Die Visitenkarte eines jeden Gebäudes

Iris Fontana | 
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Neubau Schulhaus Aemtler, Zürich. Bild: ZVG.

Die Glücksfee mag Türen: Der Schaffhauser Türenfabrikant Gentsch jedenfalls hat an der Tischmesse unseren Wettbewerb gewonnen und sich einen Besuch der Zahltag-Redaktion ergattert. Also haben wir uns auf den Weg zu Firmenchef Beat Angst gemacht. Erfahren haben wir viel über ein traditionsreiches, gut verankertes KMU und über die für uns zuvor eher unbekannte, vielseitige Welt der Türen. Ein kleines Firmenporträt.

Auf die Frage, durch welche Türen er denn am liebsten gehe, sagt Beat Angst wie aus der Pistole geschossen: «Durch offene». Beat Angst, das ist der Mann, der seit 2017 an der Spitze der Gentsch AG steht. Ihm gehört das Unternehmen, er sagt, wo es lang geht. Oder welche Tür als nächstes gebaut wird. Er ist mit Leidenschaft dabei, bei seiner Aufgabe. Darum auch sein mittlerweile geschärfter Blick auf das, was für die meisten von uns einfach nur ein nötiges Alltagsobjekt ist.

«Das Thema fasziniert mich, weil eine Eingangstür immer auch eine Visitenkarte des Gebäudes selbst ist und zum Teil viel über den Besitzer oder den Erbauer aussagt», erklärt Beat Angst. Darum hat er keinen eigentlichen Liebling unter den Türen – er will sie alle sehen und macht sich dann seine Gedanken.

Elektronik wird immer wichtiger

Bei sich zuhause hat der Gentsch-Geschäftsführer eine einzelangefertigte Tür eingebaut. Natürlich selbst entworfen. Blickfang ist ein fünfzackiger Stern, designtechnisch inspiriert von der bestehenden Garagentür, jedoch mit heraustretendem Holzstern. In Bezug auf Schliesstechnik ist Angst konservativ, abgeschlossen wird bei ihm manuell. Auch wenn in seiner Arbeit der Bereich Sicherheit einen immer höheren Stellenwert einnimmt und die Elektronik dabei eine immer grössere Rolle spielt.

Die grosse Vielfalt

Auf der Firmenwebsite fällt die Vielzahl verschiedener Türarten auf, wobei die Liste laut Beat Angst nicht abschliessend ist. In seinem Unternehmen werden vielfach Stahlzargentüren (z.B. für den Wohn- und Geschäftsbau oder öffentliche Bauten) und Holzfuttertüren (meistens für den Wohnbau) verlangt. In Geschäftshäusern oder Bürobauten wiederum kommen vielfach Türen mit speziellen Anforderungen zum Zug. Die verschiedenen Türtypen haben ganz unterschiedliche Aufbauten und werden ja nach Einsatzart und Anforderungen ausgewählt: In einem Sitzungszimmer ist der Schallschutz entscheidend, im Tresorraum die Sicherheit und im Gesundheitswesen je nachdem der Strahlenschutz.

Vier Hauptbereiche

Vom Bautyp her ist die Firma in vier Bereichen tätig:

EFH Schaffhausen

Einfamilienhaus-Überbauung in Schaffhausen. Bild: ZVG.

Wohnungsbau: Im Wohnungsbau stehen natürlich Wohnungs- und Zimmertüren im Zentrum. Hauptziel ist es hier, dass sich die Türen so harmonisch wie möglich ins Gesamtkonzept einfügen, abgestimmt auf den Geschmack des Bauherrn. In den letzten Jahrzehnten fand ein Wandel im Look statt: Von der Holzstruktur (Holzoptik, ob mit Echtholz, Kunstharz oder Folie) hin zu – zumindest im Schweizer Unterland – hauptsächlich weissen Türen (lackiert oder belegt / beschichtet). Weisse Türen sind neutral und wenig auffällig, lassen sich gut kombinieren und geben dem Ganzen einen hellen Touch.

 

Alterszentrum Birmensdorf

Alterszentrum am Bach, Birmensdorf. Bild: ZVG.

Öffentliche Bauten: Türen in öffentlichen Bauten müssen besonders robust sein, da sie ein Vielfaches mehr benutzt werden als beispielsweise eine Zimmertür in einem Einfamilienhaus. Dies stellt andere Anforderungen an die Beschläge und generell an die Robustheit des Türblatts.

 

Kehrichtheizkraftwerk Hagenholz, Zürich. Bild: ZVG.

Kehrichtheizkraftwerk Hagenholz, Zürich. Bild: ZVG. 

Industriebauten: Im Industriebereich kann es aus Sicherheitsaspekten verboten sein, überhaupt Holztüren einzubauen. Vorschrift sind oft Metalltüren – aus hygienischen und sicherheitstechnischen (Strahlen-, Einbruchschutz-) Gründen.

 

Kantonsschule im Lee, Winterthur. Bild: ZVG

Kantonsschule im Lee, Winterthur. Bild: ZVG

Denkmalschutz: Bei Gebäuden unter Denkmalschutz sind Einzelanfertigungen gefragt. Je nachdem stellt das Auffinden des richtigen Materials eine Herausforderung dar. So war die Gentsch AG vor kurzem bei der Sanierung der Berufsschule für Mode und Gestaltung in Zürich mit sehr speziellen, historischen Türgriffen konfrontiert. Solch besondere Bestellungen werden dann nach Abdruck oder Mustervorlage von Partnerfirmen gefertigt. Ziel ist die Sanierung so nah am Geist und im Sinn des erbauenden Architekten wie möglich, aber dem heutigen Stand der Technik angepasst was etwa Lüftungen und Brandschutz betrifft.

Der grosse Wandel

Betrachtet man die Veränderungen im Bereich Türen über die letzten 100 Jahre fallen vor allem folgende Entwicklungen auf:

  • Die Art der Beschläge: Früher wurden alte, geschmiedete Schlösser und Bänder verwendet.
  • Natürlich fehlten die Gummidichtungen und damit der Klima- und Schallschutz, welche heute ein grosses Thema sind.
  • Brandschutztüren gab es vor 100 Jahren wahrscheinlich noch gar keine und noch vor 50 Jahren konstruierte man sie völlig anders. Heute sind sie ein geprüftes, zertifiziertes Element, das je nach Zertifizierungsgrad einem Vollbrand auf der gegenüberliegenden Seite für eine definierte Dauer standhalten muss.

Fazit: Heute wird dem Thema Sicherheit ein viel höheres Gewicht beigemessen und dementsprechend sind Menschen auch bereit, mehr für Sicherheit auszugeben. Um diesem Bedürfnis entgegenzukommen, bietet die Gentsch AG den Bauherren eine Türberatung an, bei der die Eigenschaften einer Tür anhand deren «Innereien» aufgezeigt werden und der Grad an gewünschter Sicherheit beim Kunden abgefragt wird. So unterliegt zum Beispiel eine Tür von der Garage ins Wohnhaus (Einfamilienhaus) gesetzlich keiner Sicherheitsnorm. Viele Bauherren wünschen sich diese jedoch dennoch.

Preiserhöhungen und Fachkräftemangel

Wie ist es der Gentsch AG in den vergangenen, wegen Corona und Ukraine-Krieg unsicheren Jahren ergangen? Auch sie war mit mehrfachen Preiserhöhungen auf allen Grundprodukten wie Holz, Metallrahmen und Türbeschlägen konfrontiert. Die Lieferfristen verlängerten sich teilweise, allerdings war es nie so schlimm, dass ein Liefertermin bei einem Projekt nicht hätte eingehalten werden können.

Auch der Fachkräftemangel ist im Schreinerberuf eine Herausforderung, und zwar schon länger. So kam das Thema bereits 2018 auf das Tapet, als langjährige Mitarbeiter in Pension gingen. Die Akquise neuer Mitarbeiter funktionierte schliesslich über Mund-zu-Mund-Propaganda. Spätestens seit dieser Erfahrung ist klar: Nachwuchsförderung ist für den Betrieb zentral, wobei es nicht nur um die Lehre an sich geht, sondern genauso darum, den Nachwuchs zu halten und ihn zu Weiterbildungen zu motivieren.

Die Gentsch AG

Die Gentsch AG wurde 1986 durch Hanspeter Gentsch gegründet. 2017 übernahm Beat Angst das Unternehmen von einem Nachfolger Gentschs. Die Firma hat sechs Angestellte, alle sind in einem Holzberuf ausgebildet, fünf davon Schreiner und ein Holzbautechniker. Letzterer ist gerade bei der Planung von Holzkonstruktionen und beim Brandschutz hilfreich. Vier der Mitarbeiter sind immer vor Ort, zwei extern unterwegs. So kann ein Auftrag von der Offertanfrage bis zum fertigen Projekt Inhouse umgesetzt werden und der Kunde bekommt wirklich ein auf ihn individuell abgestimmtes, optimales Objekt.

Das Unternehmen realisiert jährlich ca. 100 bis 130 Projekte, davon der Grossteil im Wohnungsbau. Als Kernkompetenzen bezeichnet Firmenchef Beat Angst die überschaubare Grösse, die kurzen Distanzen und die guten Kommunikationswege sowie die flexible interne Aufstellung. Flexibilität wird von den Kunden je länger je mehr geschätzt und ist für die Gentsch AG ein Alleinstellungsmerkmal gegenüber grossen Mitbewerbern. Ebenso die umfassende und breite Angebotspalette von der Standardtür bis zu einer komplexen Tür im Bereich Denkmalschutz, die als Einzelanfertigung hergestellt werden muss. Davon zeugen auch die weit über die Kantonsgrenzen realisierten prestigeträchtigen Bauprojekte.

Der Firmenchef

Beat AngstDer 56-jährige Beat Angst stammt aus dem Furttal. Nach seiner Erstausbildung zum Möbelschreiner absolvierte er verschiedene Weiterbildungen als Werkmeister sowie im Bereich Betriebswirtschaft und sammelte Erfahrungen an verschiedenen Arbeitsstellen im Schreinerberuf, auch in Führungspositionen. Danach entschied er sich für die Selbständigkeit. Seit rund 20 Jahren ist Beat Angst zudem Prüfungsexperte, mittlerweile auch Chefexperte bei den Lehrabschlussprüfungen der Schreiner. In Schaffhausen geniesst er die Altstadt und ganz allgemein den offenen Umgang im Kanton. Heute wohnt er im höchst gelegenen Dorf des Zürcher-Weinlands, in Buch am Irchel.

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