«Ein bisschen Demut ist angebracht»

Unternehmensberatern eilt oft nicht der beste Ruf voraus. Doch was ist dran an der Kritik? Um Antworten zu finden, haben wir Mike Wiede von der Partner Consulting GmbH zum Gespräch gebeten. Frisch in neue Büroräumlichkeiten in Stein am Rhein gezogen, gewährt er uns Einblick in seinen Beratungsprozess, verrät, welche Eigenschaften einen guten Berater ausmachen und was die Voraussetzungen für eine partnerschaftliche Zusammenarbeit sind, in der sich der Kunde weder bevormundet noch übergangen fühlt.
Herr Wiede, um das Image von Unternehmensberatern steht es nicht zum Besten: Sie haben zuweilen den Ruf, ein paar gescheite Fragen zu stellen und eine hohe Rechnung zu schicken, sich aber vor jeder Verantwortung zu drücken. Ist die Kritik gerechtfertigt?
Mike Wiede: Es gibt zwei Arten von Unternehmensberatern. Die einen, die Unternehmen längerfristig in einem Prozess begleiten und solche, die wirklich nur als «Advisor» für eine Entscheidungsfindung beigezogen werden, beispielsweise bei einer strategischen Neuausrichtung. Bei Letzteren ist jedoch schon zu Beginn klar, dass ihr Mandat nach der Entscheidungsphase zu Ende sein wird. Sie deswegen als schwarze Schafe zu betiteln, finde ich nicht angebracht. Als Auftraggeber lohnt es sich auf jeden Fall, gut zu recherchieren und Referenzen einzuholen, von wem man sich beraten lassen will.
Wenn Sie von einem Unternehmen gerufen werden: Wie gehen Sie vor?
Wiede: Mein Spezialgebiet ist das Partnermanagement (siehe Box). Um einem Kunden helfen zu können, muss ich zuerst die aktuelle Situation analysieren. Ich stelle Fragen, schaue mir Prozesse, Verträge, Partnerumsätze und Partnerdatenbanken an und spreche mit den Bereichsverantwortlichen. Aus all diesen Informationen erstelle ich dann ein Konzept, in dem ich Änderungen für effizientere Prozesse vorschlage, mit dem ein effektives Partnermanagement erreicht werden kann.
Sie gehören zur Sorte Berater, die ein Unternehmen auch bei der Umsetzung begleitet?
Wiede: Ja, ich bin immer auch an der Konzeptumsetzung beteiligt und begleite meine Kunden, wenn es beispielsweise darum geht, Prozesse einzuführen. Einige Kunden wünschen sich auch eine operative Betreuung. Dies hat für den Kunden den Vorteil, dass er von Synergieeffekten profitiert, da ich auch mit anderen Partnern ähnliche Prozesse durchführe. Ich organisiere für meine Kunden auch Partnerkonferenzen, gleise neue Partnerschaften auf oder verhandle mit potentiell neuen Partnern über eine Kooperation.
Sind Sie auf gewisse Branchen und Unternehmensgrössen spezialisiert?
Wiede: Da meine Kunden im IT-Bereich oft branchenübergreifend arbeiten, bin ich grundsätzlich nicht auf einzelne Branchen spezialisiert. Die einzige Branche, über die ich wirklich keine Kenntnisse besitze, ist der Bankensektor. Die meisten meiner Kunden sind kleine und mittelständische Unternehmen, ich habe jedoch auch Grossunternehmen, die ich beraten darf.
Sind die Problemstellungen sehr verschieden oder gibt es gewisse Dauerbrenner?
Wiede: Die Problemstellungen sind oft relativ ähnlich. Vielfach treffe ich auf ein Unternehmen, das über kein systematisches «Partnermanagement» verfügt: Jeder Verantwortliche hat zwei, drei Partner, die er kennt und die er immer wieder für Aufträge anfragt. Aber es gibt keine einheitliche Vorgehensweise und Synergieeffekte werden liegengelassen. Bei den meisten Partnerschaften geht es um eine «reaktive» Zusammenarbeit, das heisst der Partner wird nur angefragt, wenn es spezifischen Bedarf gibt. Die «hohe Schule» ist es aber, eine strategische Partnerschaft aufzubauen. Diese bietet erhebliche Möglichkeiten für alle Parteien, ist jedoch ein langwieriger Prozess, da ein solches Vorhaben komplexe Änderungen für ein Unternehmen mit sich bringt.
Was für Voraussetzungen muss man für diesen Job mitbringen? Konkret: Was macht Sie zu einem guten Unternehmensberater?
Wiede: Als Unternehmensberater muss man gut zuhören, analysieren und die richtigen Fragen stellen können. Auch Branchenkenntnis und Prozessverständnis sind wichtig, wie auch ein grosses Netzwerk sehr hilfreich ist. Der entscheidendste Faktor ist jedoch die Erfahrung.
Es braucht ganz schön viel Selbstvertrauen, anderen, die sich tagtäglich mit den eigenen Business-Problemen beschäftigen, Rat zu erteilen. Grenzt das nicht an Selbstüberschätzung?
Wiede: Ein bisschen Demut ist durchaus angebracht, da haben Sie Recht. Um als kompetenter Partner wahrgenommen und akzeptiert zu werden, ist es wichtig, partnerschaftlich zu agieren und den Unternehmen das Gefühl zu vermitteln, dass sie mit mir einen Vertrauten «einkaufen», der ihnen nicht «von oben herab» sagt, was zu tun ist. Es geht um eine Partnerschaft zwischen Kunde und Berater, in der gemeinsam und auf Augenhöhe eine auf den Kunden zugeschnittene Lösung erarbeitet wird.