Neue Regeln fürs Parkieren in den Quartieren
Die Bevölkerung muss an der Urne entscheiden, ob eine rechtliche Grundlage geschaffen werden soll, um die Schaffhauser Wohnquartiere von parkierenden Pendlern zu befreien.
«Quartier first!» heisst es auf den Plakaten der Befürworter der Quartierparkierungsverordnung, über die am 10. Februar in der Stadt Schaffhausen abgestimmt wird. Abgebildet ist ein Parkfeld in einem Wohnquartier, auf dem ein Schild steht: «Anwohner*in bevorzugt». Unterstützt wird die neue Verordnung von SP, Grünen, Grünliberalen, AL, Juso, CVP und EVP.
Ein Plakat der Gegner zeigt hingegen einen Polizisten, der mit einem Feldstecher ein Liebespaar in einem Schlafzimmer beobachtet. Damit äussern die Gegner ihre Bedenken, was den Schutz der Privatsphäre bei der Anwendung einer mit der Verordnung verbundenen Parkgebühren-App betrifft. Zu den Gegnern der Verordnung zählen FDP, Jungfreisinn, SVP, EDU und der Gewerbeverband.
Rechtliche Grundlagen schaffen
Die neue Quartierparkierungsverordnung der Stadt soll rechtliche Grundlagen schaffen: Bisher besass die Stadt keine Verordnung, die das Parkieren auf öffentlichem Gebiet ausserhalb der Altstadt regelt. Mit der geplanten Verordnung soll der Stadtrat auch ausserhalb des Zentrums Gebühren erheben sowie Zonen für das Parkieren mit beschränkter Zeitdauer bezeichnen können.
Die Verordnung soll es grundsätzlich möglich machen, sowohl blaue als auch weisse Zonen zu schaffen. Der Stadtrat hat sich konkret für weisse Zonen entschieden, weil diese eine grössere zeitliche Flexibilität aufweisen. Weisse Zonen sollen künftig in allen Schaffhauser Wohnquartieren bezeichnet werden – ausgenommen sind weniger dicht besiedelte Gebiete wie das Eschheimertal, das Gebiet um den Engeweiher oder auch Hemmental. In der weissen Zone soll mit einer Parkscheibe bis zu drei Stunden kostenlos parkiert werden können. Die Parkscheibenpflicht gilt von Montag bis Freitag jeweils von 8 bis 18 Uhr und samstags von 8 bis 16 Uhr. Ausserhalb dieser Zeiten und am Sonntag kann in der weissen Zone frei parkiert werden.
In den weissen Zonen sollen die Bewohner der Stadt Schaffhausen gegenüber Auswärtigen bevorzugt werden. Anwohner, die über keinen privaten Parkplatz verfügen, können eine Parkkarte kaufen, um weiterhin auf Quartierstrassen zu parkieren. Der Stadtrat plant einen Preis von 35 Franken pro Monat. Dieser Betrag ist gleich hoch wie die bereits existierende Nachtparkgebühr. Wer heute über Nacht regelmässig auf öffentlichem Grund parkiert, muss die «Laternengebühr» von monatlich 35 Franken bereits bezahlen. Diese wird für Quartierbewohner künftig durch die Parkkarte ersetzt.
Mit dem neuen Regime sollen Anwohner für ihre Besucher kostenlose Parkierbewilligungen bei der Stadtpolizei beziehen können. Das Lösen und Kontrollieren der Bewilligungen soll auch über das Internet oder mit einer App namens Parkingpay möglich sein.
Mehreinnahmen erwartet
Gleichzeitig mit der neuen Verordnung sollen verschiedene Parkplätze, die bisher gratis waren, kostenpflichtig werden: so etwa der Kiesplatz beim Zeughaus, der hintere Bereich des Parkplatzes Schützenhaus, der Parkplatz bei der Dreifachhalle Breite, die Parkfelder entlang des Spielwegs, der KSS-Parkplatz und die Plätze entlang der Rheinhaldenstrasse. Diese Gebührenpflicht ist jedoch nicht Gegenstand der Volksabstimmung.
Die Einführung des neuen Regimes löst einmalige Investitionen von 435'000 Franken aus. Dabei fallen insbesondere die Kosten für die Markierung der weissen Zonen ins Gewicht sowie das Einrichten und Ausrüsten der erwähnten, neu gebührenpflichtigen Parkplätze. Im Betrieb werden die zusätzlichen Kosten auf jährlich 170'000 Franken geschätzt – primär durch den höheren Personalaufwand für die Kontrollen (zwei neue Stellen). Die zusätzlichen Einnahmen aus Parkkarten, zusätzlichen Parkgebühren und Bussen werden auf 260'000 Franken budgetiert. Somit werden unter dem Strich jährlich Mehreinnahmen von 90'000 Franken erwartet.
Grosse Kontroverse im Rat
Der Schaffhauser Stadtrat hatte die Verordnung über das Parkieren auf öffentlichem Grund in den Quartieren der Stadt im Oktober 2017 vorgestellt. In der Fachkommission Bau wurde an insgesamt fünf Sitzungen hart um eine gemeinsame Lösung gerungen. Zum ersten Mal im Rat behandelt wurde die Vorlage dann am 19. Juni 2018. Jene denkwürdige Ratsdebatte endete mit einer langen Reihe von Fragen, welche die Vertreter der SVP/EDU-Fraktion stellten. In der Folge wurde die Vorlage zurück an die Baufachkommission geschickt. In Anspielung auf eine bekannte Strategie im amerikanischen Senat nannte der letztjährige Ratspräsident Rainer Schmidig jene Fragestunde im Rückblick die «Filibuster-Sitzung».Letztlich verabschiedet wurde die Vorlage vom Rat dann am 5. September 2018. Nach der Abstimmung, die per Namensaufruf durchgeführt wurde, lautete das Resultat 17 zu 16 für die Annahme. Gleichzeitig entschied das Parlament, die Vorlage freiwillig der Volksabstimmung zu unterstellen. Deshalb kommt die Verordnung nun am 10. Februar an die Urne.