Kein späterer Schulbeginn für Kinder, Digitalisierungsstrategie zurückgewiesen: Das war die Debatte im Kantonsrat
Bekommt Schaffhausen nach der Schulzahnklinik-Affäre eine eigene Ombudsstelle? Und wie viel Geld spricht das Parlament für die grosse Digitalisierungsstrategie des Kantons? Darüber berät heute der Kantonsrat. Wir tickern live für Sie.
von Tobias Bolli und Fabian Babic
Was bisher geschah
- Basil Hotz wurde als Vizepräsident des Schaffhauser Obergerichts gewählt. Der 35-jährige Schaffhauser arbeitet bis anhin als Leitender Gerichtsschreiber und Ersatzrichter am Obergericht. Er folgt auf Susanne Bollinger, die ans Bundesgericht berufen wurde.
- Daniela Gehring wird als Staatsanwältin für die Allgemeine Abteilung gewählt. Die 32-jährige Juristin arbeitet derzeit als Assistenzstaatsanwältin bei der Schaffhauser Staatsanwaltschaft. Sie folgt auf Monika Häusermann, die gekündigt hat.
- Das Case Management wurde im Gesetz verankert. Bis anhin wurde das Case Management in Schaffhausen als eine Art Provisorium geführt. Das Case Management unterstützt junge Menschen, die Probleme damit haben, eine Ausbildung oder einen Lehrabschluss zu schaffen.
- Eine kantonale Ombudsstelle soll geschaffen werden. Sie soll zwischen Verwaltung und Bürger vermitteln und Missstände aufdecken. Bei der Abstimmung im Rat hat es aber nicht für eine Vierfünftelmehrheit gereicht, weswegen es zu einer obligatorischen Volksabstimmung kommt.
- Die Digitalisierungsstrategie wurde an die Regierung zurückgewiesen. Einige Parlamentarierinnen und Parlamentarier waren unzufrieden mit der Vorlage. Nun muss der Regierungsrat nochmals über die Bücher.
- Die Orientierungsvorlage zur Weiterentwicklung des Rheinfalls als Tourismusdestination wurde mehrheitlich wohlwollend zur Kenntnis genommen.
- Ein Postulat von alt Kantonsrat Nihat Tektas (FDP) wurde abgelehnt. Es forderte einen späteren Schulbeginn für Schulkinder.
- Maurus Pfalzgraf (Junge Grüne) zog sein Postulat für eine klimabewusste Gesetzgebung zurück und wandelte es in eine Interpellation um.
Ticker
Maurus Pfalzgraf (Junge Grüne) wandelt das Postulat in eine Interpellation um. Das heisst, es gibt keine Abstimmung. Damit ist das Geschäft erledigt. Und damit ist auch die Sitzung des Kantonsrats beendet. Besten Dank fürs Mitlesen
Urs Capaul (parteilos) betont im Namen der Grünen-Junge-Grüne-Fraktion den Auftrag, das Klimaschutzgesetz umzusetzen. Die zentralen Punkte des Postulats seien wichtig, so Capaul. Darauf zu warten, dass die anderen Kantone so weit sind, sei nicht sinnvoll.
Für die FDP-Mitte-Fraktion spricht Marcel Montanari (FDP): «Wenn es Handlungsbedarf gibt, ein Gesetz anzupassen, dann kann jedes Ratsmitglied einen Vorstoss einreichen.» Eine vollumfängliche Begutachtung brauche es nicht. Deshalb lehnt seine Fraktion den Vorstoss ab.
Für die SP-Fraktion äussert sich nun Hannes Knapp (SP). Im Grundsatz begrüsse die Fraktion jeden Vorstoss, der den Kanton Schaffhausen in Klimafragen vorwärts bringe. «Ein Screening der bestehenden Rechtslage erscheint uns sinnvoll.» So können falsche Anreize oder klimaunfreundliche Gesetze beseitigt werden. Ein Teil der SP-Fraktion sehe allerdings das Verhältnis von Aufwand und Nutzen kritisch.
Martin Schlatter (SVP) spricht für die SVP-EDU-Fraktion. Seine Fraktion erachte die pauschale Forderung von Pfalzgraf nicht für unterstützungswürdig. Weil eine umfangreiche Revision notwendig wäre, brauche es dieses Postulat nicht.
Die GLP-EVP-Fraktion zeigt sich vom Postulat angetan, sagt Fraktionssprecher René Schmidt (GLP). Es sei an der Zeit, bestehende Gesetze hinterfragt werden. Daher sei eine aktive Rolle des Kantons zu begrüssen. Schaffhausen solle seinen Beitrag für eine klimaneutrale Schweiz leisten.
Ein Alleingang eines kleinen Kantons sei nicht angezeigt, sagt Baudirektor Martin Kessler (FDP). Die Regierung sieht keine Notwendigkeit, das Postulat für erheblich zu erklären.
Als nächstes Traktandum geht es um ein weiteres Postulat. Junge-Grüne-Kantonsrat Maurus Pfalzgraf fordert eine klimabewusste Gesetzgebung. Das im Juni 2023 angenommene Klimaschutzgesetz hat Einfluss auf alle Kantone. Daher möchte Pfalzgraf, dass der Regierungsrat prüft, wie er die kantonale Gesetzgebung in dieser Hinsicht anpassen kann.
Nun kommt es zur Abstimmung. Eine Mehrheit des Rats konnte sich nicht für das Postulat erwärmen: 16 Ratsmitglieder haben Ja gestimmt, 32 haben Nein gestimmt und 4 haben sich enthalten.
Nun spricht Marcel Montanari (FDP) stellvertretend für Tektas, der das Postulat eingereicht hat. Er betont, dass man das Kindswohl am stärksten gewichten solle, und nicht, was sich die Lehrpersonen wünschen. «Deshalb ist es wichtig, dass wir dem Anliegen mehr Gewicht geben, um organisatorische Lösungen zu finden.» Wenn es etwa um eine Frühstunde in der Woche gehe, dann könne es doch nicht so schwierig sein, die Lektion anderswo unterzubringen.
Für die SP-Fraktion spricht nun Monika Litscher (SP). Die Fraktion war geteilter Meinung, aber grossmehrheitlich sei man gegen das Anliegen. In der Praxis gebe es keine Probleme mit den Frühstunden. Auch Litscher gibt zu Bedenken, dass ein Wegfall der Frühstunden zu mehr Stunden am Nachmittag führen würde. «Eher unterstützen würden wir die konsequente Umsetzung von Blockzeiten.»
Peter Scheck (SVP) äussert sich nun im Namen der SVP-EDU-Fraktion. Man habe wenig Verständnis dafür, dass das Postulat die Oberstufen berücksichtige. Das sei nicht praktikabel. Grossmehrheitlich neigt seine Fraktion dazu, das Postulat abzulehnen.
Für die Grüne-Junge-Grüne-Fraktion spricht Roland Müller (Grüne). Ein späterer Schulbeginn könne dazu beitragen, dass die Schülerinnen und Schüler ausgeruhter und konzentrierter am Unterricht teilnehmen. Der spätere Schulbeginn dürfe aber nicht zu einer schlechteren Vereinbarung von Beruf und Familie führen. Wichtig sei, dass Politik, Schulen und Arbeitgeber gemeinsam Lösungen finden, um optimale Lernbedingungen für die Schülerinnen und Schüler zu garantieren. Müllers Fraktion findet das Postulat gut und spricht sich für eine Überweisung aus.
Für die GLP-EVP-Fraktion spricht nun Regula Salathé (EVP) zum Postulat. In der Mehrheit sei man gegen den Vorschlag von Tektas. Es gebe gute Gründe, für oder gegen einer Umstrukturierung des Stundenplans. Gut sei an der Idee, dass man Rücksicht auf den Biorhythmus nehme. Allerdings bestehe auch die Gefahr, mehr Stunden in die (unter anderem freien) Nachmittage auszulagern. Auch organisatorisch wäre es für die Schulen problematisch, wenn man fünf Zeitfenster am Morgen verlieren würde.
Nun nimmt die Regierung Stellung. Erziehungsdirektor Patrick Strasser (SP) betont, dass es um alle Schulzyklen gehe und nicht nur um die Jüngsten. Zudem sei es nicht verbindlich, dass es Lektionen ab 7.30 Uhr gebe. Daher sei es grundsätzlich schon jetzt möglich, einen Stundenplan zu kreieren, der nach 8 Uhr beginnt. «Das Postulat beruht auf der falschen Annahme, dass ein Unterrichtsbeginn um 7.30 Uhr vorgeschrieben sei.» Deshalb beantragt der Regierungsrat, das Postulat nicht zu überweisen.
Zur Orientierungsvorlage gibt es keine weiteren Wortmeldungen. Damit geht es zum nächsten Traktandum. Dabei geht es um ein Postulat von alt Kantonsrat Nihat Tektas (FDP). Tektas forderte, den täglichen Schulbeginn für die jüngsten Schulkinder nach hinten zu verschieben. Das Ziel sei es, dass der Schulunterricht grundsätzlich nach 8 Uhr beginnen sollte.
Nun spricht Baudirektor Martin Kessler (FDP). «Wir haben Ihnen aufgezeigt, wie wir vorwärts zu gehen gedenken.» Kessler sei froh, dass der eingeschlagene Weg von den Fraktionen begrüsst werde. «Ich bin wirklich zuversichtlich.» Auf Brenns Kritik antwortet Kessler: «Es wird vorwärts gehen.» Die nächsten konkreten Vorlage kommen schon bald. Auch Capauls Votum stimmt Kessler weitgehend zu. Zum Schluss sagt der Baudirektor: «Qualität vor Quantität. Dieses Motto steht ganz weit oben. Wir brauchen nicht noch mehr Touristen, sondern Touristen, die bereit sind, in der Region für mehr Wertschöpfung zu sorgen.»
Franziska Brenn (SP) gibt nun die Sicht ihrer Fraktion bekannt. Der Rheinfall sei wundervoll, sagt die Neuhauserin. «Das Problem ist die Umgebung», sagt Brenn. Diese habe «keinen Hauch von Stil». Sie richtet einen Appell an den zuständigen Regierungsrat Martin Kessler (FDP): «Bitte, machen Sie vorwärts und zwar in einem rascheren Tempo als bisher.»
Beat Hedinger (FDP) spricht im Namen der FDP-Mitte-Fraktion. Die Stossrichtung der Regierung sei richtig. «Für unsere Region ist es sehr wichtig, dass die Gäste am Rheinfall gut bedient werden können.» Es brauche eine gute und umfassende Infrastruktur. «Das ist heute nicht der Fall», sagt Hedinger.
Für die GLP-EVP-Fraktion äussert sich Tim Bucher (GLP): Es herrsche Einigkeit, dass für den Rheinfall in Zukunft einiges getan werden müsse. Die Destination sei derzeit wenig attraktiv. Daher begrüsse seine Fraktion, dass die Regierung nun sein Augenmerk auf den Rheinfall legt. Es sei aber bedauerlich, dass es so lange gedauert habe. Von der Regierung wünsche er sich nun eine «mutige und innovative» Vorlage.
Urs Capaul (parteilos) spricht für die Grüne-Junge-Grüne-Fraktion. Er betont, dass für die Touristen der Rheinfall als Naturschauspiel im Vordergrund stehe, und nicht die Restaurants und Souvenirläden. Einerseits habe der Rheinfall als Naturdenkmal absolute Priorität und das solle nicht durch fragwürdige Angebote geschmälert werden. Andererseits sei die Möglichkeit zum Ausbau von Angeboten eingeschränkt. Capaul betont, welche schützenswerte Gebiete rund um den Rheinfall existieren. «Es geht um eine qualitative Weiterentwicklung des Rheinfalls.» Hier schliesse sich die Fraktion der Regierungsvorlage an. Dennoch gibt es von Capaul noch Anregungen: Er würde eine Dauerausstellung zu den biologischen Besonderheiten des Rheinfalls begrüssen.
Kommissionspräsident Michael Mundt (SVP) spricht als erstes Ratsmitglied über die Vorlage. Einen wegweisenden Entscheid wird es heute nicht geben, da es sich um eine Orientierungsvorlage handelt. Dennoch wird die Debatte wichtig sein für die Weiterentwicklung des Rheinfalls. Mundt betont, dass die Kommission im Prinzip hinter den Plänen der Regierung stehe. Mundt äussert sich zudem im Namen seiner Fraktion. Seine Fraktion begrüsst, dass es vorwärts gehen solle. Dennoch bleibe es wichtig, dass das Parlament genügend Mitspracherecht behalte.
Von der Welt der Computer und Maschinen gehts nun zum Naturspektakel Rheinfall: Als nächstes berät der Kantonsrat eine Orientierungsvorlage zur Stärkung der Tourismusdestination Rheinfall. Dabei geht es darum, eine Strategie auszuarbeiten, wie es mit dem Rheinfall künftig weitergehen soll. Der Kanton möchte hier die Zügel in die Hand nehmen. Die Immobilien sollen wertstiftend in Stand gesetzt, die Gesamtbewirtschaftung sowie einzelne touristische Angebote anhand der strategischen Anforderungen vergeben und das Angebotsportfolio laufend optimiert werden. Die Kosten für die Sanierungen sämtlicher Gebäude und Infrastrukturanlagen betragen geschätzt rund 50 Millionen Franken.
Der Rückweisungsantrag wurde mit 29 zu 22 Stimmen angenommen. Die Regierung muss die Strategie also noch einmal überarbeiten.
Nach der epischen Diskussion folgt nun eine kurze Pause.
Tim Bucher (GLP) kritisiert den Rückweisungsantrag. Damit gehe man mehr oder weniger zurück auf Feld eins. «Dann hören wir einfach lange nichts mehr.» Wenn man eine Digitalisierung wünsche – was im Rat ja Konsens sei – solle man der Vorlage zustimmen «und jetzt endlich einmal anfangen».
Erwin Sutter (EDU) spricht von einer Hochrisiko-Strategie: So wie die Strategie jetzt ausgestaltet sei, werde sie ziemlich sicher vor dem Volk scheitern, weil einfach nicht klar sei, was sie den Bürgerinnen und Bürgern bringe. «Dabei wünsche ich uns allen, dass wir diese Abstimmung durchbringen», so Sutter.
Regierungsrat Dino Tamagni (SVP) versichert dem Parlament nun, dass die 18 Millionen Franken ohnehin für Digitalisierungsprojekte ausgegeben würden. Um die Digitalisierung komme man nicht herum. «Oder wir gehen zurück zur Steintafel und fangen wieder von Vorne an.» Er wünscht sich allerdings ein besseres Reporting, das dem Parlament eine bessere Kontrolle über die Umsetzung der Strategie erlauben solle.
SP-Kantonsrat Kurt Zubler argumentiert nun, dass der Rückweisungsantrag von Scheck mehr sei als das Drehen an ein paar Stellschrauben. «Das ist dann eine ganz andere Kiste. Ich frage mich wirklich, ob es sinnvoll ist, sich das anzutun.» So wie der Rückweisungsantrag nun laute, werde das ein mehrjähriges Projekt. Schaffhausen gehöre bei der Digitalisierung jetzt schon zu den Letzten. «Mit dieser Extraschlaufe würden wir dann zu den Allerletzten gehören.»
Es wird munter weiterdiskutiert, wobei sich die Argumente wiederholen. Demnächst dürfte die Abstimmung folgen.
Peter Scheck formuliert nun einen Rückweisungsantrag. Die Strategie verharre in einer Oberflächlichkeit, «die durchschimmern lässt, dass man nicht so genau weiss, wo die Reise hingehen soll». Er gibt Beispiele, die zeigen sollen, dass die Strategie vage formuliert sei. Man wisse nicht, welche Angebote dereinst auf der Webseite stehen sollen. Und die Strategie sei nicht mit den Gemeinden abgestimmt. «Ich denke da an das digitale Baugesuch, das ist eigentlich eine Gemeindeangelegenheit.» Zu viele Baustellen verdeckten die Sicht auf das Wesentliche. Scheck will eine Zurückweisung und eine angepasste Strategie, die genauere Ziele setzen soll und diese mit einem Preisschild und mit einer Deadline versehen soll.
Urs Capaul (parteilos) argumentiert: «Wir müssen Massnahmen laufend anpassen, wir brauchen eine rollende Planung.» Denn nichts ändere sich so schnell wie die IT-Welt, sagt er mit Verweis auf die rasante Entwicklung der künstlichen Intelligenz. Die Strategie sei vor diesem Hintergrund gut genug.
FDP-Kantonsrat Heydecker argumentiert dagegen: «In massgeblichen Teilen des Kantonsrats fehlt das Vertrauen, um einfach mal 18 Millionen Franken zu sprechen.» Auch Herdecke hat Angst, dass dann in der Verwaltung «irgendetwas geschieht», ohne dass die Möglichkeit vorhanden wäre, Kontrolle auszuüben. «Wir müssen, in Gottes Namen, eine Zusatzschlaufe einbauen. Man sollte an ein paar Stellschrauben drehen, Vertrauen gewinnen, und die kritischen Personen mit ins Boot holen.» Er plädiert für eine Begleitgruppe des Kantonsrates zusammengesetzt aus Leuten, «die davon etwas verstehen». So lasse sich das angekratzte Vertrauen wiederherstellen. Im Verlauf des nächsten Jahres könne man dann eine leicht angepasste Vorlage lancieren.
SP-Kantonsrat Kurt Zubler: «Ich kann die diffuse Angst vor Digitalisierung verstehen, da sind schon viele Gelder verlocht worden. Aber es führt keinen Weg daran vorbei, jetzt einen grösseren Schritt zu machen.» Für ihn ist die Strategie konkret genug, man könne nicht erwarten, dass diese jedes kleinste Detail ausleuchte.
FDP-Kantonsrat Severin Brüngger betont für seine Fraktion noch einmal: «Wir sind nicht gegen die Digitalisierung der Verwaltung, aber wir wollen es richtig machen.» Man habe nun die Wahl zwischen einer schwammigen Vorlage, die von der grössten Fraktion im Kantonsrat abgelehnt werde, und einer Volksabstimmung mit einer möglichen Niederlage. «Eine Rückweisung ist die beste Variante, so kann Regierungsrat Montanari die Vorlage noch einmal überarbeiten.»
Marcel Montanari tritt ans Mikrofon, er wird nächstes Jahr als neuer Regierungsrat die Strategie umsetzen müssen. «Ich persönlich finde die Strategie nicht so schlecht, wie sie heute dargestellt wurde.» Die Zielsetzung sei einigermassen klar: 1) benutzerfreundliche Dienste für Bevölkerung und 2) Wirtschaft und interne Geschäfte effizienter gestalten. «Ich könnte mit dieser Strategie arbeiten», so Montanari. Gleichzeitig verstehe er die Parlamentarier, wenn sie befürchteten, nun 18 Millionen Franken auszugeben und nachher nicht mehr intervenieren zu können. «Von daher verstehe ich das Anliegen, dass man mehr konkretisieren möchte.»
Er schlägt vor: «Wenn Sie sich unsicher fühlen, wäre es mir lieber, wenn ich das am Januar noch einmal überarbeite könnte.» Es wäre schade, wenn die Vorlage vor dem Volk scheitern würde. Montanari ist offensichtlich bemüht, sich gegenüber der eigenen Partei diplomatisch zu geben. Gleichwohl spricht sich Montanari, wenn auch etwas schwankend, für ein Eintreten auf die Vorlage aus.
SVP-Kantonsrat Pentti Aellig reagiert auf die Kritik der linken Ratshälfte: Wer heute nicht 18 Millionen in ein rätselhaftes Digitalisierungsprojekt versenken will, sei also ein Hinterweltler, sagt er ironisch. «Wir sind nicht digitalisierungskritisch, sondern wir befürchten einfach, dass die 18 Millionen Franken irgendwo verpulvert werden.» Er persönlich müsse Nein sagen zu dieser Blackbox. Regierungsrat Walter Vogelsanger besteht demgegenüber weiterhin darauf, transparent über die Digitalisierungsstrategie aufgeklärt zu haben.
Urs Wohlgemuth kritisiert für die FDP weiter: «Ich als Unternehmer will wissen, was kriege ich am digitalen Schalter. Wir müssen die Verwaltung digitalisieren, aber wir brauchen klare Ziele. Diese Strategie ist gegen Innen gerichtet, aber wir brauchen eine Strategie, welche die Bevölkerung versteht. Diese Strategie wird von der Bevölkerung nicht verstanden.»
Teil zwei der Sitzung beginnt. Viele weitere Voten zur Digitalisierungsstrategie sind angekündigt.
Er sei beileibe nicht gegen eine Digitalisierung, sagt nun SVP-Kantonsrat Michael Mundt. «Aber wir wissen nicht, was wir für diese knapp 20 Millionen Franken bekommen. Zeigen Sie uns den Mehrwert auf!» Nur dann könne er zustimmen.
Noch viele weitere Sprecher und Sprecherinnen haben sich gemeldet, zunächst ist nun aber Mittagspause. Um 13.30 Uhr wird die Debatte fortgeführt. Wir sind dann natürlich wieder für Sie dabei.
Die Kritik von Links dauert an. SP-Kantonsrat Daniel Meyer: «Ich finde es billig, wenn man die Vorlage mit der KSD-Keule bekämpfen will.» Es erstaune ihn nicht, wenn die SVP als Partei des Konservatismus Mühe habe mit dieser progressiven Vorlage. Aber immerhin die FDP solle sich dafür aussprechen, zumal ihr Regierungsrat, Marcel Montanari, die Strategie mit den 18 Millionen Franken dann eigenhändig umsetzen könne.
GLP-Mayowa Alaye hat ebenfalls ein Verständnisproblem, wenn es um die Kritiker geht: «Während man der Vorlage Ungenauigkeit vorwirft, ist die Kritik daran noch viel ungenauer», so Alaye. Man könne die Vorlage jetzt nicht einfach zurückschicken, sondern müsse wenigstens klar darlegen, was daran zu verbessern wäre. Richtig ausgeführt, seien digitale Lösungen einfacher, schneller und billiger. Es müsse nun darum gehen, diese Lösungen schnell in die Verwaltung zu bringen, die vorliegende Digitalisierungsstrategie könne das leisten.
Der zuständige Regierungsrat Vogelsanger verteidigt die Vorlage: Man habe transparent aufzeigen wollen, welche Kosten auf den Kanton zukämen und wie man dieses Ziel erreichen wolle. Der ganze Prozess habe Fahrt aufgenommen. In der Verwaltung gebe es immer mehr Mitarbeiter, welche die Digitalisierung schätzen gelernt hätten und den Schritt in die Zukunft machen wollten.
Matthias Freivogel appelliert an die FDP. Natürlich könne man sich über den Detaillierungsgrad streiten. Aber: «Sie wissen eigentlich, dass wir vorwärts machen müssen. Und dass die Firmen erwarten, dass hier etwas geht. Das ist doch genau Ihr Klientel, die werden etwas enttäuscht sein, wenn Sie jetzt nicht Hand bieten, um die Strategie umzusetzen.» Er fordert namentlich Montanari auf, seine Position zur Digitalisierungsstrategie darzulegen. Montanari wird die Strategie als Nachfolger von Vogelsanger umsetzen müssen.
Tim Bucher (GLP) versteht den Widerstand der rechten Ratsseite nicht ganz: «Die Kritik gilt wohl weniger der Vorlage, sondern dem zuständigen SP-Regierungsrat Walter Vogelsanger», vermutet er. Es müsse nun endlich ein Schritt in die digitale Zukunft gemacht werden, zumal Schaffhausen allen anderen Kantonen hinterherhinke. «Wie erklären Sie einem Hallauer, dass er früher Feierabend machen muss, um einen Behördengang in der Stadt zu erledigen?», fragt er.
«Wir sind mit der digitalen Transformation im Hintertreffen», sagt auch Monika Litscher für die SP. In einem derart dynamischen Umfeld und angesichts der Grösse der Verwaltung sei es schlicht nicht möglich, beliebig tief in die Details zu gehen. Es müsse jetzt etwas gehen: «Es braucht Fachpersonen in den Departementen, die Projekte koordinieren und dafür sorgen, dass nicht jede Abteilung ein eigenes Dienstportal erstellt.» Und zu den Kosten: «Die beantragten 18 Millionen sind ein grosser Brocken, den wir uns angesichts der Finanzlage aber leisten können.»
Maurus Pfalzgraf (Junge Grüne) lobt die Vorlage. «Der Regierungsrat hätte auch länger daran arbeiten können, dann aber hätte sich der Kantonsrat wohl beschwert, nicht genügend früh mitwirken zu können.» Auch Pfalzgraf fordert, dass endlich vorwärts gemacht werden solle: «Ich möchte, dass die Protokolle der Kommissionen nicht abgetippt werden müssen.» Man könne schon dagegen sein, aber viel verändern werde der Widerstand nicht.
Nun wird über eine ganz grosse Kiste debattiert: Es geht um einen Rahmenkredit für die Umsetzung der Digitalisierungsstrategie des Kantons, der satte 18 Millionen Franken beträgt. Mit der Strategie sollen Angebote der Verwaltung für die Bürger benutzerfreundlicher und schneller werden, zum anderen auch für Verwaltungsmitarbeiter selbst bequemer. Nur ist vielen Kantonsräten nicht klar, was eigentlich der Inhalt dieser Strategie sein soll.
«Es wird mit viel Fachchinesisch verschleiert, was mit dieser Vorlage erreicht werden soll», kritisiert etwa die SVP. Auch die FDP/Mitte Fraktion stellt sich gegen die Vorlage, wie sie jetzt vorliegt. «Die Massnahmen sind viel zu umkonkret, zu schwammig und vor dem Volk nicht zu vertreten», meinte Urs Wohlgemuth für die FDP. Es fehlten griffige Massnahmen und negative Erfahrungen etwa mit der Kantonswebseite führten zu Skespsis. «Kostenübersichten stimmten vom einen zum anderen Dokument nicht überein», kritisiert Wohlgemuth weiter. Die Strategie bietet zwar eine Grundlage, brauche aber klare Zielvorgaben und eine bessere Einbindung der Gemeinden.
Nun kommt es noch zur Schlussabstimmung. Die Revision des Dekrets wird deutlich angenommen: 43 Ratsmitglieder sagen Ja, 10 sagen Nein.
Nun stimmt der Rat über die zur Diskussion stehende Passage ab. Die Mehrheit der Ratsmitglieder möchten die Passage im betreffenden Artikel beibehalten. Mit 30 zu 24 Stimmen bei einer Enthaltung hat man der Vorlage der Gesundheitskommission den Vorzug gegeben.
Die weiteren Wortmeldungen zeigen: Die Passage, sie ist nicht besonders relevant. Auch die Regierung stimmt dem Votum Heydeckers zu, dass die zur Diskussion stehende Passage keine Veränderung der Praxis herbeiführen würde.
Bei der Debatte geht es um folgende Passage: «Von der Bekanntgabe ausgenommen sind Daten, wenn der Anspruch einer Person auf Prämienverbilligung aufgrund ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse ausser Betracht fällt, wobei der Regierungsrat den Schwellenwert festlegt, der gewährleistet, dass alle, die einen möglichen Anspruch auf Prämienverbilligung haben, ein Antragsformular zugestellt erhalten.» Der gefettete Teil, so der Antrag der SVP, soll gestrichen werden. Davor warnt Patrick Portmann. «Das ist Service public. Die Leute sind IPV-berechtigt und habe das Geld zugute.» Es sei wichtig, den Satz so belassen. Christian Heydecker (FDP) glaubt allerdings nicht, dass die Passage entscheidend sei. Es werde an der Praxis nichts ändern, argumentiert er. Wenn man eine Änderung bewirken wolle, müsse man dafür sorgen, dass die IPV-Berechtigten das Antragsformular selbst bestellen oder abholen. Regula Salathé (EVP) hält dagegen, dass es wichtig sei, diejenigen zu unterstützen, die IPV zugute haben. Deshalb solle die Passage im Gesetzestext erhalten bleiben.
Die Fraktionen stimmen der Vorlage mehrheitlich zu. Die Gesundheitskommission hat eine Änderung vorgeschlagen, die aber umstritten ist. Die potenziell IPV-Berechtigten sollen durch eine Antragsformular erhalten. Dabei soll darauf geachtet werden, dass niemand durchs Raster fällt. Damit ist die SVP nicht einverstanden und stellt den Antrag, diese Passage zu streichen. Der zuständige Regierungsrat Walter Vogelsanger (SP) macht sich stark dafür, die Vorlage, so wie sie vom Regierungsrat präsentiert wurde, anzunehmen. Auch er möchte die zusätzliche Passage der Kommission streichen.
Nun kommt der Rat zum nächsten Geschäft: Hier geht es um die individuelle Prämienverbilligung (IPV). Neu soll nicht mehr die kantonale Steuerverwaltung für die Vorberechnung der IPV-Berechtigten verantwortlich sein. Stattdessen soll die Datenlieferung an die AHV-Ausgleichskasse innerhalb eines zu definierenden Einkommens- respektive Vermögensspektrums erfolgen.
Die Wortmeldungen haben sich erschöpft. Nun kommt es zur Schlussabstimmung. Das Ergebnis fällt deutlich aus. Mit 43 zu 10 Stimmen bei einer Enthaltung stimmt der Kantonsrat dem Geschäft zu. Allerdings erreicht die Vorlage ganz knapp keine Vierfünftelmehrheit. Das heisst: Es kommt zur obligatorischen Volksabstimmung über die Schaffung einer Ombudsstelle.
Mayowa Alaye (GLP) stellt eine Frage: Sie möchte wissen, ob die Ombudsstelle zuständig ist, wenn man bei den Strafverfolgungsbehörden einen Fehler im Umgang feststellt, beispielsweise wenn sich ein Polizist im Ton vergreift. Staatsschreiber Stefan Bilger antwortet: Die Abgrenzung zu den Justizbehörden sei wichtig, weil die Ombudsperson nicht materiell Verfahren überprüfen kann. Sie darf nicht in ein laufendes Strafverfahren eingreifen. Wenn es aber zu anderen Amtspflichtverletzung komme, das könne ein ungebührliches Verhalten sein, dann kann das die Ombudsstelle abklären.
Kantonsratspräsident Erich Schudel (SVP) eröffnet die Sitzung erneut. Es geht weiter mit der Beratung der Ombudsstelle.
Bevor der Rat des Geschäft weiter berät, gibt es nun eine halbstündige Pause. Wir melden uns um 10 Uhr zurück.
Nun spricht Patrick Strasser (SP) im Namen der Regierung: «Die Ausgestaltung der Ombudsstelle hat die Regierung nicht erfunden, sondern auf die bewährte Praxis anderer Kantone zurückgegriffen.» Wenn man eine Ombudsstelle wolle, müsse man das richtig machen, meint Strasser. «Es ist nicht so, dass die Verwaltung oder die Regierung keine Verantwortung übernehmen, wenn es eine Ombudsstelle gibt», antwortet er auf das Votum von Walter Hotz. Die Ombudsstelle sei ein gutes Angebot für die Schaffhauserinnen und Schaffhauser.
Als nächstes spricht Patrick Portmann (SP): Für ihn seien zwei Punkte wichtig. Einerseits müsse die Ombudsstelle bekannt gemacht werden. Andererseits möchte er auf das Votum von Walter Hotz antworten: «Ich glaube, als Politikerinnen und Politiker haben wir die Aufgabe, Themen ernst zu nehmen.» Wenn sich Leute bei der Politik wenden, sei das selbstverständlich gut, aber selbst da könne man an seine Grenzen stossen. Mit der Ombudsstelle gebe es die Möglichkeit, sich fachlich und rechtlich weiterhelfen zu lassen. Zu Walter Hotz sagt er: «Du hast gesagt, die Wege in Schaffhausen seien kurz. Das stimmt, aber das Problem ist, dass sie manchmal zu kurz sind.» Mit etwas mehr Professionalisierung könne auch mehr Vertrauen geschaffen werden, glaubt Portmann.
Die Fraktionen haben ihre Statements verlesen. Nun ergreift Walter Hotz (SVP) das Wort. Er bezweifelt den Nutzen einer Ombudsstelle. «In einem kleinen Kanton wie Schaffhausen, wo jeder jeden kennt, ist das nicht nur übertrieben, sondern gerade schon absurd.» Er meint, die Bevölkerung könne sich jederzeit an den Kantonsrat wenden. «Die Idee, eine Ombudsstelle zu schaffen, läuft im Kern darauf hinaus, dass Behörden und Kader ihre Verantwortung auf eine Einzelperson abwälzen wollen. Hand aufs Herz: Glaubt wirklich jemand, dass ein einzelner Ombudsmann oder eine einzelne Ombudsfrau die strukturellen Probleme lösen kann?» Für ihn ist klar: Die Ombudsstelle sei unnötig, teuer und bürokratisch.
Maurus Pfalzgraf (Junge Grüne) spricht nun für die Grüne-Junge-Grüne-Fraktion: «Endlich ist es so weit. Darüber freuen wir uns. Natürlich hätten wir noch mehr Wünsche und natürlich sind wir skeptisch, ob das Pensum reicht.» Ein Anliegen sei Pfalzgraf aber wichtig: Die Stelle müsse bekannt gemacht werden. «Eine Ombudsstelle bringt nichts, wenn niemand davon weiss.»
Für die GLP-EVP-Fraktion äussert sich Tim Bucher (GLP): «Unsere Fraktion unterstützt dieses Anliegen vollumfänglich.» Auch seine Fraktion werde von weiteren Anträgen absehen. Bevor man über eine mögliche Erweiterung der Befugnisse nachdenke, solle man zuerst Erfahrungen sammeln, sagt Bucher. «Sollte sich in Zukunft zeigen, dass eine Ausweitung der Stelle sinnvoll sei, dann sollte sich der Kantonsrat nicht scheuen, entsprechende Entscheide zu treffen.» Es sei denkbar, dass die Nachfrage in Zukunft eine Aufstockung erfordere.
Für die FDP-Mitte-Fraktion spricht nun Diego Faccani (FDP). «Auch wir sind der Meinung, dass es Zeit für eine verwaltungsunabhängige Ombudsstelle in unserem Kanton ist.» Er betont aber: «Es muss von Anfang an sichergestellt werden, dass diese Stelle nach gesundem Menschenverstand ausgestaltet wird.» Hierbei gehe es um die personelle Besetzung oder den Rahmen des Wirkungsbereichs. Faccani mahnt, man solle bei der Schaffung dieser Stelle nicht übertreiben.
Peter Scheck (SVP) spricht nun für die SVP-EDU-Fraktion: «Bei uns ist die Meinung nicht einheitlich. Es gibt bei uns einige Skeptiker gegenüber der Institution Ombudsstelle.» Trotzdem versammle sich eine Mehrheit hinter der Vorlage. Nicht zustimmen wolle man weitergehenden Anträgen.
Nun äussert sich Zubler noch im Namen der SP-Fraktion: «Wir unterstützen die Vorlage und die Änderungen der Spezialkommission einstimmig.» Man wolle keine weiteren Anträge stellen, sagt Zubler, insofern auch von den anderen Fraktionen keine Anträge kommen.
Nun geht es um die Schaffung einer Ombudsstelle. Hintergrund sind die Geschehnisse rund um die Schulzahnklinik-Affäre. Die Aufgabe der geplanten Stelle: In Konfliktfällen zwischen Verwaltung und Bürger vermitteln und Missstände aufdecken. Kurt Zubler (SP), Präsident der Spezialkommission, ergreift das Wort: «In der Kommission gab es etliche Anträge und intensive Diskussionen.» Unter anderem habe man über die Ausweitung des Wirkungsbereichs der Ombudsstelle. Es ging darum, weitere Institutionen wie etwa die Kirchen oder die Spitäler Schaffhausen in den Wirkungsbereich der Ombudsstelle aufzunehmen. Innerhalb der Kommission wurden die Ausweitungsanträge abgelehnt. Ob das nun in der Kantonsratsdebatte der Fall sein wird? Das bleibt abzuwarten. Zubler betont nochmals die Notwendigkeit einer solchen Stelle: «Wir schaffen mit diesem Gesetz eine niederschwellige Anlaufstelle für Beschwerden aller Art. Das stärkt die Bedürfnisse des Einzelnen gegenüber der Verwaltung.»
Die beiden Kandidaten wurden in der Zwischenzeit gewählt. Basil Hotz ist damit neu Vizepräsident des Obergerichts. Und Daniela Gehring wurde als Staatsanwältin in die Allgemeine Abteilung gewählt.
Der ganze Kantonsrat spricht sich ohne Gegenstimme (und mit nur einer Enthaltung) für das Case Management aus. Damit wird dieses nun auf eine solide gesetzliche Grundlage gestellt.
Normalerweise ginge die Vorlage nun zurück in die Spezialkommission, der Kantonsrat will sie aber sofort zu Ende beraten, wie er gerade bestimmt hat (dafür ist eine Zweidrittelmehrheit nötig).
Tim Bucher widerspricht: Natürlich gebe es Ausnahmefälle, er selbst kenne welche. «Ich mache mir aber nicht die Illusion, dass dieser Antrag nach den Ausführungen der Regierung eine Chance hat, deshalb ziehe ich ihn zurück.» Es geht also weiter mit der Detailberatung.
«Diese Einzellösungen finden bereits statt», sagt nun Urs Wohlgemuth für die FDP, man solle doch bei der Vorlage bleiben. Jetzt spricht noch einmal Regierungsratspräsident Patrick Strasser. «Grundsätzlich hat die Regierung nie etwas dagegen, wenn sie mehr Kompetenzen bekommt.» Trotzdem empfiehlt er, den Antrag von Bucher abzulehnen. Es gebe de facto keine solche Ausnahmefälle, habe er von der Lehraufsicht erfahren. «Artikel, die gut gemeint sind, die es aber nicht braucht, muss man auch nicht hineinschreiben.»
SVP-Kantonsrat Markus Müller will nichts von einer Ausnahmeregelung wissen. «Wir sollten aufhören, Gesetze für Ausnahmen zu machen.» Linda De Ventura und die SP will die Altersgrenze von 25 Jahren dagegen aufweichen. Sekundiert wird sie auch von Iren Eichenberger (Grüne). «Mir sind genau solche Ausnahmefälle bekannt. Es ist doch nicht sinnvoll, sie von dieser Beratung auszuschliessen.»
Nun folgt die Detailberatung der Vorlage, wo sich die Mitglieder zu einzelnen Artikel äussern und dazu Anträge machen können. Tim Bucher (GLP) will nun mit einem Antrag ermöglichen, dass der Regierungsrat Ausnahmen für Personen nach 25 Jahren beschliessen kann. «Eine strikte Altersgrenze erscheint nicht immer sinnvoll», so Bucher. Grundsätzlich mache die Altersbeschränkung zwar Sinn, aber es gebe eben Einzelfälle, die aus dem Raster fielen. Etwa alleinerziehende junge Mütter, die eine Ausbildung machen wollen. Die Ausnahmeregel habe keine spürbaren Auswirkungen auf die personellen Ressourcen, erlaube es aber, noch mehr Kosten zu sparen, da Langzeitarbeitslose die Öffentlichkeit bis zu 2 Millionen Franken kosten könnten.
Auch die GLP/EVP Fraktion steht geschlossen hinter der Vorlage, auch wenn sie sich eine Erhöhung des Alters der betreuten Personen vorstellen könnte. Patrick Strasser, Bildungsdirektor, spricht nun davon, dass auch die Lehrbetriebe grosse Unterstützer des Case Managements seien.
Sowohl die SP als auch die SVP/EDU-Fraktion sprechen sich für eine gesetzliche Grundlage für das Case Management aus. Markus Müller argumentiert für die SVP, dass sich mit dem Case Management viele Kosten sparen liessen. Er warnt aber davor, Änderungen an der Vorlage vorzunehmen und das Alter der betreuten Personen zu erhöhen.
Weiter geht es mit der Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für das Case Management. 2006 hat der Bund das Ziel festgelegt, dass mindestens 95 Prozent der Jugendlichen und jungen Erwachsene eine Abschluss der Sekundarstufe II erlangen soll. Ohne diesen Abschluss ist die Chance auf eine Arbeit wesentlich kleiner, oft ist eine Abhängigkeit von der Sozialhilfe die Folge, welche die Allgemeinheit ohne Weiteres insgesamt mehr als eine Million Franken kosten kann. Das Case Management soll Personen bis 25 Jahre begleiten und zum Beispiel beim Abschluss einer Lehre unterstützen. Bis anhin wird das Case Management in Schaffhausen als eine Art Provisorium geführt, nun soll es gesetzlich definitiv etabliert werden.
Jetzt wird noch eine Staatsanwältin für die allgemeine Abteilung gewählt. Das Prozedere entspricht dem vorherigen: Stimmzettel werden ausgeteilt, ausgefüllt und dann gezählt. Und die vorgeschlagene Kandidatin hat wiederum beste Chancen gewählt zu werden. Es handelt sich um Daniela Gehring, die in Zürich die Kantonsschule besucht hat. In ihrer Dissertation hat sie sich – sehr up to date – mit den Möglichkeiten der künstlichen Intelligenz zur Auswertung von Daten für die Strafverfolgung befasst.
Es geht rasch voran. Nun wird ein Vizepräsident für das Obergericht gewählt. Alle Ratsmitglieder geben dazu händisch ausgefüllte Stimmzettel ab. Marcel Montanari, Präsident der Justizkommission, verzichtet auf eine Erklärung. Wie oft bei solchen Wahlen hält sich die Konkurrenz in Grenzen. Der vorgeschlagene Kandidat oder die vorgeschlagene Kandidatin wird vom Kantonsrat meistens auch gewählt. In diesem Fall ist es Basil Hotz, der in Schaffhausen die Kantonsschule besucht hat und in Zürich kurze Zeit als Rechtsanwalt tätig war. Die Stimmen werden nun ausgezählt und später bekanntgegeben.
Kantonsratspräsident Erich Schudel läutet ein wenig wie ein Schulmeister mit der Glocke: Die Doppelsitzung des Kantonsrats ist damit eröffnet. Die Ratsmitglieder sind aufgerufen, sich zu setzen und ihre sehr lebendigen Gespräche zu unterbrechen. Diese verstummen relativ schnell und hören Schudel zu, wie er nun über die Abwesenheit einzelner Mitglieder informiert. Unter anderem wird Linda De Ventura nach Bern gehen, um sich dort als Nationalrätin vereidigen zu lassen.
Der Schaffhauser Kantonsrat trifft sich heute für eine Doppelsitzung – und wir von den SN sind selbstverständlich wieder dabei und informieren Sie live über die Debatten und Entscheide der Volksvertreterinnen und -vertreter. Spannende Themen werden heute verhandelt. Das ist geplant:
- Neuer Vize am Obergericht gesucht: Die Vizepräsidentin des Schaffhauser Obergerichts hört auf. Der Grund: Susanne Bollinger wurde zur Bundesrichterin gewählt. Der Abgang muss nun kompensiert werden. Deshalb soll der Kantonsrat heute einen neue Vizepräsidenten wählen. Die Wahlvorbereitungskommission hat inzwischen einen passenden Kandidaten gefunden: Basil Hotz soll das Amt übernehmen. Der 35-jährige Schaffhauser arbeitet als Leitender Gerichtsschreiber und Ersatzrichter am Obergericht.
- Staatsanwaltschaft braucht Verstärkung: In der Allgemeinen Abteilung der Schaffhauser Staatsanwaltschaft ist eine Stelle frei. Weil Staatsanwältin Monika Häusermann gekündigt hat, gilt es es die Stelle neu zu besetzen. Die Kommission empfiehlt Daniela Gehring. Die 32-jährige Juristin arbeitet derzeit als Assistenzstaatsanwältin bei der Schaffhauser Staatsanwaltschaft. Den Job antreten soll sie, insofern der Kantonsrat sie wählt, am 1. März 2025.
- Gesetzliche Grundlage für Case Management: Für junge Berufsanfänger gibt es von der kantonalen Dienststelle Berufsbildung und Berufsberatung ein spezielles Angebot. Es hilft weiter bei Problemen während der Ausbildung oder bei einem nicht geschafften Abschluss. Nun soll dieses Case Management im Gesetz verankert werden.
- Ombudsstelle nach Schulzahnklinik-Skandal: Die Geschehnisse rund um die Schulzahnklinik-Affäre sollen Konsequenzen nach sich ziehen. Eine davon ist die Schaffung einer kantonalen Ombudsstelle. Die Aufgabe der geplanten Stelle: In Konfliktfällen zwischen Verwaltung und Bürger vermitteln und Missstände aufdecken.
- Anpassung beim Krankenkassenversicherungsgesetz: Hier geht es um die individuelle Prämienverbilligung (IPV). Neu soll nicht mehr die kantonale Steuerverwaltung für die Vorberechnung der IPV-Berechtigten verantwortlich sein. Stattdessen soll die Datenlieferung an die AHV-Ausgleichskasse innerhalb eines zu definierenden Einkommens- respektive Vermögensspektrums erfolgen.
- Kredit für Digitalisierungsstrategie: Der Kanton Schaffhausen will 18 Millionen Franken für seine Digitalisierungsstrategie ausgeben. Verwaltung und Behörden sollen im digitalen Zeitalter ankommen. Ein Ziel dieser Strategie soll es auch sein, benutzerfreundliche Dienste für die Bevölkerung zu vereinfachen und auszubauen.