Als es in Schaffhausen das erste Mal weihnachtlich leuchtete
Lange war die Weihnachtszeit in Schaffhausen düster: Erst in den Sechzigern gab es die erste öffentliche Weihnachtsbeleuchtung - seitdem hat sich sehr viel verändert.
Diesen Artikel haben wir aus unserem SHN-Archiv gekramt und erneut publiziert. Er erschien das erste Mal an Weihnachten 2018. Wir wünschen frohes Lesevergnügen!
Können Sie sich die Adventszeit in Schaffhausen ohne die Lichterketten in der Altstadt vorstellen? Ohne den Weihnachtsbaum, kontrovers oder nicht, auf dem Froni? Was bliebe denn dann? Eine düstere Atmosphäre in einer Zeit, in der die Tage kürzer, die Nächte länger und die Temperaturen frostiger werden. So jedoch strahlt die Altstadt, mit tausenden kleinen Lichtern, die einen auf die schönste Zeit des Jahres einschwören: Weihnachten.
Das war jedoch nicht immer so – und der Weg dorthin war lange. Wir zeigen Ihnen, was passieren musste, ehe auch auf öffentlichem Grund Weihnachtsstimmung herrschte.
Wir sehen Sterne
Die Lichterketten, wie wir sie heute kennen, dauerten eine Weile. Schaffhausen war, zumindest was die Weihnachtsbeleuchtung angeht, eher trist unterwegs. Zwar schmückten die Geschäfte bereits ihre Schaufenster und man fand auch den einen oder anderen Weihnachtsbaum in der Stadt, aber die festliche Beleuchtung wie wir sie heute kennen war Zukunftsmusik.
Das änderte sich erst im Jahr 1960. Dort kommt im Stadtrat das erste Mal die Frage auf, ob man nicht Weihnachtsbeleuchtung aufhängen soll. Diese Idee findet Anklang, so dass ein Probelauf unternommen wird: Im Sommer 1961, oder wie die Schaffhauser Nachrichten damals schreiben: «Bereits im verflossenen Winter war im Stadtrat die Rede davon gewesen, und diesen Sommer hatte die Passanten der Vordergasse ein Probestern unter einem warmen, blauen Himmel überrascht.»
Die SN freut sich damals: «Wen es nach vorweihnachtlichem Lichterglanz gelüstet, der ist nicht mehr auf einen Abstecher nach Zürich angewiesen. Nicht nur die Bahnhofstrasse mit ihren Sterngebilden, der Rennweg mit seinen Glühbirnen-Girlanden und der Limmatquai mit den stilisierten Tannenbäumchen, sondern auch die Strassen Schaffhausens haben sich dieses Jahr festlich geschmückt.» Ganz umstritten waren die Sterne, die damals in der Altstadt aufgehängt wurden, jedoch nicht. So war Stadtpräsident Walter Bringolf laut der SN nicht sonderlich begeistert von dem Lichterglanz in der Altstadt. «Das Auge des Stadthauses, genauer ausgedrückt des Stadtpräsidenten, ruht mit einem gewissen Unbehagen auf diesen Lichtspendern und befürchtet eine Verschandelung des Stadtbildes sowie ein überborden des Geschäftsrummels.»
Aber nicht nur der Stadtpräsident ist kein Freund der ersten Weihnachtsbeleuchtung: Auch in der Bevölkerung ist diese zuerst umstritten. Der Grund: Sie ersetzen in der Weihnachtszeit die Strassenlampen. Das schmeckt nicht jedem. So schreibt ein Leser am 11. Dezember 1961: «Kam man in früheren Dezembermonaten aus den strahlenden Nachbarstädten in unsere von jeher zu wenig beleuchtete Stadt, so fühlte man sich um Jahrzehnte zurückversetzt. Nachdem man sich dieses Jahr dazu aufgeschwungen hat, die schwachen Strassenlampen durch magere und noch weniger strahlende Neonsterne zu ersetzen, sind wir im traulichen und weihnachtlichen Mittelalter gelandet.»
Der Leser hatte zwar keine Probleme mit der Weihnachtsbeleuchtung, im Gegenteil, er fand, dass für den «heutigen Menschen» der «strahlender Lichterglanz offenbar etwas Freudiges, und deshalb ist aus den früheren billigen Lichtdekorationen an vielen Orten ein vielfach künstlerisch gestaltetes Lichtermeer entstanden, das auch zum Erlebnis werden kann.» In Schaffhausen jedoch habe man «mit den neuen Sternen an Stelle der alten Lampen den gegenteiligen Weg eingeschlagen. Es ist noch dunkler als vorher und der Vorort Jestetten strahlt mehr als unser oberrheinisches Einkaufszentrum.»
Von den Sternen zu «Raumschiffen»
Harter Tobak – trotzdem blieben die Sterne hängen und fanden auch viel Anklang. Damit war der Grundstein gelegt, dass auch in der Altstadt zur Weihnachtszeit Lichter leuchteten – auch Abseits von Geschäften. Im Laufe der Jahre wurden dann die groben Sterne durch geschwungene und verzierte ersetzt.
Anfang der Siebziger sah es kurz düster für die Weihnachtsbeleuchtung aus, denn: Man machte sich Sorgen, dass es zu einer Stromknappheit, vor allem nachts kommen könnte. Grund war dafür die Öl- und Energierkrise, die die Welt im Atem hielt. Stromsparen war angesagt und dann wurde auch erstmal an die Weihnachtssterne gedacht. So wurde am 20. November 1973 der Antrag «Energiesparen: Antrag, die Weihnachtsbeleuchtung1973 nicht aufzuhängen» bei der Stadt eingereicht. Damit ist die Stadt nicht alleine: Fast alle Städte in der Schweiz springen auf den Zug zur reduzierten Weihnachtsbeleuchtung auf. In Zürich werden die Leuchtzeiten der Weihnachtsbeleuchtung massiv reduziert, in St. Gallen bleiben die Lichter sogar ganz aus.
In Schaffhausen leuchteten die Lampen, wenn auch reduziert, aber sie kommen in die Jahre – und werden später ausgetauscht. Dieses Mal kommt es bereits im Frühjahr 1979 zu einem Testlauf – und skurrilen Beleuchtungen am Schaffhauser Himmel. «Etliche Schaffhauser verrenkten sich am Mittwoch an der Tanne die Köpfe, und ihre Blicke schwebten zum Himmel. Gerätselt wurde aber nicht um ein unbekanntes Flugobjekt, sondern über die Lampen, die da in der Luft schaukelten», wie die SN damals schrieb.
Die Weihnachtsbeleuchtung sollte laut Pro City «weihnachtliche Stimmung» verbreiten und gleichzeitig «auch als künstlerisch wertvoll eingestuft» werden können. 10‘000 Franken lies sich der Verein die insgesamt 94 Leuchten damals kosten, die von Swiss Lamps in Zürich von Philippe Ulmann und Jose Pujol erfunden wurde.
Finden Sie die Beleuchtung gewöhnungsbedürftig? Die Schaffhauser fanden das nicht. So stellte die Stadt damals überrascht fest: «Normalerweise dauert es viel länger, bis sich die Schaffhauser an etwas Neues gewöhnen. Kritische Stimmen werden sich wohl noch erheben, doch es steht fest, die Beleuchtung findet Anklang.»
Teurer wird’s immer
Die «Raumschiffe» wanderten später auf die Strassenlampen. Das führte jedoch zu weiteren, teils massive Kosten: Laut der SN vom 27. November 1985 musste der Verein Pro City die Lampen für die Beleuchtung damals 30‘000 Franken pro Jahr ausgeben.
Aber nicht nur der Unterhalt kam teuer: Auch die Tatsache, dass immer wieder Lampen geklaut wurden macht dem Verein Kummer. So meldete Pro City im Jahr 1985, dass man ihnen knapp 120 von 2000 Lampen aus der Fassung geklaut hatte.
Sie merken: Die Weihnachtsbeleuchtung machte einige Probleme. Daher zog man auch im Jahr 1989 die Notbremse. Zu diesem Zeitpunkt waren 30 Elemente der bisherigen Weihnachtsbeleuchtung defekt und die restlichen in einem sehr schlechten Zustand. Eine neue musste her. Zusammen mit der Stadt suchte Pro City also im selben Jahr nach einer Alternative. Diese kam dann im Jahr 1990: Dieses Mal gab es wieder Sterne, die an die Lampen montiert wurden.
Endlich leuchten auch die Gassen
Aber wann kamen denn jetzt die Lichterketten, die wir heute in den Gassen der Altstadt kennen? Das war Ende der neunziger Jahre der Fall: 1997 wird das erste Mal ein «Sternenhimmel» in der Altstadt montiert – schon damals ein schwieriges Unterfangen, so dass nur eine Teststrecke von der Oberstadt bis zum Rathausbogen gespannt wird. Ein Jahr später leuchtet dann die gesamte Altstadt so, wie wir es heute kennen.
Eine Änderung gab es dann allerdings doch noch: 2012 wurden die alten Lampen durch LED-Birnen ersetzt. Diese strahlen bis heute über der Altstadt.