winzeler. Und auch in der La-Grotta-Bar in der Webergasse und im «Käfig» an der Vorstadt könne dieses Jahr in dekorierten Beizen gefeiert werden.

Fehlende Initiative der Wirte

Dass es nicht mehr Beizen sind, die mitmachen, bedauert Winzeler. Das Fakos könne nicht alles selber organisieren, da müsse auch eine gewisse Initiative von den Wirten kommen – doch bei den meisten fehle diese.

«Das war auch schon zu unseren Zeiten so», sagt Frei. Damals sei man aktiv auf die Beizer zugegangen und habe diese zum Mitmachen motiviert. Die Fasnächtler konnten Paul Blank, seinerzeit Präsident des Wirteverbands und später erster Fakos-Präsident, überreden, eine Beizenfasnacht zu organisieren. Was diesem auch gelang.

Schulen wollen nicht

Doch so einfach sei das heute nicht mehr, sagt Winzeler. Der Fasnacht, die in den vergangenen Jahren mehrfach vor einer ungewissen Zukunft stand, fehle die Verwurzelung, wie sie etwa der Hilari in den Kohlfirstgemeinden habe. Auch auf dem Land, etwa in Thayngen, zeige sich eine engere Beziehung zur Fasnacht als in der Stadt. Hinzu komme das Desinteresse der Schulen. «Wir haben vor einigen Jahren angefragt, ob sie bei einem Kindermaskenball mitmachen würden», so Winzeler. Doch dies sei abgelehnt worden – mit der Begründung, dass die Fasnacht nicht in den Schulunterricht passe. «Dabei haben wir viele Kinder, die mit ihren Eltern an der Kinderfasnacht teilnehmen.»

Trotz nicht so rosiger Aussichten glaubt Winzeler an eine Zukunft der Fasnacht: «An den Umzug kommen die Leute.» Nur würde er sich auch an den anderen Fasnachtsanlässen mehr Schaffhauser wünschen. «Die Besucher des Fasnachtsumzugs verhalten sich ähnlich wie bei einem Fussballspiel: Nach dem Schlusspfiff gehen sie nach Hause.» Wichtig für den Erfolg der Fasnacht sei aber auch das Wetter, so Winzeler – und die Prognosen sähen gut aus. Deshalb freue er sich nun auf eine schöne und gelungene Fasnacht – und natürlich auf viele Besucher.

Neue Wege beschreiten

Weniger optimistisch ist Mäni Frei. Für ihn ist die Schaffung des Fasnachtszentrums ein Fehler gewesen. Die Fasnacht müsse in den zahlreichen Sälen der Stadt über die Bühne gehen, so wie früher. Es brauche halt neue Ideen, sagt der Werber – und denkt dabei an Schnitzelbänke mit Gabriel Vetter oder eine Fasnachtsparty in der Kammgarn, dem urbanen Zentrum der Stadt. «Man muss neue Wege beschreiben, sonst ist die Fasnacht in Schaffhausen ein Auslaufmodell», sagt Frei.

Drei Tage Fasnacht Die wichtigsten Termine

Freitag

Senioren-Fasnacht (Altersheim La Résidence, 13.30 bis 17 Uhr); Narrenbaumstellen (Fronwagplatz, 20.11 Uhr); grosse Jubiläumsparty 40 Jahre Fasnachtskomitee Schaffhausen (Fakos) und 50 Jahre Narrengesellschaft Schaffhausen mit Festreden, Guggenmusiken und Partysound (Mosergarten, 21 bis 2 Uhr).

Samstag

Zunftmeisterempfang mit Verleihung des Bsetzi und des Chnorz (Mosergarten, 9.30 Uhr); Kinderfasnacht (Mosergarten, im Bölle-Frässer-Zelt, 12 bis 14 Uhr); Kinderumzug (Start Goldsteinstrase, 14.30 Uhr); grosser Fasnachtsumzug (Start Vorstadt, 15 Uhr); anschliessend Strassen- und Beizenfasnacht (Fasnachtszentrum beim Mosergarten, Wagenmeile an der Moserstrasse und in den Beizen der Stadt, bis 2 Uhr).

Sonntag

Suppezmorge und anschliessend Narrenbaumfällen (Fronwagplatz, 10 bis 12 Uhr).

Schaffhauser Fasnacht: Niedergang und Auferstehung haben die Geschichte des närrischen Treibens in der Stadt seit jeher geprägt

Wann genau die erste Fasnacht in der Stadt Schaffhausen gefeiert wurde, ist historisch nicht belegt. Doch bereits im Jahre 1440 wurde in der Chronik von fasnächtlichem Treiben in der Stadt berichtet – und dies mit kritischem Unterton. Alsbald wollte man dem wilden Treiben einen Riegel vorschieben. Doch die Schaffhauser feierten trotz Verbot weiter, auch als der Kanton reformiert wurde und die Fastengebote fielen. In den Jahren 1667 und 1669 musste das Fasnachtsverbot wiederholt werden.

Es waren die Schaffhauser Zünfte, welche die Fasnacht im 19. Jahrhundert wiederbelebten. Es wurden grosse Aschermittwochsumzüge durchgeführt. Doch aus Geldmangel endete die Durchführung dieser Umzüge Ende des 19. Jahrhunderts. Laut der Chronik des Fasnachtskomitees Schaffhausen (Fakos) fand die Fasnacht in den folgenden Jahrzehnten vor allem auf den Strassen und in den Restaurants statt. Dabei soll es «derb und ausgelassen» zu- und hergegangen sein. In den 1920er-Jahren erlebte die Schaffhauser Fasnacht mit grossen Umzügen eigentliche Höhepunkte. Mit mehr und mehr Einschränkungen wurde – auch vonseiten des Stadtrats – versucht, den «zügellosen Ausschweifungen» Einhalt zu gebieten, was aber nicht gelang.

Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs starb die Fasnacht abermals. Erst in den 50er-Jahren entstand wieder eine Fasnachtsgesellschaft in Schaffhausen. Diese führte von 1953 bis 1955 eine ordentliche Fasnacht durch. Danach schlief die Fasnacht erneut ein – bis im Jahre 1967 die Narrengesellschaft gegründet wurde, die fünf Jahre später wieder einen grossen Umzug organisierte – vor rund 15 000 Zuschauern. Nach Streitereien zwischen den vier Schaffhauser Fasnachtsgruppen wurde schliesslich 1976 das Fakos gegründet. Präsidiert wurde es vom damaligen «Sternen»-Wirt Paul Blank und bestand aus Mitgliedern aller vier Fasnachtsgesellschaften der Stadt.

Es folgten grosse Maskenbälle mit Guggen- und Tanzeinlagen und ab 1981 die Verleihung von Bsetzi (ein Ehrenpreis) und Chnorz (ein Schmähpreis). Der Chnorz ging 1982 an die Band Trio, da deren Hit «Da da da» eine simple Kopie des Schaffhauser Fasnachtsspruchs «Taar da da» sei, so das Fakos. Trio-Schlagzeuger Peter Behrens nahm den Preis sogar persönlich am Zunftmeisterempfang entgegen – da die Band für Studioaufnahmen in der Nähe weilte.

Sie möchte wissen, wo und wann eine Fasnacht ist? Mehr Infos finden Sie hier www.nordagenda.ch.

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