Er war 36, sie erst 14: Zürcher muss wegen sexuellen Handlungen mit Minderjährigen 42 Monate in Haft

Während der Prozess gegen die Freier des Schaffhauser Sugardaddy-Rings noch Jahre auf sich warten lassen dürfte, verurteilt die Zürcher Justiz bereits die ersten Freier. Der jüngste Beschuldigte, Marco F., habe die Notsituation der Mädchen «schamlos» ausgenutzt, urteilt die Richterin. Sein jüngstes Opfer war erst 14.
Das Wichtigste in Kürze
- Zuhälter aus Schaffhausen werden beschuldigt, 15 meist minderjährige Frauen an Freier vermittelt zu haben.
- Einer der Freier stand nun in Pfäffikon vor Gericht. Er soll laut Staatsanwaltschaft mit fünf Minderjährigen über 20 sexuelle Handlungen durchgeführt haben. Das jüngste Opfer war 14 Jahre alt.
- Der Verteidiger widerspricht dem. Der Beschuldigte bestreitet, mit den Mädchen Geschlechtsverkehr gehabt zu haben.
Menschenhandel, Prostitution, Pornografie – die Vorwürfe im Fall des Schaffhauser Sugardaddy-Rings haben es in sich. Schaffhauser Zuhälter sollen gemäss Ermittlungen 15 Frauen prostituiert haben – die meisten davon minderjährig. «Wir hatten in dieser Art noch keinen vergleichbaren Fall», sagt Schaffhausens Erster Staatsanwalt Peter Sticher gegenüber dem «Tages-Anzeiger».
Während das Verfahren gegen die Zuhälter wegen einer Beschwerde vor Bundesgericht ins Stocken geraten ist, laufen die Prozesse gegen die Freier. Zwei Kunden des Sugardaddy-Rings aus dem Kanton Zürich wurden bereits zu bedingten Freiheitsstrafen von sieben und 16 Monaten verurteilt. Am Mittwoch musste sich Marco F., der dritte Freier, vor dem Bezirksgericht Pfäffikon verantworten. Die Zürcher Staatsanwaltschaft wirft ihm über 20 sexuelle Handlungen mit Kindern und Minderjährigen vor.
900 Franken für einen «Spaziergang»?
Die Zuhälter sollen Marco F. Sextreffen mit sechs minderjährigen Mädchen vermittelt haben. Die jüngste war 14 Jahre alt. Bei ihrem ersten Treffen fuhren die beiden mit einem Auto in einen Wald im Kanton Zürich. Dort soll sie ihn auf ihr wahres Alter hingewiesen haben. Er soll geantwortet haben: «Für eine 14-Jährige hast du echt einen guten Körper.» Marco F. war zu diesem Zeitpunkt 36 Jahre alt.
In dem Wald soll es anschliessend zum Geschlechtsverkehr gekommen sein. Marco F. bestreitet dies, seiner Darstellung nach gingen sie spazieren – mehr nicht. Als die Richterin fragt, wieso er ihr für den «Spaziergang» rund 200 Franken und dem Zuhälter 700 Franken gezahlt hatte, antwortet der Beschuldigte laut NZZ: «Sie hat mir erzählt, wie schwierig sie es habe und dass sie Geld brauche. Da habe ich ihr etwas gegeben.» Bei einem späteren Treffen in einem Hotel, für das Marco F. 500 Franken bezahlt haben soll, sollen die beiden seiner Darstellung nach lediglich «einen Film geschaut, Chips gegessen, einen Joint geraucht, gechillt» haben. Insgesamt soll der Beschuldigte für die Treffen mit den Minderjährigen und pornografisches Material von ihnen rund 15’000 Franken an die Opfer und rund 6000 Franken an die Zuhälter gezahlt haben.
Staatsanwältin: «Egoistisch und rücksichtslos»
Die Verteidigung forderte einen Freispruch. Nur mit einer der sechs Jugendlichen habe der Beschuldigte Geschlechtsverkehr gehabt. Dabei sei er davon ausgegangen, dass sie 18 Jahre alt gewesen sei. Das Geld habe er für pornografische Aufnahmen sowie fürs Spazierengehen und Reden bezahlt, so der Beschuldigte. Der Anwalt von Marco F. zeichnete ein Bild von freundschaftlichen Verhältnissen.
Rund 80 pornografische Selfies und Videos und übereinstimmende Aussagen der sechs Opfer widersprechen dem.
«Das Alter der Mädchen war ihm nicht nur egal, sondern es kam ihm gerade recht.»
Auch die Anwälte der Opfer sehen das anders. «Der Beschuldigte suchte sich Mädchen aus, denen es nicht gut ging und die ihren Körper nur aus reiner Not verkauften – im Fall meiner Klientin, um ihre Drogensucht zu finanzieren», zitiert der «Tages-Anzeiger» die Anwältin einer Betroffenen. Auch eines der anderen Mädchen soll laut ihrer Anwältin schwer drogenabhängig gewesen sein und «bei den meisten Treffen mit ihm unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln und Alkohol» gestanden haben. Die 14-Jährige aus dem oben beschriebenen Fall lebte damals in einem Heim.
Der Staatsanwältin zufolge habe Marco F. «krass egoistisch und rücksichtslos» gehandelt. «Das Alter der Mädchen war ihm nicht nur egal, sondern es kam ihm gerade recht.» Sie beantragte eine unbedingte Freiheitsstrafe von 45 Monaten, eine Geldstrafe von 150 Tagessätzen à 60 Franken und ein Tätigkeitsverbot für die Arbeit mit Minderjährigen.
Richterin: «Sie sind kein Gönner, sondern ein Freier»
Das Gericht befand die Aussagen der Mädchen als glaubwürdig und folgte der Staatsanwaltschaft. Es sei unglaubwürdig, dass er für viel Geld Minderjährige vermittelt bekommen habe, nur um mit ihnen angeblich spazieren gehen zu wollen. «Sie sind kein Gönner, sondern ein Freier, der die Notlage der teilweise drogenabhängigen Mädchen schamlos zur Befriedigung seiner eigenen sexuellen Wünsche ausgenützt hat», sagte die vorsitzende Richterin.
Das Gericht verurteilte Marco F. wegen mehrfacher sexueller Handlungen mit Kindern und Minderjährigen gegen Entgelt und Pornografie zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 42 Monaten und einer bedingten Geldstrafe von 150 Tagessätzen à 90 Franken. Zudem darf er keine Tätigkeiten mehr mit Minderjährigen ausführen.