So soll die Stadt ihre CO2-Emissionen senken
Der Stadtrat will den Energieverbrauch für die Wärmeerzeugung in der Stadt bis 2035 um einen Viertel reduzieren. Somit könnten jährlich 13 Millionen Franken Energiekosten gespart werden.
Der Schaffhauser Stadtrat will die jährlich anfallenden Treibhausgasemissionen pro Person auf 3,3 Tonnen senken. Zudem lasse sich bis 2035 der Energiebedarf pro Person im Vergleich zu 2012 um 25 Prozent reduzieren.
Im kürzlich vom Stadtrat verabschiedeten Energierichtplan der Stadt Schaffhausen werden nun konkrete Ziele und Massnahmen aufgelistet, mithilfe derer diese Hauptziele erreicht werden sollen. Diese Ziele sind behördenverbindlich. Der Richtplan hat aber keine unmittelbaren Auswirkungen auf Energiebezüger.
«Konservative Ziele»
Der Stadtrat will den Energieverbrauch für die Wärmeerzeugung bis 2035 um 25 Prozent reduzieren. Der Vergleichswert stammt aus dem Jahr 2012 und liegt bei 501 Gigawattstunden pro Jahr. Ist das ein zu optimistisches Ziel? Nein, sagt die zuständige Stadträtin Katrin Bernath (GLP). «Die Ziele sind in Übereinstimmung mit nationalen und kantonalen Zielsetzungen formuliert.» Die bisherige Entwicklung zeige einen deutlichen Rückgang des Energiebedarfs und der CO2-Emissionen im Gebäudebereich. «Entsprechend sind die Ziele realistisch, eher konservativ.»
Weiter will die Stadt den Anteil der erneuerbaren Energieträger, der Abwärme und des Stroms für Wärmezwecke von heute 6 Prozent auf mindestens 35 Prozent im Jahr 2035 steigern. Im Gegenzug sollen weniger fossile Brennstoffe verwendet werden. «Der Absatz an Erdgas im Siedlungsgebiet muss dabei um mindestens 25 Prozent abnehmen und der Heizölverbrauch massiv reduziert werden», heisst es dazu im Planungsbericht.
Im Bericht sind auch Ziele für die stadteigenen Bauten formuliert. So sollen die Immobilien energetisch saniert werden. Zudem sollen städtische Gebäude und Anlagen bis 2035 zu 65 Prozent mit erneuerbarer Energie oder Abwärme beheizt und der Strombedarf um 10 Prozent gesenkt werden. Diese Ziele sollen mit den bereits 2014 vom Grossen Stadtrat festgelegten Vorgaben zur energetischen Sanierung städtischer Liegenschaften erreicht werden. «Die kommunalen Bauten machen aber nur einen sehr kleinen Anteil aus», so Bernath.
Um die Ziele betreffend Wärmeversorgung auf dem Gebiet der Stadt zu erreichen, wurden Wärmebedarf und vorhandene Energiepotenziale analysiert. Daraus wurde dann eine räumliche Koordination der Wärmeversorgung abgeleitet. Das tat die Stadt, weil sie es gemäss kantonalem Richtplan als kantonales Zentrum tun muss, erklärt Bernath. «Das ist also nichts Neues. Mit dem neuen Plan wird der bestehende aus dem Jahr 2007 abgelöst.»
28 Wärmeverbünde in der Stadt
Im Richtplan wird aufgezeigt, in welchen Gebieten welche Energieträger möglich sind und welche Wärmequelle jeweils am besten geeignet ist. Speziell ausgewiesen sind die Siedlungsgebiete, die sich für eine Versorgung durch einen Wärmeverbund eignen (siehe farbige Flächen in der Karte). Insgesamt 28 solche Verbundgebiete hat die Stadt bestimmt. Diese Gebiete kommen infrage, weil dort eine grosse Nachfrage an Wärme oder Kälte besteht.
Beispielsweise ist ein Wärmeverbund rund um das Kantonsspital und die Cilag geplant. Der Pharmaproduzent benötigt einerseits grosse Mengen an Wärme für die Produktion. Zugleich fällt eine grössere Menge Abwärme an. Zudem braucht auch das Kantonsspital viel Wärme. In diesem Verbund vorgesehen wäre ein Biomassen-Kraftwerk oder eine Holzschnitzelfeuerung, womit die Energiezulieferung komplett mit erneuerbaren Energieträgern gewährleistet wäre. In diesem Fall wertet die Stadt aktuell die Machbarkeitsstudie aus. Wie Thomas Moser, Leiter Kommunikation der Cilag AG, auf Anfrage erklärt, habe sich die Cilag bereit erklärt, ihre Abwärme bereitzustellen. Das Unternehmen will aber keine Investitionskosten für den Wärmeverbund übernehmen.
Heute bereits in Betrieb sind insgesamt drei Wärmeverbünde. Schon seit 1991 wird der Wärmeverbund Herrenacker betrieben. Daran sind etwa 20 mehrheitlich öffentliche Gebäude angeschlossen. Weiter nutzt die IWC für ihre Liegenschaften beim Kammgarn-Areal seit 2004 die Abwärme des Sammelkanals in der Rheinuferstrasse. Im Wärmeverbund Fröbelgarten beim Kraftwerk wird die Abwärme der Turbinen genutzt. Da der Richtplan auf 15 bis 25 Jahre ausgelegt ist, befinden sich die Planungen vieler der aufgezeigten Verbünde noch in ferner Zukunft. Mit hoher Umsetzungspriorität gekennzeichnet sind aber etwa Wärmeverbünde auf dem Emmersberg, in der Altstadt Nord, an der Artilleriestrasse im Quartier Gruben, im Herblingertal, im Pantli, im Hauental und bei der KSS.
Über die Verbundgebiete hinaus wurde das übrige Siedlungsgebiet in Eignungsgebiete aufgeteilt. Diese Gebiete eignen sich aufgrund ihres geringen Wärmebedarfs zwar nicht für eine Versorgung in grösseren Verbünden, aber für Einzelanlagen. Entsprechend wurden auch dort Empfehlungen für geeignete Energieträger abgegeben.
Die vorliegende Energierichtplanung ist ein behördenverbindliches Instrument und habe keine unmittelbaren Auswirkungen auf Energiebezüger, betont Bernath. Die Umsetzung des Energierichtplans geschehe laufend, das heisst im Rahmen von Baugesuchen, bei Rahmen- und Quartierplanungen oder bei städtischen Bauprojekten. «Bauherrschaften werden bei Projekten in Prioritäts- und Eignungsgebieten entsprechend beraten. Es gibt aber keine Pflicht, einen bestimmten Energieträger zu verwenden.» Über Quartierpläne können Anschlussverpflichtungen aber festgelegt werden. Wird die Planung nun also auf Biegen und Brechen mit Quartierplänen durchgesetzt? «Nein, jeder Fall muss einzeln angeschaut werden», betont Bernath. «Wir wollen keine Projekte verunmöglichen: Die Machbarkeit und wirtschaftliche Tragfähigkeit muss gegeben sein.»
Hohe Investitionskosten
Mit der Umsetzung des Richtplans ergeben sich gemäss Berechnungen jährlich Einsparungen von 13 Millionen Franken. «Heute betragen die Energiekosten in der Stadt gesamthaft rund 55 Millionen Franken», sagt Bernath. «Rund 30 Millionen Franken davon fliessen ins Ausland.» Durch die Umsetzung des Richtplans wären es jährlich 7 Millionen Franken weniger, die ins Ausland flössen.
Die genauen finanziellen Auswirkungen auf den öffentlichen Haushalt könnten derweil nicht eingeschätzt werden. «Mit der Umstellung von fossilen auf erneuerbare Energieträger gibt es aber eine Verschiebung von Betriebs- zu Investitionskosten», sagt die Baureferentin. «Den höheren Initialkosten stehen tiefere Betriebskosten ge-genüber.»
Gesetzliche Rahmenbedingungen
Als Grundlage für den neuen Energierichtplan der Stadt Schaffhausen dienen verschiedene Ziele und Strategien auf Ebene des Bundes, Kantons und der Einwohnergemeinde Schaffhausen.
Im Mai 2017 hat sich die Schweizer und auch die Schaffhauser Stimmbevölkerung für ein neues Energiegesetz ausgesprochen. Mit diesem Ja wurde der Ausstieg aus der Atomenergie beschlossen. Die Energieversorgung soll künftig mit erneuerbaren Energien sichergestellt werden. Zudem soll bis 2035 der Endenergieverbrauch im Vergleich zu 2010 um 42 Prozent sinken, der Gesamtwärmebedarf um 38 Prozent abnehmen und der Stromverbrauch um 17 Prozent reduziert werden. Des Weiteren will die Schweiz bis 2035 ihre Treibhausgas-Emissionen gegenüber dem Stand von 1990 um die Hälfte reduzieren.
Der Kanton Schaffhausen besitzt kein Energiegesetz. Die Einführung eines solchen vom Bund vorgeschriebenen Gesetzes scheiterte 2003 an einer Volksabstimmung. Derweil existieren diverse Paragrafen im Baugesetz, die sich mit Energieeffizienz befassen. So können in Quartierplänen Vorschriften zu Energiestandards erlassen werden. Weiter dürfen bei Neubauten oder Erweiterungen höchstens 80 Prozent des Wärmebedarfs für Heizung und Warmwasser mit nicht erneuerbaren Energien gedeckt werden.
Auf Grundlage des Klimaschutz- und Energiekonzepts aus dem Jahr 2011 verfolgt der Schaffhauser Stadtrat das Ziel, den Energieverbrauch und Treibhausemissionen zu senken. Das Stimmvolk verwarf 2014 aber die Verankerung dieses energiepolitischen Ziels in der Stadtverfassung. (dmu)