Schaffhauser Kantonsrat schickt vorgeburtlichen Mutterschutz bachab – doch keine Bevorzugung des Staatspersonals

Dario Muffler | 
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Vorgeburtlicher Mutterschaftsurlaub fürs Staatspersonal? Nein danke, sagt der Kantonsrat. Bild: Key

Der Schaffhauser Kantonsrat hat am Montag eine Besserstellung des Staatspersonals abgelehnt. Es ging um einen zweiwöchigen vorgeburtlichen Mutterschutz. Die Idee wurde ursprünglich noch vom Parlament als Auftrag an die Regierung überwiesen.

70 Prozent der Frauen fehlen in den letzten zwei Wochen vor der Geburt ihres Kindes am Arbeitsplatz. Das zeigen Zahlen des Bundes. In der Regel werden Frauen dann von einem Arzt krankgeschrieben. Frauen müssen sich also rechtfertigen, wenn sie vom Arbeitsort fernbleiben – auch wenn der Grund offensichtlich ist. Grundsätzlich gilt in der Schweiz: Schuften bis die Wehen kommen. Das ist europaweit eine Seltenheit. In den Nachbarländern gibt es vorgeburtlichen Mutterschaftsurlaub von vier bis acht Wochen. Das sollte sich ändern, fand SP-Kantonsrätin Melanie Flubacher.

Die Parlamentarierin reichte deshalb vor gut zwei Jahren eine Motion ein, welche die Regierung damit beauftragen sollte, das Gesetz im Kanton Schaffhausen so zu ändern, dass Angestellte der öffentlichen Verwaltung künftig von einem zweiwöchigen Mutterschaftsurlaub profitieren. Eine knappe Mehrheit des Parlaments hatte sich im April 2023 dem Anliegen angeschlossen. Deshalb erarbeitete die Regierung eine Vorlage.

Kehrtwende auf der Zielgeraden

Der Regierungsrat schlug dem Parlament vor, den Mutterschaftsurlaub für Kantonsangestellte auf insgesamt 19 Wochen anzuheben, wovon zwei vor der Geburt bezogen werden müssen. Die finanziellen Auswirkungen der neuen Regelung würden sich im überschaubaren Rahmen von jährlich 115’000 Franken bewegen.

Das Parlament zog am Montagmorgen nun aber die Notbremse. Eine enge Sache hatte sich abgezeichnet, da die vorberatende Kommission gespalten war: Hier die Befürworter, die der Regierung ein gutes Zeugnis ausstellten und Mut attestierten. Die Befürworter sehen einen Standortvorteil für den Kanton. Dort die Mahner, die kritisierten, dass die Kantonsangestellten gegenüber Angestellten in der Privatwirtschaft weiter bevorzugt würden.

Hätte der Kantonsrat Ja gesagt zur Gesetzesänderung, hätte der Kanton eine sehr fortschrittliche Gesetzgebung gehabt. Andere Städte haben in der Zwischenzeit einen vorgeburtlichen Mutterschutz für ihr Personal etabliert. In Basel-Stadt wurde der Mutterschaftsurlaub von 16 Wochen gesplittet, sodass zwei Wochen davon vor der Geburt bezogen werden können. In der Stadt Schaffhausen ist ein Vorstoss zu vorgeburtlichem Mutterschaftsurlaub noch hängig.

Kritik aus Fachkreisen

Auf Bundesebene scheiterte der Versuch, vorgeburtlichen Mutterschaftsurlaub einzuführen. Der Bundesrat führte finanzielle Gründe für seine ablehnende Haltung an. Ein Bericht aus dem Mai 2024 zum Thema «Gesundheitliche Bedürfnisse von Frauen sollen besser berücksichtigt werden» spricht den vorgeburtlichen Mutterschutz nicht an.

Der Schweizerische Hebammenverband spricht derweil davon, dass sich die Fachwelt einig ist: Ruhe und möglichst wenig psychischer und physischer Stress sei entscheidend für den Geburtsverlauf und die Gesundheit von Mutter und Kind. «Paradoxerweise wirkt sich die meist verbreitete sitzende und eher ruhige Büroarbeit negativ aus, weil sie die körperlichen Voraussetzungen für die Geburt verschlechtert», schreibt der Verband auf seiner Webseite.

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