«Ich bin gespannt, wie Frauen das Buch bewerten werden»
Was Staatsanwälte und Krimiautoren gemeinsam haben und wie seine Krimis entstehen – darüber spricht unser Kopf der Woche Erwin Beyeler.
Der rote Faden im Berufsleben von Erwin Beyeler ist die Sprache. «Bei allen meinen Tätigkeiten habe ich die Sprache gebraucht», sagt der Krimiautor und Rechtsanwalt. Er, der Bundesanwalt, ausserordentlicher Schaffhauser Staatsanwalt und Polizeikommandant gewesen ist, sagt: «Vor allem als Anwalt ist der schriftliche und mündliche Ausdruck das A und O. Das hat mir schon immer gefallen, denn ich habe einfach Freude an der Sprache.»
Er habe schon früher Geschichten geschrieben, diese dann aber weggeworfen. Was ihm dabei helfe, sei seine «blühende Fantasie». «Meine Bücher entstehen meist zuerst anhand der Figuren, erst dann folgt die Handlung», sagt Beyeler. Nun ist letzte Woche mit «Die Geschichte der Eva Klein» sein sechster Krimi, der vierte bei der Edition Vogelfrei, erschienen.
Rechtsgehilfe des Richters
Im Krimi geht es um eine hochbegabte junge Frau, die sich von ihrem Freund trennt. Er, der es bis zum Schaffhauser Regierungsrat gebracht hat, rächt sich an ihr. Im Zentrum der Erzählung, die man ohne Weiteres in einem Zug durchliest, stehen Abhängigkeiten, Schneelandschaften auf dem Reiat, aber auch das Verstecken eigener Talente. «Es ist mein erstes Buch, das in der Ichform einer Frau geschrieben ist», sagt Beyeler. «Ich bin gespannt, wie Frauen das Buch bewerten werden.»
Beyeler fühlt sich in Schaffhausen wohl: «Ich bin nicht der Typ, der viel Aufsehen macht, sondern eher ostschweizerisch trocken», sagt er. Auch schreibt er, der stets gleichzeitig mehrere Bücher liest, gerne über Orte, die er kennt. Wegen einer Knieoperation kann Beyeler nicht mehr joggen. «Beim Joggen konnte ich mich hervorragend entspannen», sagt er.
Nach seiner Zeit als Bundesanwalt in Bern hat er sich als Rechtsanwalt und Pflichtverteidiger in Schaffhausen nochmals einer beruflichen Herausforderung gestellt. Dabei lerne er die besonderen Lebensgeschichten und -situationen seiner Mandanten, die oft sehr gesprächig seien, kennen: «Bei einigen Fällen ist die Ausgangslage hoffnungslos, doch manchmal hat es Spielraum für eine andere rechtliche Bewertung, und man kann etwas erreichen», so Beyeler. «Man sagt ja auch, dass der Rechtsanwalt der Rechtsgehilfe des Richters ist.» Er hat viel Erfahrung in Gerichtssälen, da er selbst auch einmal Erster Staatsanwalt in St. Gallen gewesen ist. Zwischen seinen juristischen Tätigkeiten hat er nun Zeit zum Schreiben – auch gerne einmal einen Roman.