Anzahl Waschbären nimmt im Kanton Schaffhausen zu
Im Kanton Schaffhausen wurden in den letzten Jahren vermehrt Waschbären gesichtet und gar geschossen. Noch ist der Waschbär jedoch kein solches Politikum wie 1976, als ein einzelnes Tier Jäger, Bevölkerung und Politik wochenlang beschäftigte.
Wir schenken Ihnen diesen Artikel und wünschen Ihnen ein angenehmes Lesevergnügen. Übrigens: Mit dem SN Digital Abo erhalten Sie rund um die Uhr News, Interviews, Hintergrundberichte und Videoreportagen auf shn.ch, der News- und Serviceplattform der «Schaffhauser Nachrichten». Testen Sie das SN Digital Abo hier einen Monat kostenlos.
«Erst letzte Woche wurde ein Waschbär in Löhningen geschossen», sagt Patrick Wasem. Gemäss dem Ressortleiter Jagd und Fischerei hat die Anzahl Waschbären im Kanton Schaffhausen in den letzten Jahren zugenommen.
«20 Minuten» meldete kürzlich die Sichtung eines Waschbären auf einem Dach im aargauischen Rheinfelden. Im Kanton Schaffhausen ist Wasem nichts über ein Vorkommen von Waschbären in den Städten bekannt. Die Sichtungen beschränkten sich derzeit vor allem auf den Randen. Gemäss Wasem gab es in den letzten Jahren vor allem Meldungen aus Schleitheim, Siblingen, Beringen und Löhningen.
Anders als im Aargau oder im Baselland gibt es in Schaffhausen auch noch keinen Nachweis darüber, dass sich die Waschbären fortgepflanzt haben. Ein Problem wie in Deutschland, wo das Tier zur Plage geworden ist, stelle der Waschbär also noch lange nicht dar. Dennoch sei er eine Bedrohung für die brütenden Vögel, so Wasem. Weil es sich beim Waschbären um einen Neozoon handelt, der nicht heimisch ist und ursprünglich aus Nordamerika stammt, dürfe das Tier ganzjährig bejagt werden. Es habe vereinzelte Abschüsse gegeben.
Waschbär wird 1976 zum Politikum
Erstmals zum Abschuss freigegeben wurde der Waschbär im Kanton im Jahr 1976. Kurz nach der Sichtung des ersten Tieres. Die Anweisung sorgte in der Folge für grossen Aufruhr - und auch für viel Unterhaltung, wie mehrere Artikel und Leserbriefe aus jener Zeit zeigen.
In einem SN-Artikel vom 19. Juli 1976 wurde der Waschbär erstmals erwähnt. Im Bericht wurde unter anderem auch darüber informiert, dass Osterfingen wegen eines tollwütigen Fuchses zur Tollwut-Zone erklärt werden musste. Die Information, dass im Ort ein Waschbär gesehen wurde, schien in der Folge dennoch mehr Aufsehen zu erregen.
Rund einen Monat später berichteten die SN, dass die kantonale Polizeidirektion Obmänner und Jagdaufseher der Jagdgesellschaften von Osterfingen und Wilchingen beauftragt habe, den Waschbären zu erlegen. Ein paar Tage später begründete die Polizei den Entscheid in einer Stellungnahme ausführlich. Der Waschbär sei ein gefährlicher Nesträuber, zudem nicht heimisch und störe die Ökologie.
In der Bevölkerung waren die Meinungen da schon gemacht. Manche sprangen Polizei und Regierungsrat in langen Leserbriefen zur Seite. Sie verwiesen auf die bereits damals grossen Populationen in Teilen Deutschlands. Andere wiederum zweifelten die rechtliche Grundlage eines Abschusses an. Oder warfen den Behörden Umweltfeindlichkeit vor (17. September 1976). So würden «kilometerweise wenig begangene Feld- und Waldwege ausgebaut und mit einem Belag versehen» und «muntere Bächlein kanalisiert», ärgerte sich ein Leser. Aber auf «arme Waschbären» werde amtlich verordnet Jagd gemacht.
Andere nahmen es mit Humor. Ein Leser bat den Forst- und Jagddirektor sowie den Regierungsrat darum, «den berüchtigten und bald weltberühmt gewordenen Waschbär» lebend einzufangen (SN vom 4. September 1976). Er wolle diesem − auf deutschem Gebiet − eine sichere Unterkunft gewähren. Die Waschbär-Diskussion gipfelte in einem politischen Vorstoss. SP-Kantonsrat Markus Wüthrich bat den Regierungsrat in einer Kleinen Anfrage, den Abschussbefehl angesichts der zahlreichen und eindeutigen Reaktionen der Bevölkerung zurückzunehmen. Der Regierungsrat blieb bei seiner Anordnung. 1977 beschloss der Bundesrat übrigens, den Waschbär der unbeschränkten Jagd freizugeben.
Ob der erste Schaffhauser Waschbär jemals geschossen wurde, bleibt unklar.