Kein weiterer Anwaltswechsel für Franz W.
Das Obergericht hat entschieden, dass der Kettensägenangreifer Franz W. seinen amtlichen Verteidiger aktuell nicht wechseln darf. Gegen W. läuft ein Strafverfahren wegen versuchter Tötung.
Mit seinem Angriff auf die Filiale der CSS-Versicherung an der Schaffhauser Vorstadt hatte der 51-jährige Franz W. am 24. Juli über die Landesgrenzen hinaus für Aufsehen gesorgt. Mit einer Motorsäge hatte der Mann zwei Mitarbeiter der Versicherung verletzt, einen davon schwer. In der Schaffhauser Altstadt löste der Angriff und die Flucht des Täters für mehrere Stunden einen Ausnahmezustand aus.
Nach einer aufwändigen Grossfahndung konnte der Mann dann am Tag darauf in Thalwil am Zürichsee verhaftet werden. Daraufhin wurde er für die Befragung ins Schaffhauser Gefängnis gebracht. Zunächst wurde ihm als Verteidiger der zuständige Pikettanwalt aus dem Kanton Schaffhausen zugeteilt. Bereits kurz nach seiner Verhaftung beantragte der Verdächtige jedoch, den Anwalt zu wechseln. Per 31. Juli wurde schliesslich ein Anwalt aus dem Kanton Zürich als neuer amtlicher Verteidiger eingesetzt.
Zweiter Wechsel beantragt
Nur wenige Tage nach diesem Wechsel stellte W. erneut den Antrag, seinen amtlichen Verteidiger zu wechseln. Diesen Antrag wies die erste Instanz, die Staatsanwaltschaft des Kantons Schaffhausen, jedoch am 28. August ab.
Als Hauptgrund für die Ablehnung nennt das Obergericht das sogenannte Beschleunigungsgebot.
Gegen diesen Entscheid reichte W. eine Beschwerde ein. Deshalb befasste sich nun auch das Schaffhauser Obergericht mit der Frage, ob dem Beschuldigten ein weiterer Anwaltswechsel gewährt werden soll.
«Beschwerde unbegründet»
In seinem Entscheid kommt das Obergericht nun zum Schluss, dass W. derzeit bei seinem amtlichen Verteidiger bleiben muss: «Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen», erklärt das Obergericht im Entscheid, der inzwischen rechtskräftig ist. Als Hauptgrund für die Ablehnung nennt das Obergericht das sogenannte Beschleunigungsgebot. Dieses verlangt, dass ein Strafverfahren innert angemessener Frist zum Abschluss gebracht wird.
Vor diesem Hintergrund reiche der blosse Wunsch des Beschuldigten, nicht mehr vom bisherigen Verteidiger vertreten zu werden, für einen Anwaltswechsel nicht aus. Auch eine blosse Weigerung, mit dem amtlichen Verteidiger in kooperativer Weise zusammenzuarbeiten, sei nicht ausreichend für einen Wechsel. Das Obergericht schreibt: «Andernfalls hätte es ein Beschuldigter in der Hand, durch unkooperatives Verhalten einen Verteidigerwechsel beliebig zu provozieren.» Damit käme es jeweils zu Verfahrensverzögerungen. Diese seien aber ohne das Vorliegen von objektiv triftigen Gründen zu vermeiden.
Vorwurf der Gewalttätigkeit
Die Gründe, warum Franz W. seinen Rechtsvertreter wechseln wollte, werden im Entscheid des Obergerichts nur knapp skizziert. Gemäss dem Schreiben hatte der Beschuldigte behauptet, sein Rechtsanwalt sei ihm gegenüber gewalttätig geworden. W. erklärte, dass sein Anwalt «mit Faust, Geist und Worten» Gewalt anwende. Bereits beim ersten Zusammentreffen habe der Anwalt ihm einen Faustschlag versetzt, auch plage ihn dieser mit seinen «Geisteskräften» und füge so seiner Seele Schmerzen zu.
«Nicht nachvollziehbar»
Das Obergericht ist jedoch überzeugt, dass diese Behauptungen weder begründet noch nachvollziehbar seien. Es gebe keinerlei Hinweise darauf, dass der Anwalt seinen Mandanten nicht umsichtig, sachgerecht und effektiv verteidige. Eine erhebliche Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen Anwalt und Mandanten sei weder dargelegt noch objektiv erkennbar. Die Behauptungen von Franz W. reichten deshalb für einen Anwaltswechsel nicht aus. «Andernfalls könnte ein Beschuldigter bei Wiederholung einer solchen Vorgehensweise das Verfahren regelrecht blockieren», schreibt das Obergericht.
Zudem weist das Obergericht darauf hin, dass sich der Beschuldigte nicht festgelegt habe, wen er als neuen Verteidiger wünsche. Zwar hatte W. telefonischen Kontakt zu mindestens einem Anwalt. Er habe sich aber immer wieder umentschieden, wer mit der Verteidigung zu beauftragen sei. Das Obergericht spricht hier von «sprunghaftem Verhalten».
Verfahren wegen versuchter Tötung
Die Staatsanwaltschaft des Kantons Schaffhausen führt inzwischen ein Strafverfahren wegen versuchter Tötung – zu Beginn der Ermittlungen war noch nicht klar gewesen, welches Delikt gegen Leib und Leben wohl zur Anklage kommt.
Bevor er am 24. Juli mit einer Motorsäge in das Gebäude an der Schaffhauser Vorstadt eindrang, hatte der Mann während mehrerer Wochen im Wald bei Uhwiesen gewohnt. Dort war er mehreren Spaziergängern begegnet. Ihnen fiel vor allem die Unordnung auf, die der Mann rund um sein Auto hatte. Die Zürcher Kantonspolizei hatte den Mann dort vor dem Angriff wegen administrativer Fragen kontrolliert.