Kakao ohne Kompromisse: Die Herausforderungen der Beringer Pronatec AG

Was passiert, wenn ein Schweizer Unternehmen beschliesst, Kakao radikal anders zu denken? Die Firma Pronatec AG verarbeitet in Beringen ausschliesslich Bio-Kakao – direkt bezogen von Kleinbauern, fair bezahlt und lückenlos rückverfolgbar. Doch in einem Markt voller Preisdruck und Unsicherheiten ist Nachhaltigkeit kein Selbstläufer.
In Beringen steht eine weltweit einzigartige Fabrik: Der Kakaoverarbeitungsbetrieb Pronatec Swiss Cocoa Production verarbeitet hier ausschliesslich Bio-Kakaobohnen. Für das Unternehmen war die Eröffnung der eigenen Anlage im Jahr 2022 ein grosser Schritt. «Wir wollten volle Rückverfolgbarkeit und keine Vermischung mit konventioneller Ware mehr», sagt Simon Yersin, Geschäftsleitungsmitglied bei Pronatec. Möglich werde dies durch getrennte Chargenverarbeitung und ein eigenes digitales Kontrollsystem, mit dem sich die Herkunft jeder Bohne bis zum Kleinbauern rückverfolgen lasse.
Bio ab der Bohne
75 Prozent des verarbeiteten Kakaos sind doppelt zertifiziert – Bio und Fair-Trade. Das Besondere daran ist, dass Pronatec die Rohware fast ausschliesslich direkt bei Kleinbauernkooperativen einkauft. «Uns ist wichtig, langfristige Partnerschaften aufzubauen, nicht nur punktuell Bio zu kaufen», sagt Yersin. In der Dominikanischen Republik, wo der Grossteil des Kakaos herkommt, betreibt das Unternehmen eine eigene Tochtergesellschaft mit bis zu 140 Mitarbeitenden. Sie koordinieren Ernte, Fermentation und Export, ganz ohne Zwischenhandel.
Fair ist nicht immer einfach
«Das Modell des Direct Sourcing bringt viele Vorteile mit sich: Es schafft Nähe, Transparenz und bessere Qualität», so Yersin. Gleichzeitig sei es kein Selbstläufer, da der Bio- und der Kakaomarkt aktuell angespannt seien: «2024 war ein Jahr der Extreme, und viele Produzenten hielten ihre Verträge nicht ein, weil die Weltmarktpreise in die Höhe schossen. Wir mussten bis zu fünfmal mehr Kapital aufbringen, um die benötigten Mengen zu sichern.»

Während Pronatec an fixe Kundenverträge gebunden war, wandelte sich der Kakaomarkt zu einem Verkäufermarkt. Trotzdem hält das Unternehmen am direkten Einkauf fest: «Nur wenn wir nahe dran sind, können wir auch bei steigenden regulatorischen Anforderungen – wie der EU-Entwaldungsverordnung – schnell und gezielt reagieren», sagt Yersin. Die Partner vor Ort werden bei der Umsetzung aktiv unterstützt, teils mit eigens entwickelten App-Lösungen, die Bio-Kontrollen digitalisieren.
Nachhaltigkeit als System
Für nachhaltige Lieferketten reicht das aber nicht. «Wir brauchen ein gewisses Mass an Preisstabilität – zwischen 4000 und 6000 US-Dollar pro Tonne. Sonst wird es für die Bauern nicht planbar – und für uns nicht finanzierbar», so Yersin. Aktuell setzt das Unternehmen auf flexible Preismodelle, Lagerhaltung und breitere Lieferantenbasis, um die Risiken zu diversifizieren.
Die Vision des Unternehmens geht über fairen Handel hinaus: Pronatec fördert Agroforstsysteme in Madagaskar, stellt klimaresistente Kakaosetzlinge zur Verfügung und arbeitet mit myClimate an der Reduktion der CO₂-Emissionen. Die Fabrik läuft mit Wasserkraft, bald soll Solarstrom folgen. Für die Auslieferung flüssiger Bio-Kakaomasse und -Kakaobutter kommen seit diesem Frühjahr E-LKWs zum Einsatz.
«Wir versuchen, ganzheitlich zu denken – ökologisch, sozial und wirtschaftlich. Aber das geht nur, wenn Markt und Politik Nachhaltigkeit auch belohnen. Das heisst, Käufer müssen bereit sein, faire Preise für nachhaltig produzierte Rohstoffe zu zahlen – und auch die Politik ist gefordert, durch gezielte Anreize und klare Rahmenbedingungen dafür zu sorgen, dass sich verantwortungsvolles Wirtschaften lohnt.»