Hallaus jüngstes Baby – eine Gewerbeschau, die nur dank Zusammenhalt zustande kam
Wie kommt ein einzelnes Dorf dazu, in Zeiten der Digitalisierung eine eigene Gewerbeschau zu organisieren? «In Hallau ist eben vieles etwas anders», erklären mir meine beiden Gesprächspartnerinnen vom Organisationskomitee. Auf Spurensuche einer besonderen Unternehmens-DNA im Unterchläggi.
Betritt man das Büro von Katharina Klemenz, spürt man die Anpacker-Mentalität unmittelbar. Energiegeladen nimmt sie die Sache sofort in die Hand, obwohl ich das Interview eigentlich mit Micha Schlatter, ihrem Co-Präsidentenkollegen der Schau und Inhaber des Gewerbepark Hallau, abgemacht habe. Er sei verhindert, schicke aber seine Frau Claudia als Vertretung. Begeistert erzählt Klemenz von ihrem Herzensprojekt:
«Wie man unschwer erkennen kann, wenn man sich vor Ort umsieht, blüht hier das Industriegebiet. Überall wird gebaut und weiter ausgebaut.» Ich blicke aus dem Fenster auf die Baumaschinen, welche in diesem Fall mehr mit den Aufräumarbeiten der Überschwemmungen zu tun haben, die national für Schlagzeilen sorgten. Aber ja: Hier wächst definitiv eine Industriezone und was gedeihen soll, braucht Pflege – auch in Form von Öffentlichkeitsarbeit. Trotzdem habe ich nicht das Gefühl, in einer PR-Show gelandet zu sein. Im Gegenteil: Hier engagiert sich jemand mit sehr viel Optimismus und Herzblut.
«Diese positive Entwicklung des Industriegebiets hat zum Wunsch geführt, all das neu Entstandene einmal einer breiten Öffentlichkeit präsentieren zu können», erläutert Klemenz. So habe sich ein Organisationskomitee (OK) gebildet, das als erstes versuchte, herauszufinden, wieviele Unternehmen es denn in Hallau und Oberhallau überhaupt gebe. Vom Resultat sei man überrascht gewesen: Über 100 Firmen! Und da hätte sich wie üblich die Hallauer DNA gezeigt: «Ein starker Zusammenhalt und die Bereitschaft, neue Ideen aufzunehmen und zusammen etwas rasch und unkompliziert auf die Beine zu stellen», sagt Klemenz. So hätten auch in diesem Fall ein paar Telefonate gereicht und dann sei klar gewesen: «Unser Organisationskomitee mit Micha und Claudia Schlatter, Claudia Klarer, Markus Hallauer, Lasse Pfenninger und mir - das funktioniert.» Und nach ein paar weiteren Abklärungen seien auch die lokalen Firmen mit im Boot gewesen.
35 Unternehmen sind es nun, die sich am 31. August und 1. September der breiten Öffentlichkeit präsentieren möchten. Dabei zeigt sich eine ungeheure Vielfalt an Ausstellern: Anbieter von Hörberatungen, Pneu-Spezialisten, ein Spielwarengeschäft, Weinfirmen, ein Spezialisten für Holzenergie, die international tätige Firma Stamm AG mit ihren spritzgegossenen Präzisionsteilen und sogar ein Wasserrutschenpark-Hersteller präsentieren sich neben vielen anderen den Gewerbeschaubesuchern.
Die Stamm AG war es denn auch, welche ursprünglich den letzten Anstoss für die Planung der Schau gegeben hatte. Die Idee sei nämlich gar nicht neu, sondern schon zwei Jahre alt, erklärt Klemenz. So war die Durchführung bereits im 2022 vorgesehen. Dann habe sich jedoch herausgestellt, dass im gleichen Zeitraum die Klettgauer Gewerbe-Ausstellung in Neunkirch stattfinden würde. Also wurde verschoben. Doch auch zwei Jahre später stellt sich das Datum als «Doppelbuchung» heraus. Diesmal mit dem 150 Jahr Jubiläum des Hallauer Turnvereins. Da es sich nicht um einen gleichgearteten und damit um keinen konkurrenzierenden Anlass handelte, sei man vor der Wahl gestanden, entweder den Termin nochmals zu verschieben oder etwas zusammen zu machen. Da letzteres viel eher der Hallauer Mentalität entspreche, habe man diese Option gewählt und die Feier kurzerhand in den Anlass integriert. So findet nun am 31. August von 11-19 Uhr die Hallauer Gewerbeschau statt, während das Jubiläum des Turnvereins um 17 Uhr mit einem Festakt startet und ab 20 Uhr das Publikum sozusagen nahtlos weiter unterhält mit Live-Musik und Festprogramm.
So funktioniere das eben in Hallau – das zeichne das Dorf und seine Nachbargemeinde Oberhallau aus. «Man arbeitet zusammen und unterstützt einander», sei dies beim Hallauer Openair, dem Oberhallauer Bergrennen oder dem Hallauer Herbstfest. «Alles ist sehr verzahnt, man schaut zueinander und dafür, dass jeder profitieren kann», erläutert Klemenz.
Was man sonst noch über die mit viel Leidenschaft organisierte Schau wissen muss? «Bei uns reiht sich nicht einfach Ausstellungsstand an Ausstellungsstand – es ist eher ein Tag der offenen Tür, an dem die Aussteller in ihren Firmenräumlichkeiten von der Stamm AG bis hinunter zur Kurt Schwaninger AG besichtigt werden können», erklärt die Co-Organisatorin. Die Aussteller, der beiden Dörfer, die nicht im Gewerbegebiet Zuhause sind, finden Unterschlupf bei einem der Kollegen vor Ort.
Auch Essen und Trinken geniessen selbstverständlich einen hohen Stellenwert in Hallau. Claudia Schlatter: «An jedem Standort ist ein anderer Gastgeber um das Wohl der Gäste besorgt. Dabei war es uns sehr wichtig, lokale Produzenten und Gastroanbieter engagieren zu können.»
Zudem bieten 15 der mitwirkenden Unternehmen auch kreative Attraktionen für Kinder an. Und auch für Jugendliche ist der Anlass interessant – vor allem für jene, die bald die Schule abschliessen. Denn neben der Präsentation der Firma, zeigen die einzelnen Aussteller auch ihre Angebote an Lehrstellen auf. «Eine weitere erstaunliche Entdeckung von uns als OK war, dass in den beiden Dörfern 59 verschiedene Lehrberufe angeboten werden und zwar von verschiedenster Art in allen Wirtschaftssektoren.» Für rund 2800 Einwohner und an peripherer Lage gelegen doch eine beachtliche Leistung und für die Firmen in Zeiten eines zunehmenden Fachkräftemangels auch ein wichtiger Aspekt der Schau.
Ich bedanke mich. Beim Rausgehen fällt der Blick erneut durchs Fenster auf die Aufräumarbeiten. Hatte das Unwetter so kurz vor der Durchführung keinen Einfluss auf das Projekt? Klemenz nickt: «Es sieht tatsächlich nicht so toll aus bei unserem Nachbarn Rimuss». Und Schlatter ergänzt: «Wir hatten viel Wasser bei uns im Gewerbepark…». Aber – wir ahnen es: Auch diesmal hat sich der grosse Zusammenhalt der Hallauer bewährt. «Alle bei uns eingemieteten Unternehmer waren die Tage nach dem Unwetter vor Ort, haben aufgeräumt und einander geholfen», erklärt Schlatter. Es sei bei keinem zur Diskussion gestanden, die Schau abzusagen. Klemenz: «Genau so ist das hier, wir ziehen an einem Strick und halten zusammen.»