«Kein Schaffhauser würde die Situation an der Bahnhofstrasse als gut beschreiben»
Der Stadtrat beantragt beim Parlament einen Planungskredit, um die Schaffhauser Bahnhofstrasse aufzuwerten und zu sanieren.
Bahnhof Schaffhausen, kurz nach 14.30 Uhr, an einem gewöhnlichen Freitag. Das Chaos ist perfekt. Auf Gleis 1 kommt eine S-Bahn aus Winterthur an. Die Fahrgäste steigen aus und gehen in Richtung Bahnhofstrasse, die einen müssen auf den Bus, andere wiederum werden mit dem Auto abgeholt. Diese warten direkt am Perron vor dem Busbahnhof, wo die Landbusse ankommen und abfahren. Zeitgleich treffen auf der Bahnhofstrasse die städtischen Busse ein. Da nicht alle Autos einen Kurzzeitparkplatz, von denen es nur wenige gibt, finden, stehen die Fahrzeuge auf dem Wendehammer dahinter, wo ein Parkverbot gilt. Wenn jetzt etwa der Bus der Linie 21 losfahren will, kommt er nicht durch. Und der Autofahrer, der gerade rückwärts wegfahren will, zwingt den herannahenden städtischen Bus zu einer abrupten Bremsung.
Solche Situationen haben schon viele Schaffhauser erlebt, auch Tina Nodari, Stabsleiterin des Baureferats der Stadt Schaffhausen. Sie steht auf dem Güterumschlagstreifen inmitten der Bahnhofstrasse und sagt: «Kein Schaffhauser würde die Situation an der Bahnhofstrasse als gut beschreiben.» Unter anderem genau diese beschriebene Situation will der Stadtrat nun mit einer «neuen» Bahnhofstrasse verbessern. Zu diesem Zweck hat er gestern eine Vorlage präsentiert, in der konkrete bauliche Anpassungen dazu beschrieben sind. Beim Grossen Stadtrat wird deshalb ein Planungskredit beantragt.
Sanierungsbedarf und neuer Rahmen
Dass die gesamte Situation an der Bahnhofstrasse unter die Lupe genommen wurde, hängt vor allem mit zwei Dingen zusammen. «Die Strasse befindet sich in einem schlechten Zustand, sie muss so oder so saniert werden», sagt Baureferentin Katrin Bernath (GLP). Dabei handelt es sich etwa um Schäden am Strassenbelag und an den Betonplatten, auf denen die Busse halten, sowie um Schäden an den Haltestellendächern und an den Werksleitungen. Ein weiterer Grund dafür, dass man sich mit der Bahnhofstrasse auseinandersetzt, ist der Absicht der Verkehrsbetriebe Schaffhausen, ihre komplette Flotte zu elektrifizieren. Das hätte eine Anpassung der Bushaltestellen zur Folge: Künftig würden die Busse über Ladearme mit Strom betankt. «Weil wir aber nur eingeschränkt Platz zur Verfügung haben, mussten wir die gesamte Situation genau anschauen», so Bernath.
Raum soll primär dadurch geschaffen werden, dass die Kurzzeitparkplätze beim Gleis 1 sowie jene oberhalb des Löwengässchens aufgehoben werden. Künftig befinden sich sämtliche Parkplätze hinter dem ehemaligen Landhaus. Auf insgesamt 17 Feldern soll dort während 15 Minuten parkiert werden können. Für weitere Plätze ist die Stadt mit den Betreibern des Parkhauses Bleiche im Gespräch. «Dass nicht mehr bei Gleis 1 angehalten werden kann, wird für die Autofahrer eine grosse Umstellung», weiss Nodari.
Diese Massnahme ist notwendig, weil der Güterumschlag auf der Bahnhofstrasse verlegt werden soll. Aktuell halten Lieferanten in der Mitte der Strasse, weshalb es aufgrund des Busverkehrs ebenfalls regelmässig zu heiklen Situationen kommt. Die neue Anordnung der Verkehrsflächen sieht vor, dass der Güterumschlag oberhalb des Löwengässchens stattfinden soll.
Mehr Platz für Passanten und Busse
Dass der Platz für den Güterumschlag überhaupt verschoben werden muss, hängt mit einer weiteren Massnahme zusammen, aufgrund deren die Strasse schmaler wird: Auf der Altstadtseite wird das Trottoir verbreitert. «Damit wird mehr Platz für die Passanten geschaffen», so Bernath. «Das soll den Konflikt zwischen auf den Bus wartenden und vorbeilaufenden Personen entschärfen.» Von der Verbreiterung ebenfalls profitieren sollen die an der Bahnhofstrasse ansässigen Geschäfte.
Mehr Platz auf der neu gestalteten Bahnhofstrasse sollen auch die Busse erhalten. So wird die Haltekante länger. Der Grund dafür ist, dass die Busse künftig mehr Platz brauchen, damit jedes Fahrzeug unabhängig von den anderen von den Ladestationen wieder wegfahren kann. Dieser Fall tritt ein, sofern die Elektrifizierung der Verkehrsbetriebe Schaffhausen an der Urne gutgeheissen wird. Dies hätte aufgrund der neuen Ladestruktur auch auf die Gestaltung der Haltestellendächer Einfluss. Zudem soll in Zukunft auch auf der Linie 5 ein Gelenkbus im Einsatz stehen, dieser ist länger als ein Standardbus. Auf der Seite des Bahnhofsgebäudes bedeutet dies, dass die Taxihaltestellen nicht am heutigen Ort bleiben. Die Taxis werden in Richtung Obertor verschoben und sollen künftig oberhalb der Ticketeria stehen.
In diesem Bereich soll es zudem zu einer Aufwertung für Velonutzer kommen. «Wir wollen mehr Abstellplätze in unmittelbarer Nähe zum Perron schaffen», so Nodari. Das dafür vorgesehene Gebäude gehört aber den SBB. «Wir stehen im Kontakt», sagt die Stabsleiterin. Dieses Vorhaben wird aufgrund der Abhängigkeiten von den SBB in einem separaten Projekt angegangen.
Volksabstimmung im Februar 2021
Für das Projekt «Aufwertung der Bahnhofstrasse» rechnet der Stadtrat aktuell mit Kosten von rund 7,3 Millionen Franken (+/–20 Prozent). Mehr als die Hälfte davon geht zulasten des Strassenbaus. Da das Vorhaben Teil eines Agglomerationsprogramms ist, sind auch Bund und Kanton Kostenträger. Aktuell rechnet die Stadt mit einem Eigenbeitrag von 2,9 Millionen Franken.
Mit der gestern präsentierten Vorlage beantragt der Stadtrat einen Planungskredit von 660'000 Franken, womit ein Bauprojekt nach den aufgeführten Bedingungen erarbeitet werden soll. Das entsprechende Projekt muss dann anschliessend vom Grossen Stadtrat bewilligt werden, bevor es planmässig im Februar 2021 zu einer Volksabstimmung darüber kommen könnte.