Kindergartenkinder in Schaffhausen müssen nicht mehr zum Schularzt

Dario Muffler | 
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Während des Unterrichts zum Arzt: Das müssen Kindergartenkinder in Schaffhausen künftig nicht mehr. Bild: Key

Auf Initiative der Kinderärzte werden im Kanton Schaffhausen die Reihenuntersuchungen im ersten Kindergartenjahr abgeschafft. Stattdessen müssen Eltern ihren privaten Kinderärzten ein Formular abgeben und an die Behörden weiterleiten.

Wirklich gern geht niemand zum Arzt. Insbesondere Kinder mögen es nicht, sich untersuchen zu lassen oder eine Spritze zu erhalten. Umso ärgerlicher ist es wohl, wenn ein Kind zweimal denselben Untersuch durchmachen muss, einmal bei einem Arzt, den es nicht kennt. Das war bei Kindergartenkindern zuletzt öfters der Fall. Im Kanton Schaffhausen gab es bisher einen Reihenuntersuch aller Kinder im ersten Kindergartenjahr. Dieser fällt nun weg, wie das Gesundheitsamt den Ärztinnen und Ärzten sowie den Schaffhauser Lehrpersonen mitgeteilt hat.

Als Auslöser für die Abschaffung nennt Sergio Stocker, Kinderarzt in Schaffhausen, zwei Hauptgründe. «Zum einen werden die meisten Kinder bereits von ihrem eigenen Kinderarzt genauer untersucht», sagt Stocker. «Zum anderen gibt es immer weniger Ärztinnen und Ärzte, die als Schularzt tätig sein möchten.» Denn es ist ein Zusatzaufwand, der geleistet wird. Elke Lenz-Agnes, stellvertretende Kantonsärztin sagt zudem: «Die Untersuchungen im Kindergarten und deren Administration sind eine zusätzliche organisatorische und finanzielle Belastung für den Schulbetrieb und das medizinische System.»

Formular in mehreren Sprachen

Die Reihenuntersuchungen fanden jeweils während des Schulunterrichts statt und waren relativ rudimentär: Die Kinder mussten einen Seh- und Hörtest machen, wurden gemessen und gewogen. Durchgeführt wurden diese Untersuchungen von Ärztinnen und Ärzten, die im Auftrag des Kantons neben ihrer Praxistätigkeit als Schulärzte im Einsatz waren. Neben den Reihenuntersuchungen führen diese Mediziner auch Impfungen durch, die in der 6. und in der 8. Klasse angeboten werden. Dieses Angebot bleibt bestehen.

So weit, so gut, doch Stocker sagt: «Praktisch alle Kinder hatten aber bereits davor eine Vorsorgeuntersuchung bei ihrem privaten Kinderarzt und diese ist viel ausführlicher als die Reihenuntersuchung.» Um diese Doppelspurigkeit zu eliminieren, wurde ein einfaches Vorgehen gesucht. In den Augen der Kinderärzte hat man eines gefunden.

Künftig verschickt das Gesundheitsamt allen Eltern per Post einen Brief und ein Formular. Mit seiner Unterschrift darauf bestätigt der private Kinderarzt, dass er eine Untersuchung durchgeführt hat. Die Eltern müssen das Formular dann an das Gesundheitsamt schicken. Gemäss Gesundheitsamt soll das Formular in mehreren Sprachen zur Verfügung stehen. Alle Eltern erhalten diesen Brief Anfang Oktober, wie Lenz-Agnes sagt.

Mal für ein Jahr

Ein mögliches Problem beim neuen Vorgehen ist, dass ein Kind durch die Maschen fällt, also nicht durch einen Arzt auf seine Motorik und Sensorik kontrolliert wird, weil es keinen behandelnden Kinderarzt hat. Das will der Kanton verhindern, indem das Gesundheitsamt die Kontrollzettel aller Kinder sammelt und überprüft, ob Ende erstes Kindergartenjahr alle Kinder eine Untersuchung durchlaufen haben.

«Familien, die keinen behandelnden Arzt haben, werden durch das Gesundheitsamt unterstützt.»

Elke Lenz-Agnes, stellvertretende Kantonsärztin

Sollte dies nicht der Fall sein, geht das Amt auf die Eltern zu. Wenn bis zum Eintritt in die Primarschule noch immer kein Untersuch stattgefunden hat, wird nochmals interveniert. «Familien, die keinen behandelnden Arzt haben, werden durch das Gesundheitsamt unterstützt und an einen weiterbehandelnden Arzt vermittelt», sagt Lenz-Agnes. Und sie erhofft sich, dass aufgrund der Kontrolle durch das Gesundheitsamt der Gesundheit und Schultauglichkeit der KInder noch mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird.

Stocker ist überzeugt davon, dass keine Kinder durch die Maschen fallen würden. Er setzt viel in die neue Vorgehensweise. Der Aufwand für Ärztinnen und Ärzte reduziere sich, jener der Eltern steige nur leicht. Für den Kanton fallen die Kosten für die Reihenuntersuchungen weg, für welche die 10 Schulärzte jeweils aus der Staatskasse entschädigt worden sind. Lenz-Agnes spricht davon, dass die frei werdende Kapazität – zeitlicher und finanzieller Natur – künftig den Familien zugutekomme, die tatsächlich Unterstützung bedürfen. Das neue Prozedere wird vorerst während eines Jahres angewandt.

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Kommentare (1)

Kathrin Frick Fr 25.08.2023 - 07:27

Fragt sich jetzt, was mehr administrativen Aufwand mit sich bringt: Die Administration der Reihenuntersuchung, oder die Kontrollen, um sicherzustellen, dass niemand durch die Maschen fällt.

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