Peter Spuhler in Neuhausen: Der Patron von Stadler Rail erklärt, warum «Me too» keine Option ist

Kay Fehr | 
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Grossunternehmer Peter Spuhler (r.) tauschte sich mit ITS-Geschäftsführer Marco Jaggi aus – er merke zum Beispiel schnell, ob ein neuer Bewerber zur Firma passe oder ob er eine Schlaftablette sei. Bild zVg/Linda Käsbohrer

Zwei hochrangige Unternehmer konnte das Industrie- und Technozentrum Schaffhausen (ITS) zu seinem 25. Geburtstag für einen Auftritt in Neuhausen gewinnen. Diese erläutern, warum man als Unternehmer auch mal Blut spucken muss.

Jubiläum für das Industrie- und Technozentrum Schaffhausen (ITS): 25 Jahre gibt es den gemeinnützigen Verein, der sich als unabhängige Anlaufstelle für Fragen in den Bereichen Technologie und Innovation versteht. Durch ihn soll die Wettbewerbsfähigkeit der regionalen Unternehmen gestärkt werden.

Für den ITS-Ehrentag wartet der Verein mit einem umfassenden Programm in den Hallen beim Industrieplatz in Neuhausen auf. Von einer geführten Tour durch das Circulab von Johnson & Johnson über verschiedene Workshops bis hin zum Auftritt von Erfinder Stefan Heuss – bekannt aus der Fernsehsendung «Giacobbo/Müller» – ist der Freitagnachmittag vollgepackt mit Auftritten rund um das omnipräsente Thema Innovation.

Besonders zwei Namen auf dem Flyer dürften die Unternehmer-Herzen höher schlagen lassen, bringen sie doch wertvolle Erfahrung aus ihrer jeweiligen Firma mit. Zum einen konnte Peter Spuhler, Verwaltungsratspräsident der Stadler Rail AG und ehemaliger Nationalrat, für einen Talk mit ITS-Geschäftsführer Marco Jaggi gewonnen werden. Der «erfolgreichste Unternehmer seiner Generation», wie er von der NZZ genannt wurde, verrät auf der Bühne, dass er bei risikoreichen Entscheidungen in letzter Instanz oft auf seinen Bauch hört – und damit meist gut beraten war.

Illustres Publikum in Neuhausen: Unter anderem geben sich Wirtschaftsförderer Christoph Schärrer (2.v.l.), Volkswirtschaftsdirektor Dino Tamagni (3.v.l.), Grossunternehmer Peter Spuhler (4.v.l.) sowie Nationalrat Thomas Hurter (5.v.l.) die Ehre. Bild Kay Fehr

Zum anderen spricht der Eigentümer der Gottlieber Spezialitäten AG, Dieter Bachmann – er erklärt, wie man sich auch als Traditionsfirma stets neu erfinden kann. Beide Unternehmerpersönlichkeiten kommen aus dem Thurgau, was Marcel Räpple, den Thurgauer Wirtschaftsförderer, im Publikum erfreuen dürfte.

Einfach mal versuchen

Nach dem Grusswort von Volkswirtschaftsdirektor Dino Tamagni sowie Heuss’ «apérotauglicher» Krawatte (inklusive Visitenkartenhalter) legt Bachmann direkt los. Als er 2008 zur Gottlieber Spezialitäten AG stiess – wie die Jungfrau zum Kinde, wie er sagt –, war es bereits fünf vor zwölf. Das Unternehmen steckte in einer Krise, warf kaum Gewinn ab und lief Gefahr, sich in der eigenen Tradition zu verstricken. Bachmann musste anpacken – und innovativ sein, in allen Abteilungen. Vom Verpackungsdesign über Partnerschaften bis hin zur «Innovation by Accident», als aus Versehen Kafi in die Karamell-Füllung geriet und das limitierte Endprodukt zum doppelten Preis verkauft werden konnte. «Gewisse Dinge muss man einfach ‹quick and dirty› versuchen», sagt der Hüppen-Hersteller.

Dieter Bachmann, Eigentümer der Gottlieber Spezialitäten AG, rät den interessierten Zuhörenden, auch mal etwas «quick and dirty» zu versuchen. Bild zVg/Linda Käsbohrer

Manchmal reiche es auch, menschlich zu sein und die Leute wahrzunehmen. Wer sich etwa bei Gottlieber bewirbt und abgelehnt wird, der erhält nicht nur eine Begründung, warum es nicht gereicht hat, sondern auch ein Briefli vom Chef höchstselbst und ein kleines Präsent. Das mache Eindruck – und werde weitererzählt. Es könne ja nicht sein, dass man Hunderttausende Franken für Headhunters ausgibt, aber gleichzeitig nicht bereit ist, einige tausend Franken in jene zu investieren, die Interesse an der Firma zeigen. «Wir haben null Probleme, gute Leute zu finden. Und wir sind am Arsch der Welt», sagt Bachmann und schmunzelt.

«Wir haben null Probleme, gute Leute zu finden. Und wir sind am Arsch der Welt.»

Dieter Bachmann, Eigentümer der Gottlieber Spezialitäten AG

Blut ausspucken und weiterrennen

Peter Spuhlers Rezept für ständige Innovation: Man müsse die Technologien sowie die Trends kennen, den Kunden ernst nehmen und die besten Mitarbeitenden zusammentrommeln. Die Konkurrenz bloss zu kopieren, sei dabei keine Option. «‹Me too› ist keine Strategie», so der Grossunternehmer. Der Kunde brauche einen Mehrwert vom eigenen Produkt. Auf diese Weise konnte Stadler Rail kürzlich Siemens ausstechen.

«Jeder kann Fehler machen, aber wenn jemand illoyal ist, dann ist relativ schnell Ende der Durchsage.»

Peter Spuhler, Verwaltungsratspräsident der Stadler Rail AG

Doch auch bei einem Peter Spuhler klappt nicht immer alles. Rückblickend hätte er das Werk in Belarus – zuerst hochprofitabel, dann wegen des Ukraine-Kriegs stark abgebaut – besser nicht eröffnet. «Rennen, umfallen, Blut ausspucken, aufstehen und weiterrennen – das ist Unternehmertum», wiederholt Spuhler die Worte Bachmanns. Die beiden Thurgauer sind sich einig.

Und was sind, fragt Jaggi, die eisernen Prinzipien der Unternehmergrösse? «Ich erwarte 150-prozentige Loyalität. Jeder kann Fehler machen, aber wenn jemand illoyal ist, dann ist relativ schnell Ende der Durchsage.»

Das Industrie- und Technozentrum Schaffhausen (ITS) feiert sein 25-Jahr-Jubiläum. Bild zVg/Linda Käsbohrer

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