So soll es mit der Entwicklung der Schaffhauser Schulen weitergehen

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Raphaël Rohner, Werner Bächtold, Katrin Huber und Kathrin Menk erläutern die Pläne, wie die Schulen in Schaffhausen fit gemacht werden sollen für die Zukunft.

Der städtische Bildungsreferent Raphaël Rohner, Schulpräsident Werner Bächtold, Katrin Huber, Stabsleiterin Bildung, sowie Kathrin Menk, Bereichsleiterin Bildung, geben Auskunft über die mittel- und langfristige Entwicklung der Schulen in der Stadt Schaffhausen.

Text Alfred Wüger
Bilder Michael Kessler

«Vor sechs Jahren haben wir festgestellt, dass die bauliche Situation der Schaffhauser Schulen unbefriedigend ist», sagt Stadtrat Raphaël Rohner, seines Zeichens Bildungsreferent und als solcher Hauptverantwortlicher für die schulische Infrastruktur. Damals habe man sich entschlossen, eine Gesamtplanung für die ganze Stadt auf die Beine zu stellen, die nicht nur die zahlenmässige Entwicklung der Schülerzahlen berücksichtigt. «Die Stadt ist am Wachsen, gegenwärtig haben wir 3700 Schülerinnen und Schüler.» Da sei nicht nur der Neubau von Schulhäusern – in Herblingen gegenwärtig im Kreuzgut –, sondern auch der Sanierungsbedarf der Schulhäuser sowie der Sportanlagen von grosser Bedeutung. Fazit: «Die schulische Infrastruktur entspricht in verschiedenen Schulhäusern nicht mehr dem, was man für modernen Unterricht braucht. Es fehlen Gruppenräume, Therapiezimmer, Fachzimmer.»

Professionelle Schulraumplanung

In der Folge dieser Erkenntnis seien zwei spezialisierte externe Büros vom Stadtrat beauftragt worden, die Schulraumentwicklung zu planen. «Nun haben wir eine auch im schweizweiten Vergleich professionelle Schulraumplanung, und die ist nicht einfach abgeschlossen, sondern sie erlaubt, den Handlungsbedarf bei den verschiedenen Projekten zu überwachen und mit einem jährlichen Monitoring laufend den Bedürfnissen anzupassen.» Es sei ihm ein grosses Anliegen, dass die schulische Infrastruktur stimme, denn: «Die Investition in die Bildung und die Infrastruktur der Schule ist eine gute Investition.» Was wie eine Plattitüde klingt, ist keine Selbstverständlichkeit. Schulpräsident Werner Bächtold sagt: «Schulraumplanung ist extrem wichtig, ich bin froh, dass die Stadt Schaffhausen diese Planung professionell angeht, denn das hat gefehlt. Und dass das gefehlt hat, das sieht man überall in den Schulen.»

Die Schulhäuser seien in die Jahre gekommen, es brauche Sanierungen, Erweiterungen, Neubauten, und der Stadtschulrat stehe zu 100 Prozent hinter der aktuellen Planung. Noch einmal Raphaël Rohner: «Alle Projekte, die jetzt in der Pipeline sind oder schon im Grossen Stadtrat zur Beratung vorliegen, sollen dem Grundsatz gerecht werden, dass der Kindergarten und die Primarschule im Quartier oder im Dorf, die Sekundarschulklassen aber an zentralen Orten zusammengefasst werden können.» Ausserdem sollen an jedem Standort schulergänzende Betreuungsmöglichkeiten geschaffen werden.

Es gibt viel Nachholbedarf

Gehen wir ins Detail: «Ich stelle fest, die Stadt Schaffhausen hat einen grossen Nachholbedarf», sagt Werner Bächtold, «und es ist richtig und für mich erfreulich, dass jetzt in relativ kurzen Abständen im Grossen Stadtrat immer wieder Beschlüsse anstehen zur Sanierung, zur Erweiterung oder zum Neubau von Schulanlagen. Es ist höchste Zeit.» Aber es dauere, das zeige die Erfahrung, in der Regel rund zehn Jahre von der Idee bis zum Augenblick, wo man die Tür zu einem Schulneubau aufschliessen könne. «Das ist einfach so», so Bächtold, «und zwar aufgrund der politischen Prozesse.» Deshalb sei es wichtig, dass man mittel- und langfristig plane. Man müsse dem prognostizierten Wachstum gerecht werden, sodass man bereit sei und den Schulraum habe, wenn die Kinder dann da sind.

Allerdings, so Bächtold weiter, sei Schaffhausen nicht die einzige Stadt, die einen Nachholbedarf habe. Immer wieder harze es in den Parlamenten. «Man darf nicht unterschätzen, dass Schulentwicklung immer auch die Schulraumentwicklung beeinflusst», so Bächtold. Das heisst: Es braucht heute mehr Platz als früher. «Am Ende der 1960er-Jahre hatte man in Schaffhausen einmal fast doppelt so viele Kinder in fast halb so vielen Schulzimmern wie heute. «Das war möglich, weil die Klassen riesig waren», so Werner Bächtold. «Eine Klasse, ein Raum. Das reichte.» Aber heute sei das nicht mehr so. «Jetzt benötigen auch zahlreiche Fachlehrpersonen Schulzimmer, und es braucht Gruppenräume. Man braucht Therapieräume, und nach der Einführung der Schulleitungen braucht es Büros mit Besprechungsmöglichkeiten.» Kurz: All das braucht Platz.

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«Wir holen jetzt das auf, was in früheren Jahren nicht gemacht worden ist.»
Raphaël Rohner, Bildungsreferent der Stadt Schaffhausen

In der Stadt Zürich würden im Halbjahrestakt grosse Schulbauten bewilligt. «Sie sind in Zürich hintendrein wie wir in Schaffhausen, und es ist wichtig, dass wir in Schaffhausen nun Gas geben», so der Schulpräsident weiter. Das Bildungsreferat und das Baureferat hätten das verstanden, aber: «Ich hoffe», betont Werner Bächtold, «dass der Grosse Stadtrat hier ebenfalls mitzieht, denn das Parlament ist manchmal ein Hemmschuh.» Es gehe oft ums Sparen und um immer wieder bessere Ideen. Statt dass ein Projekt wie aktuell die Steigschule einfach mal schlank durchgewinkt würde, werde wieder eine Kommission eingesetzt. «Und all das braucht wertvolle Zeit!», so Bächtold. Und Raphaël Rohner fügt hinzu: «Der eingeschlagene Weg wird sehr viel Geld kosten. Aber jetzt holen wir das auf, was in früheren Jahren nicht gemacht werden konnte.»

Stadt mit grosser Zentrumslast

Der Verweis auf die Gemeinde Neuhausen, die schon vor rund 20 Jahren Schulleitungen und Team Teaching eingeführt hat, wird von Katrin Huber, Stableiterin Bildung, nicht gern gehört: «Neuhausen und die Stadt Schaffhausen kann man nicht miteinander vergleichen», sagt sie und fährt fort: «Neuhausen hatte vor 20 Jahren das grosse Problem, dass die Schule einen schlechten Ruf hatte. Familien machten Druck auf den Gemeinderat.» Man habe in Neuhausen in die Schule investieren müssen, damit die guten Steuerzahler nicht abwanderten. «Das war der Grund, warum sie das Neuhauser Modell durchbringen konnten», fährt sie fort und betont: «Dieses kostet die Gemeinde jedes Jahr eine Million zusätzlich zu den normalen Bildungskosten.»

Die Stadt Schaffhausen sei im Vergleich zu Neuhausen am Rheinfall eine viel grössere Gemeinde und habe eine Zentrumslast zu tragen, die es abzufedern gelte. «Lohn, Stetten, Büttenhardt, Merishausen, Bargen, Dörflingen schicken ihre Oberstufenschüler zu uns, weil sie ihre Oberstufen nicht aufrechterhalten können.»

Es sei «eine alte Tradition», sagt Werner Bächtold, «dass die Kinder der Gemeinden des Oberen Reiat in die Stadt in die Schule kommen.» Diese Gemeinden hätten nie einen Grund gesehen, eine eigene Oberstufe einzurichten. Die Kinder aus den genannten Gemeinden kämen heute mit dem öffentlichen Verkehr in die Schule in der Stadt. «Das ist eine gute Sache. Die Stadt trägt die Zentrumslast: An die Infrastruktur zahlen diese Gemeinden nichts.» Hierüber könnte man die Stirn runzeln, aber: «Dies ist im Schulgesetz so festgelegt», erklärt Raphaël Rohner, und Katrin Huber betont, dass diese politisch gefällten Entscheide nicht zur Debatte stünden. «Die Kreisschulgemeinden haben einen Antrag gestellt an die Stadt Schaffhausen, es gab Volksabstimmungen in den Gemeinden, und die Stadt hat dazu Ja gesagt. Diese politischen Dinge sind gegeben.»

«Wir können für uns in Anspruch nehmen», so Rohner weiter, «dass wir sowohl bei der Schulraumentwicklung wie auch in pädagogischen Fragen und im Hinblick auf Schulleitungen erfolgreiche Vorlagen ausgearbeitet haben. Wir haben den Handlungsbedarf erkannt und sind aktiv geworden. Wir müssen viel Geld investieren, aber wir sind nicht nur besorgt, sondern wir tun auch etwas für unsere Schule und sind auf gutem Kurs.»

Ein Paradigmenwechsel findet statt

Was die Schulleitungen betreffe, habe es an der Urne bis in die jüngste Zeit immer Niederlagen gegeben, sagt Katrin Huber, und der Schulrat habe, schon als sie noch Präsidentin gewesen sei, immer die Haltung vertreten: «Integrative Schulformen sind nur dann sinnvoll umzusetzen, wenn es Schulleitungen gibt. Es braucht Kompetenzen in der Schule, sonst können die Ressourcen nicht professionell verteilt werden.» Jetzt sei man an der Umsetzungsplanung.

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«Hätte ich nicht das Gefühl gehabt, es gehe vorwärts, wäre ich wohl gar nicht Schulpräsident geworden.»
Werner Bächtold, Schulpräsident

«Ich bin froh, dass das jetzt alles läuft», sagt Werner Bächtold. «Hätte ich nicht das Gefühl gehabt, es gehe vorwärts, wäre ich wohl gar nicht Schulpräsident geworden. Ich will nicht den Dornröschenschlaf verwalten.» Vor zwei Jahren sei der Startschuss zu einer weitsichtigen Planung gefallen und ja, er blicke mit einem gewissen Neid auf das Neuhauser Modell, «aber jetzt schauen wir voraus, und ich finde es schön, dass wir für alle Kinder vom Eintritt in den Kindergarten bis zum Ende der Oberstufen eine zukunftsfähige Infrastruktur schaffen sowie Unterrichtsmodelle, die zukunftsfähig sind».

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«Wir wollen ausgewogene Klassen mit gut 20 Kindern und ungefähr gleich vielen Mädchen und Knaben.»
Kathrin Menk, Bereichsleiterin Bildung

Ein wichtiges Thema ist auch die Schuljahresplanung, denn diese soll optimal auf den vorhandenen Schulraum und auf die einsetzbaren Lehrkräfte abgestimmt sein. Die Expertin auf diesem Gebiet, die Bereichsleiterin Bildung, Kathrin Menk, stellt die Herausforderung «Welche Kinder gehen wo in die Schule?» so dar: «Am Anfang steht eine Tendenzmeldung. Wie viele Kinder kommen in die Oberstufe, wie viel kommen hierhin, dorthin?» Im engen Austausch mit dem Stadtschulrat fange man im Dezember damit an, die Anzahl Klassen zu berechnen und: «Alles, was wir umsetzen wollen, muss vom Erziehungsdepartement bewilligt werden», so Kathrin Menk. «Aus finanziellen Gründen.» Aber selbst wenn das Erziehungsdepartement grünes Licht gebe, müssten auch die Lehrkräfte zur Verfügung stehen. Seien die Grobeinteilungen einmal gemacht, gebe es zwischen März und Schulbeginn jeweils viele Mutationen, und da müsse man schauen, in welchen Klassen es noch Platz gebe. «Wir wollen ausgewogene Klassen mit gut 20 Kindern und möglichst gleich vielen Mädchen und Knaben.» Der Schulweg sei dabei nur ein kleines Rädchen in diesem Getriebe und spiele ab der Oberstufe gar keine Rolle mehr.

Dass also irgendwo in einem Quartier neue Oberstufen aus dem Boden gestampft würden, ist nicht zu erwarten. Katrin Huber: «Die Stadt hat entschieden, keine neuen Schulstandorte einzurichten, sondern die bestehenden Standorte zu stärken.» Das sei pädagogisch und didaktisch sinnvoll, denn gerade auf der Oberstufe brauche es Parallelklassen für den Austausch unter den Schülerinnen und Schülern. «Und wir müssen den Lehrpersonen attraktive Pensen anbieten können.» Es gehe heute nicht mehr um Lic-phil-I- oder Lic-phil-II-Lehrkräfte, sondern die Lehrpersonen könnten heutzutage in der Ausbildung die Fächerkombinationen frei wählen, und da sei es dann schwer, ein 100-Prozent-Pensum zu füllen, wenn man nur zehn Lektionen unterrichte. Fazit: «Grosse Oberstufenzentren sind heutzutage das Ziel», so Katrin Huber, «auch aus ökonomischen Gründen.» Die einzelnen Gemeinden könnten gar nicht mehr den ganzen Bildungsfächerkanon anbieten. Kurz: «Niemand hat ein Interesse an einer Oberstufe für lediglich 20 Kinder.»

In den in dieser Strategie angedachten Unterrichtszentren ist es, so Kathrin Menk, unerlässlich, dass die Schulen ausgestattet werden mit den nötigen Tagesstrukturangeboten. «Da waren wir bis anhin partiell noch nicht so gut aufgestellt», sagt sie. «Wir versuchen aufzuholen. Beispiel Breite: Dort haben wir ein gutes Hort-Angebot. Das soll standardisiert werden.» Alpenblick, Zündelgut, Emmersberg, Steig. «Wir sind stark am Planen», so Menk. «35 Prozent der Kinder sollen künftig einen Platz in der Betreuung erhalten, aber wir kooperieren selbstverständlich mit den privaten Angeboten.»

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«Die 20 Jahre Erfahrung, die Zürich gemacht hat, können wir nicht überspringen.»
Katrin Huber, Stabsleiterin Bildung

Und wieder der Blick nach Zürich: Dort will man bis 2037 flächendeckend Tagesschulen einführen. Katrin Huber: «Jetzt kann man natürlich sagen: ‹Das wollen wir auch.›» Aber: «Zürich ist uns bei den schulergänzenden Tagesstrukturen wie Mittagstischen gut 20 Jahre voraus. Hier in Schaffhausen haben wir einen Rückstand. Wir holen das jetzt auf.» Zunächst gelte es, die Schulleitungen zu etablieren, dann die Tagesstrukturen, «und dann können wir über Tagesschulen reden. Die 20 Jahre Erfahrung, die Zürich gemacht hat, können wir nicht einfach überspringen.»

Fakt ist, dass die Stadt Schaffhausen als politische Gemeinde auch hier eine Vorreiterrolle spielt und der Gesetzgebung des Kantons voraneilt. Raphaël Rohner: «Was wir vorantreiben, sind oftmals Pilotprojekte. Der Kanton partizipiert finanziell dann noch nicht daran. Wir sprechen uns aber mit dem Erziehungsdepartement einvernehmlich ab, wie bei den Schulleitungen. Die Zusammenarbeit ist gut.»

Das Volk hat das letzte Wort

Das Gesamtkonzept für alle Schulen sieht Millionenbeträge vor. Es gehe darum, dass Stimmvolk vom Sinn und Nutzen dieser Investitionen zu überzeugen. «Das Volk sollte das aus Überzeugung durchwinken.» Darin sind sich die vier Behördenvertreterinnen und -vertreter einig. Dabei gehen die Gemeinden dem Kanton voran. «Das war schon immer so in der Bildung», sagt Schulpräsident Bächtold. «Wir brauchen den Austausch mit dem Kanton, damit wir nicht gegeneinander arbeiten. Die guten Erfahrungen, die wir in den Gemeinden machen, sollen das Vorbild sein für das Schulgesetz, das dann der Kanton ausarbeiten muss.»

Und sollte jemand das Gefühl haben, Schulraum könne man doch problemlos aus dem Boden stampfen, indem man kurzerhand und je nach Bedarf Pavillons aufstellt, gibt Kathrin Menk zu bedenken, dass jede Baubewilligung ihre Zeit brauche, und Werner Bächtold betont: «Ein Pavillon braucht eine Wasserleitung, Stromleitungen, Abwasserleitungen, Internet und ein Fundament. Das baut man nicht so schnell. Noch einmal: Wir sind am Aufholen, wir geben Vollgas, und beim Vollgas soll es auch bleiben.»

Die Schule ist im Umbruch und wird modern

Die Schule der Stadt Schaffhausen entwickelt sich. Steigende Zahlen der Schulkinder erfordern Erweiterungen und die Schaffung zeitgemässen Schulraums. In den Quartieren soll ausreichend Raum für Kindergarten und Primarstufe geschaffen sowie das Betreuungsangebot gestärkt werden. Ausserdem wird die Infrastruktur für den Schulsport ausgebaut: notwendige Investitionen in die Zukunft der Bildung.

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