«Wir fahren europaweit am Limit»
Sehr mild war der letzte Winter, nun aber ist es kalt und garstig. Was haben die tiefen Temperaturen und das schlechte Wetter für einen Einfluss auf die Energieversorgung und die Netzarbeiten? Wir fragen nach bei Thomas Fischer, CEO des Elektrizitätswerks des Kantons Schaffhausen EKS. Er stellt fest, dass die Privathaushalte in diesem Winter bisher mehr Strom verbrauchen als zuletzt und dass wir uns daran erinnern sollten, wieder vermehrt Energie zu sparen.
Was bedeutet die aktuelle Kälteperiode für die Energieversorgung und mit Blick auf die Verfügbarkeit?
Thomas Fischer: Grundsätzlich ändert sich an der Situation nichts. Jede Kilowattstunde sparen zählt, denn wir fahren europaweit am Limit der verfügbaren Infrastruktur. Das betrifft sowohl die Stromproduktion als auch das Stromnetz. Wenn ein grösseres Kraftwerk ausfällt oder Windflaute herrscht, spüren wir das. Aber auch anders herum wird es schwierig: Wenn zum Beispiel im Norden Deutschlands viel Strom produziert wird mit Windkraft und diese Energie mangels Netzkapazität nicht in den Süden gelangt, wo sie eigentlich gebraucht würde, stossen wir an Grenzen. Gerade diese Woche hat Baden-Württemberg im Süden Deutschlands wieder zum Sparen aufgerufen, weil das Stromnetz vom Norden her überlastet war.
Zeichnet sich bereits ab, dass wir im Kanton Schaffhausen diesen Winter mehr Energie verbrauchen als zuletzt?
Fischer: Der Strombezug der Privathaushalte in unserem gesamten Versorgungsgebiet – Schweiz und Deutschland – war im vierten Quartal 2023 rund acht Prozent höher als im Vorjahr. Das kann verschiedene Ursachen haben. Zum einen der kältere Winter, aber auch weniger Sparanstrengungen, mehr Bedarf wegen des Einsatzes von mehr Wärmepumpen, Elektrofahrzeugen und so weiter. Da wir viel Nebel und Niederschläge hatten, produzierten die regionalen Photovoltaik-Anlagen diesen Winter bisher sehr wenig Strom für den Eigenbedarf.
Bei dieser Kälte ist man froh um jede Heizung: Ist bei Ihren Kunden Energiesparen überhaupt noch aktuell?
Fischer: Das Thema Energiesparen ist wieder in den Hintergrund gerückt. Es braucht dringend eine Erinnerung an die Bevölkerung. Da können auch die Medien einiges dazu beitragen. Das EKS ist mit Posts in den sozialen Medien und mit Beiträgen im Kundenmagazin oder mit der Sendung «Um Watt geht’s?» sehr aktiv und gibt Tipps.
Was für eine Rolle spielt die anhaltende Kälte für Ihre Mitarbeiter an der Front, vor allem jene, die im Netzbereich tätig sind?
Fischer: Die Kälte an und für sich ändert an der täglichen Arbeit nichts. Bei länger anhaltender Kälte von weniger als fünf Grad Celsius ist es möglich, dass Tiefbauarbeiten nicht mehr durchgeführt werden können, Baustellen vorübergehend geschlossen werden müssen und sich die Arbeiten dadurch verzögern. Die letzten Jahre war das aber nie mehr der Fall. Die Mitarbeiter im Netzbereich müssen sich gut und warm anziehen und sich öfters aufwärmen. Die Zeit über Mittag wird sehr wichtig, damit warm und gesund gegessen werden kann.