Wo aus den Röhren Geschichten plätschern: Brunnen, die etwas zu erzählen haben
Brunnen waren bis zur Erschliessung der Häuser mit Leitungswasser ein Treffpunkt in den Dörfern. Hier wurde das Wasser geholt oder auch die Wäsche gewaschen – und vor allem getratscht. Bis heute sind sie beliebte Fotomotive und prägen die Dorfbilder; einige der Dorfbrunnen erzählen auch spezielle Geschichten.
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Stube-Brunnen, Rüdlingen: Hier darf nur Oskar baden
In den Dörfern auf dem Land werden viele Brunnen in den heissen Sommertagen von den Kindern – und da und dort auch von den «Grossen» – genutzt, um sich eine Abkühlung zu gönnen. In Rüdlingen ist das im Stube-Brunnen aber nicht möglich. Der Brunnen beim Restaurant «Stube» ist nämlich das offizielle Zuhause von Oskar dem Karpfen und seinem Gefährten. Tatsächlich lebt in diesem Brunnen seit fast 30 Jahren ein Fisch. Oskar ist nicht nur ein stattlicher Kerl, sondern mittlerweile auch eine Sehenswürdigkeit. Berühmt geworden ist er auf Tiktok und man könnte meinen, er weiss um seinen Bekanntheitsstatus. Tritt man an den Brunnentrog, kommt er auch schon angeschwommen, um seine Fans zu begrüssen und für die Kameras zu posieren. Scheu ist Oskar auf jeden Fall nicht und er zeigt sich gern, obwohl er eine Höhle im Brunnen bekommen hat, die er zum Rückzug nutzen könnte. Offensichtlich geniesst der Star die Aufmerksamkeit.
David-Brunnen, Trasadingen: Das grosse Werk eines grossen Künstlers
Der Zschokke-Brunnen oder «Drei Lebensalter-Brunnen», der beim Kunstmuseum steht, ist eine Sehenswürdigkeit für alle Stadtbesucher in Basel. Die Brunnenfigur wurde vom Basler Bildhauer Alexander Zschokke angefertigt, der in der Künstlerszene weit über Basel hinaus einen bedeutenden Namen hat und Bewunderung geniesst. Unter der Auswahl seiner grössten Werke stösst man tatsächlich auf den David-Brunnen in Trasadingen. Der Brunnen, mit der Skulptur von Saul, David und einem Hund, der an der Hirschgasse in Trasadingen, gleich neben dem Haus zum Haumesser steht, wurde 1937 von Zschokke geschaffen. Den Auftrag dazu gab ihm Georg Wagner, der in Trasadingen als Millionär galt, nach Absprache mit dem damaligen Gemeindepräsidenten, Paul Gasser. 1958 wurde der Brunnen eingeweiht. Die Figur zeigt den biblischen König Saul in einer Position der Niedergeschlagenheit und den Hirtenjungen David mit der Harfe hinter ihm stehend. Der Hund erbettelt vom traurigen König Zuneigung.
Hammer-Brunnen, Hallau: Das gute Monster in der Mauer
Monster und Helden, die für das Gute kämpfen, gab es offenbar schon immer. In Hallau bekam das heldenhafte Wesen im 16. Jahrhundert sogar einen Brunnen. «Im Jahre 1557 errichtete man einen Brunnen hier am Quell des Hammerbachs, wo der Sage nach das Hammerbachtier in wechselnder Gestalt das Böse bekämpfte und das Gute forderte», steht auf dem grossen Brunnentrog. Bei der Quelle, so sagt man, habe seit uralten Zeiten ein Wesen seinen Wohnsitz aufgeschlagen, das einmal das Aussehen eines Tieres oder dasjenige eines Menschen annehmen könne. Das «Hammerbachtier» habe seine grösste Freude daran, Arme und Notleidende zu unterstützen, Hartherzige und Neugierige dagegen zu züchtigen. Wer genug Mut aufbringt, kann das Tor in der Hammermauer hinter dem Brunnen leise öffnen und darauf hoffen, dass das Hammerbachtier schläft. In der Mauer kann man nämlich direkt in die kühle Quelle sehen – aber eben, das Hammerbachtier mag keine Neugierigen.
Klettgauer-Brunnen, Neunkirch: Die fleissigen Frauen im Klettgau
1940 schuf der Neunkircher Bürger und Bildhauer Max Uehlinger den Brunnen auf dem Klettgauerplatz, bei der damaligen Sparkasse, der heutigen BS Clientis Bank. «Das Bauernmädchen» heisst die Figur, die auf der Säule des Klettgauer-Brunnens steht. Sie ist eine lebensgrosse Abbildung einer Klettgauer Frau mit einer Sichel in der Hand. Die Jahreszahl des jüngsten Brunnens in Neunkirch verrät, dass dieser in den Jahren des Zweiten Weltkriegs gebaut wurde. Die selbstbewusst in die Ferne blickende Klettgauerin, die mit der Sichel auf dem Feld arbeitet, steht für die überlebensrelevanten Leistungen der Frauen in der Region zu dieser Zeit. Die gesunden jungen Männer mussten zur Landesverteidigung an die Grenzen und zurück mit den Arbeiten im Haus, auf dem Hof, auf den Feldern und in den Rebbergen blieben die Frauen. Sie bestellten die Äcker, damit zu allen Sorgen dieser Zeit nicht auch noch der Hunger die Menschen quälte.
Sonne-Brunnen, Beggingen: Eine Wellnessanlage im Randental
Auf dem Platz vor dem Gasthaus Sonne in Beggingen steht ein ganz besonderer Brunnen, der mehr bietet als alle anderen. Hier kann man sich nämlich eine Portion Wellness gönnen. Der Brunnentrog wurde mit einem Armbad für Kneippanwendungen ergänzt. Beggingen und die «Sonne» sind ein beliebtes Wander- und Biketourenziel. Mit einer Anwendung am Kneippbrunnen können sich die Ausflügler auf Wellnessniveau erfrischen. Kneippanwendungen werden bei körperlicher und geistiger Müdigkeit sowie Kopfschmerzen empfohlen. Sie wirken erfrischend, blutdruckregulierend und durchblutungsfördernd. Kneippanwendungen werden auch «die Tasse Kaffee der Naturheilkunde» genannt, denn sie beruhigen das Herz und regen den Geist an. Das Armbad sollte man übrigens nie mit kalten Händen durchführen und erst den rechten, dann den linken Arm mit der Hand voraus eintauchen und leicht bewegen. Nach sechs bis 60 Sekunden das Wasser abstreifen, nicht abtrocknen.
Dorfbrunnen, Thayngen: Ein Geschenk des Kantons
Im Jahr 1614 zeigte sich die Obrigkeit in Schaffhausen äusserst grosszügig mit den Thayngern. Der Dorfbrunnen auf dem Dorfplatz bei der Kirche ist der einzige Brunnen im Kanton Schaffhausen, der von den Behörden an eine Gemeinde gestiftet wurde. Laut Ratsbeschluss hätten die hohen Herren ihren Untertanen in Thayngen auf ihren damals neu gemachten Brunnen einen in Stein gehauenen Widder eingelassen. Unter der Kaiserkrone steht bis heute gut zu sehen zentral der städtische Schaffhauserbock auf der Brunnensäule. Darunter findet man das alte Thaynger Gemeindewappen, ein Rebmesser mit Schweizerkreuz. Zu erkennen sind auch die erklärenden Buchstaben G.D. für Gemeinde Dayngen. 1935 wurde die alte Brunnensäule mit einer identischen aus Kunststein ersetzt, sogar die neuen Brunnenröhren wurden von der Form her den alten nachgebildet.