Hörer fragen Radio Munot, warum sie SRF nicht mehr empfangen können

Till Burgherr (tbu) | 
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Portrait und Interview im Radio Munot mit Marcel Fischer, am Dienstag, 07. Januar 2025. (Melanie Duchene / Schaffhauser Nachrichten)
Geschäftsführer Marcel Fischer musste nach Silvester viele Anrufe von verärgerten Kunden entgegennehmen. Bild: Melanie Duchene

Seit Anfang des Jahres ist auf den SRF-Sendern mit älteren Radios nur noch Rauschen zu hören. Auf UKW sendet SRF nicht mehr. Nicht so Radio Munot: Der Sender hat investiert, um die alten Radios weiter zu betreiben. Doch nun glühen die Telefondrähte mit verärgerten SRF-Kunden. Eine verkehrte Welt.

Das Telefon klingelt, in der Leitung ist ein verärgerter Kunde, der seinen geliebten Radiosender nicht mehr empfangen kann. Er hört nur noch Rauschen, weil das SRF bekanntlich seit Anfang Jahr nicht mehr auf Ultrakurzwelle (UKW) sendet. Der Kunde beschwert sich aber bei Radio Munot, das im Gegensatz zu SRF weiterhin auf UKW sendet. Nur weiss der Mann am Telefon offenbar nichts davon und verwechselt die Sender. Das ist kein fiktives Szenario und auch kein Einzelfall, nein, Marcel Fischer, Geschäftsführer von Radio Munot, hat persönlich viele verärgerte Hörer an der Strippe. «Ich habe die letzten Tage noch den Jahresabschluss gemacht und war im Büro. Da das Sekretariat reduziert war, wurden die Anrufe direkt in die Redaktion und zu mir umgeleitet», erzählt er. «Es ist schon speziell, dass Radio Munot die Anrufe bekommt, wenn der grosse Konkurrent UKW einstellt.» Die Anrufe häuften sich und es kämen ständig neue Reklamationen dazu. «Die Leute sind teilweise sehr hartnäckig und wir müssen ihnen die neue Technologie rund um DAB+ erklären.» Eine Dienstleistung, die das SRF erbringen müsste, findet der Geschäftsführer von Radio Munot.

Portrait und Interview im Radio Munot mit Marcel Fischer, am Dienstag, 07. Januar 2025. (Melanie Duchene / Schaffhauser Nachrichten)
Radio Munot kann man bis Ende 2026 auch auf UKW empfangen. Bild: Melanie Duchene

Rätselhaft bleibt, warum viele Hörerinnen und Hörer die Nummer von Radio Munot wählen und gleichzeitig offenbar die monatelange Informationskampagne von SRF überhört haben. Dort wurde regelmässig über die Abschaltung informiert. «Ich habe mich über diese penetrante Kampagne sogar geärgert», sagt Fischer.

Die UKW-Abschaltung, welche die SRF-Sender betrifft, und die damit verbundene Kommunikation laufen über die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG). Dort heisst es, dass man bisher nicht mit Anfragen überhäuft worden sei. Seit der UKW-Abschaltung seien rund 700 schriftliche und telefonische Anfragen im nationalen Kundencenter eingegangen. «Die drei häufigsten Themen waren der Empfang von DAB+ zu Hause, die Funktionsweise von DAB+ sowie DAB+ im Auto», erklärt Mediensprecher Nik Leuenberger. Die Zahl der Anfragen liege unter den Erwartungen der SRG.

Durch die Reduktion der Sendestandorte (260 statt 850) und den Wegfall der Doppelverbreitung (UKW und DAB+) erhofft sich die SRG Einsparungen von rund 15 Millionen Franken pro Jahr.

Konkurrenz aus Deutschland

Radio Munot will derweil so lange wie möglich auf UKW senden, mindestens bis 2026. Das lässt sich der Sender 50’000 Franken pro Jahr kosten, wie Fischer erklärt. Der Geschäftsführer hofft, damit neue Kunden zu gewinnen. Gleichzeitig will er die Konkurrenz aus Deutschland auf Distanz halten. «Die UKW-Abschaltung ist in Deutschland kein Thema, deshalb müssen wir aufpassen, dass uns die Konkurrenz nicht die Kunden abgräbt.» Fischer hat beobachtet, dass Sender aus dem Ausland Schweizer Frequenzen belegen.

Beweisen lässt sich das zwar nicht, aber: «Ich war um Silvester herum im Schwarzwald und in Grenznähe unterwegs, da habe ich festgestellt, dass sich deutsche Sender schon in die Frequenzen von SRF gedrängt haben», sagt Fischer. Da drängt sich die Frage auf, warum Radio Munot das nicht auch tut, wo doch auf den UKW-Sendern von SRF nur noch Rauschen zu hören ist? «Wir haben die Konzession für unsere Frequenz, wenn wir falsch zucken, wird uns die Konzession entzogen», erklärt Fischer.

UKW-Funkstille in Tunnels

Fischer kennt seine Grenzen, aber er ärgert sich über die Konkurrenz und über das Astra. Das Bundesamt für Strassen hat nämlich kommuniziert die UKW-Anlagen auf Ende 2024 in den Tunnels abzuschalten. Nur funktionieren die Anlagen derzeit in der Region noch, wie Fischer festgestellt hat. «Ich kontrolliere das täglich, bis jetzt funktionieren die UKW-Sender in den Tunnels in der Region noch.» Doch Fischers Freude wird von kurzer Dauer sein.

Martina Wirth, Mediensprecherin des Astra, erklärt auf Anfrage, dass die UKW-Anlagen schrittweise abgebaut werden. «Wenn zum Beispiel eine Tunnelreinigung ansteht, werden die alten Anlagen demontiert und durch neue ersetzt.» Mit dem Rückbau habe man bereits im August 2024 begonnen, sagt Wirth. In neuen Tunnels wie der dritten Röhre des Gubristtunnels habe man gar keine UKW-Anlagen mehr eingebaut. Zudem würden die Tafeln mit den Frequenzangaben nach und nach verschwinden. Auf den neuen Tafeln stehe nur noch «Radio Info», weil die Frequenz nicht mehr relevant sei. Doch warum lässt man die UKW-Anlagen nicht einfach laufen, bis sie ausfallen? «Aus Kostengründen», sagt Wirth. «Die Zweigleisigkeit würde unnötige Kosten verursachen, ausserdem ist DAB+ seit 2020 der Nachfolgestandard.»

Aus Sicht von Radio Munot ist die Abschaltung in den Tunnels ein unnötiges Risiko. «Man könnte die Anlagen weiterlaufen lassen, bis sie nicht mehr funktionieren», sagt Fischer. Wirth vom Astra sagt, die alten Anlagen müssten teilweise aus Platzgründen entfernt werden, um die neuen Geräte zu installieren. Ausserdem könne so Strom eingespart werden und die Sicherheit sei gewährleistet. «Im Ereignisfall gibt es viele optische Signale, die helfen, richtig zu reagieren.» Das sei nötig, weil viele Menschen kein Radio hören. «Bei Rauchentwicklung blinken zum Beispiel die Notausgänge und es wird im Tunnel deutlich heller.» Es sei aber nicht verkehrt, zusätzlich Radio zu hören.

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