Kanton Schaffhausen plant Solidaritätsbeitrag für Opfer von Zwangsmassnahmen

Dario Muffler | 
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Aufnahme eines Verdingkindes während dem Schulunterricht, aufgenommen im Jahr 1945. Symbolbild: Key

Der Schaffhauser Regierungsrat will einen Solidaritätsbeitrag für Opfer von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen vor 1981 sprechen. Betroffene sollen 25'000 Franken erhalten. Die Finanzierung teilen sich Kanton und Gemeinden, wie die Staatskanzlei am Donnerstag mitteilt. Vorangegangen war eine politische Debatte.

Der Regierungsrat des Kantons Schaffhausen setzt ein Zeichen der Anerkennung für eines der dunkelsten Kapitel der Schweizer Sozialgeschichte: die fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen, von denen insbesondere Verdingkinder, Heimkinder und so genannte administrative Versorgte betroffen waren.

In Anlehnung an die bereits auf Bundesebene geschaffenen gesetzlichen Grundlagen plant nun auch die Schaffhauser Regierung die Einführung eines Solidaritätsbeitrags. Dieser soll an Personen ausgerichtet werden, die vor 1981 von einer Zwangsmassnahme oder Fremdplatzierung durch eine Schaffhauser Behörde betroffen waren. Mit dem Beitrag von 25'000 Franken pro Person soll nicht nur das erlittene Unrecht anerkannt, sondern auch die gesellschaftliche Solidarität zum Ausdruck gebracht werden, schreibt die Staatskanzlei in einer Mitteilung vom Donnerstag.

Zuständig für die Umsetzung des Gesetzes ist das kantonale Sozialamt. Die Finanzierung des Solidaritätsbeitrags erfolgt je zur Hälfte durch die Gemeinden und den Kanton. Bis zum 28. Oktober können Gemeinden, Parteien und Organisationen im Rahmen einer Vernehmlassung zum Gesetzesentwurf Stellung nehmen.

Aufarbeitung läuft seit 2017

Der Reaktion des Regierungsrats war eine politische Debatte vorangegangen. 2017 startete der Kanton Schaffhausen die Aufarbeitung dieses Kapitels. 2022 lag erstmals eine wissenschaftliche Betrachtung der Situation in Schaffhausen vor, woraufhin Linda De Ventura (SP) mit einem Vorstoss im Kantonsrat beim Regierungsrat Druck machte. Dieser kündete 2023 an, Entschädigungen zu prüfen. Nun hat er also einen Entscheid gefällt.

Gemäss Angaben des Bundesamts für Justiz und Einschätzungen der Schaffhauser Regierung dürften von den schweizweit knapp 11’000 eingereichten Gesuchen rund 100 Gesuche für einen Solidaritätsbeitrag des Bundes auf Personen zurückgehen, die durch die Schaffhauser Gemeinde oder Kantonsbehörden Opfer fürsorgerischer Massnahmen oder von Fremdplatzierungen wurden.

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