«X-Men», «Es war einmal – das Leben», «Darkwing Duck»: Kinderfernsehen war früher einfach besser

Ralph Denzel | 
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Symbolbild (Pexels)

Es ist Samstag, 8 Uhr morgens. Ich bin noch im Schlafanzug, schnappe mir eine Decke, werfe sie mir über die Beine und darf den Fernseher einschalten. Meine Patentante streichelt mir liebevoll über den Kopf, während sie sich auf die Couch legt und noch ein wenig die Augen schliesst. In der Flimmerkiste läuft Werbung für den neusten Super-Soaker, ein Lego-City-Set, Punica und MB-Spiele. Pünktlich um 8.10 Uhr beginnt die Titelmelodie der Zeichentrickserie «X-Men», und ab diesem Moment könnte neben mir eine Bombe einschlagen, ich wäre nicht mehr aus meiner kindlichen Trance zu reissen. Meine Augen kleben am Fernseher, an den Abenteuern von Wolverine, Cycolopse, Storm und natürlich Professor X. Danach geht es direkt weiter: «Darkwing» Duck stürzt sich in sein nächstes Abenteuer, bevor «Captain Balu» mit der «Seegans» wieder abhebt…

Wer jetzt ein nostalgisches Funkeln in den Augen hat, ist wahrscheinlich auch in den 90er Jahren aufgewachsen und hat die goldenen Zeiten des «Samstagmorgen-TV» miterlebt. Serien, die Generationen geprägt haben, die bis heute ihre Fans haben und die man sich zum Teil auch heute noch als Erwachsener anschauen kann.

Umso schwieriger ist es, wenn ich heute sehe, was für meinen Sohn im Fernsehen läuft –mit dem ich mich gar nicht mehr identifizieren kann. Die meisten Serien sind keine Zeichentrickfilme mehr, sondern Computeranimationen. Das macht sie in meinen Augen «seelenlos», denn es fehlt der Charme, den man früher in den fliessenden, butterweichen Animationen erleben konnte.

Heute stolpern sechs Hundewelpen über das Bild, die Schlümpfe werden von einem digitalen Gargamel gejagt, ein Feuerwehrmann mit viel zu breitem Grinsen und viel zu digitaler Nase bekämpft Brände… Das alles plätschert so dahin, während ich genau weiss, dass ich beim nächsten Ausflug in einen Spielzeugladen Hunderte von Merchandising-Artikeln mit genau diesen sechs Hundewelpen, dem Feuerwehrmann und den blauen Bewohnern von Schlumpfhausen sehen werde.

Natürlich sind diese Serien für Kinder gemacht, natürlich sind die Geschichten, die da in zum Teil zehn Minuten erzählt werden, keine ausgereiften Shakespeare-Dramen oder wenigstens irgendwie spannend, aber irgendwie kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass «früher alles besser war».

Und natürlich weiss ich auch, dass es auch früher schon darum ging, mit Zeichentrickfiguren nicht in erster Linie Kinder zu unterhalten, sondern Geld zu verdienen. Ziel der Produzenten war es, die Kinder so an die gezeichneten Figuren auf dem Bildschirm zu binden, dass sie ihr ganzes Taschengeld und im Idealfall auch das Geld ihrer Eltern für irgendwelchen Merchandise-Quatsch ihrer gezeichneten Helden ausgeben.

Aber war das damals schon so offensichtlich wie heute? Habe ich damals meine kindliche Naivität verloren, als ich lieber länger im Bett liegen blieb, als mir morgens den Zeichentrickfilm anzusehen? Oder sind die Kindersendungen heute nicht mehr so schön wie früher?

Ich weiss es nicht – vielleicht sitze ich in 30 Jahren mit meinem Junior auf der Couch, während er seinem Sohn und ich meinem Enkel bei «seine» Serien in der Flimmerkiste zuschauen. Und wer weiss, vielleicht sagt mein Junior dann: «Also früher hatten die Zeichentrickfilme mehr Seele» – und ich werde nur denken: «Du hast ja keine Ahnung…»

Hier schreibt Ralph:

 

39 | Alleinerziehender Papi | schreibt über die Alltagstücken als Alleinerziehender

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