Topmodel zeigt sich im 1300-Franken-Regenmantel vor dem Rheinfall
Was sonst auf den Laufstegen von Paris und Milano präsentiert wird, hat Nadine Strittmatter jetzt in Schaffhausen getragen. Für ein Fotoshooting posierte sie auf dem Munot und vor dem Rheinfall.
«Manche der Mädchen sind noch immer zu dünn»
Seit Nadine Strittmatter ein Teenager ist, ist sie als Model auf internationalem Parkett unterwegs. Die Aargauerin wurde unter anderem von Karl Lagerfeld und John Galliano für Chanel und Christian Dior gebucht, lief in Paris, Mailand, New York und Berlin für Armani, Givenchy oder Victoria's Secret; ihr Gesicht zierte die Cover von Vogue, Elle oder Maxim. Heute lebt sie in Los Angeles und studiert Creative Writing und Kunstgeschichte. Am liebsten würde sie für Science-Fiction-Filme Regie führen.
Das Modeln hat sie trotz dieser Karrierepläne noch lange nicht aufgegeben. Während viele Models eine eher kurze Halbwertszeit haben und mit Mitte 30 schon lange Schluss ist, bleibt die 34-jährige Aargauerin noch immer gefragt. Dies habe wohl damit zu tun, dass der Jugendwahn heute nicht mehr so ausgeprägt sei wie früher. «Gerade kaufkräftige Kundinnen ab einem gewissen Alter wollen die teure Mode nicht von einer 16-Jährigen präsentiert bekommen», sagt sie in der aktuellen Ausgabe der «Annabelle».
«Ich bin viel zu gross»
Strittmatter prangert zudem an, dass im Model-Business «manche der Mädchen noch immer zu dünn sind, um gute Vorbilder zu sein». An Castings würde sie gerne eine grössere Vielfalt an Körperformen sehen. Über sich selber und speziell über die zweieinhalb Jahre, in denen sie bei Chanel als Fitting-Model gearbeitet hat, sagt sie: «Ich glaube, die Leute verbringen gerne Zeit mit mir, darum konnte ich so lange bleiben.» Denn eigentlich habe sie für diesen Job nicht den perfekten Körper: «Ich bin viel zu gross, habe zu breite Schultern und zu viel Brust.»
7400 Franken. Ein Monatslohn, bei dem sich manch einer «von» schreiben würde, der Preis eines mehr als vernünftigen Gebrauchtwagens, die Summe, die für eine kleine Hochzeit ausgegeben wird - oder so viel, wie ein Leder-Netzkleid von Dior kostet. Genau in einem solchen Exemplar posiert das Schweizer Topmodel Nadine Strittmatter in der aktuellen Ausgabe der «Annabelle». Der Regenmantel und die Schuhe, mit denen sie sich auf einem Boot vor dem Rheinfall räkelt, kosten zusammen über 2200 Franken, die Hose, mit der sie sich auf dem Munot ablichten lässt, ist mit 330 Franken vergleichsweise ein Mega-Schnäppchen. Vom Chanel-Lederkleid, in dem sie vor der Metzgerei Peter in der Unterstadt steht, kann man das wohl nicht behaupten. «Preis auf Anfrage», heisst es in der Legende zum Foto lediglich.
«Überall stehen wieder die 90er drauf»
«Wir wissen, dass diese Looks, die von den Showrooms in Paris oder Mailand kommen, happige Preise haben», sagt Annabelle-Chefredaktorin Silvia Binggeli. Sie seien weniger als Kaufempfehlung, sondern vielmehr als Inspiration für die eigene Mode im Alltag gedacht. Hauptthema des Shootings in und um Schaffhausen waren die 90er-Jahre. Diese seien definitiv zurück und eines der ganz grossen Themen dieses Sommers. «Überall stehen wieder die 1990er drauf - egal ob in der Mode-, der Film- oder der Musikindustrie», sagt Binggeli.
Die aktuellen Trends orientierten sich allerdings nur an den Elementen aus dem Jahrzehnt vor dem Millennium, es habe schon eine Weiterentwicklung stattgefunden. Auch der Nachhaltigkeits-Gedanke sei immer stärker in den Vordergrund getreten. «Man kauft heute bewusster ein. Es wird nicht mehr so schnell gekauft - und vor allem nicht mehr so schnell weggeworfen.»
Doch warum präsentieren Nadine Strittmatter und Model-Kollegin Jade Eliášek die teuren Kleider in Schaffhausen - und nicht in der Bankenstadt Zürich, in Zug oder in Genf? «Schaffhausen passt einfach perfekt zur Geschichte, die wir erzählen wollen», sagt Binggeli. Die Idee dazu sei von einer Redaktorin gekommen, die selber keine Verbindungen zu Schaffhausen habe - ursprünglich sei sie Baslerin.
Mit dem Shooting, das vor rund drei Wochen stattgefunden hat, waren Models, Fotografen und Assistenten einen ganzen Tag lang beschäftigt. Binggeli würde sich freuen, wenn die Wahl der Kulisse einige Leser dazu bewegen würde, mal wieder nach Schaffhausen zu kommen - in eine Stadt, an die man sonst eher nicht als erstes denken würde. Generell wolle sich die Zeitschrift künftig vermehrt auf nationale Locations konzentrieren. «Wir sind nicht patriotisch, aber wir sind stolz darauf, ein Schweizer Magazin zu sein. Warum sollten wir die internationale Mode also nicht in die Schweiz holen», sagt Binggeli.