Kein Unbekannter im Uhwieser Wald
Für harmlos oder verwirrt wurde der Täter von Schaffhausen gehalten. Während mehrerer Wochen begegneten ihm verschiedene Spaziergänger beim Hörnliturm im Wald ob Uhwiesen.
Chronik: Bluttaten in der Region Schaffhausen
2016: Tötungsdelikt Wagenhausen
Anfang 2016 ereignete sich in Wagenhausen ein Tötungsdelikt: Am 2. Januar 2016 wurde eine 25-jährige deutsche Frau aus Wilhelmsdorf (Landkreis Ravensburg) in einer Wohnung in der Thurgauer Gemeinde tot aufgefunden: Der Tatverdacht gegen einen 37-jährigen Mann aus Wagenhausen erhärtete sich darauf nicht. Der 48-jährige Vater des Opfers wurde im April 2016 in den vorzeitigen Strafvollzug versetzt.
2015: Fall Hemmental
Am 13. Dezember 2015 wurden in einer Wohnung in Hemmental zwei Männer im Alter von 26 und 56 Jahren tot aufgefunden. Beide Männer waren an Stichverletzungen gestorben. Im Juni 2017 wurde eine 27-jährige Frau des Mordes verurteilt. Die Frau war mit beiden Männern verwandt: Sie war die Tochter des älteren und Ehefrau des jüngeren Mannes. Sie hatte in einen Streit zwischen den beiden Männern eingegriffen und ihren Vater mit Stichen getötet. Vom Kantonsgericht wurde die Frau zu sechzehneinhalb Jahren Haft verurteilt. Die Verteidigung kündigte an, das Urteil weiter zu ziehen.
2015: Kindstötung Flaach
Am 1. Januar 2015 erstickte eine Mutter in Flaach ihre beiden Kinder, ein zweijähriges Mädchen und einen fünfjährigen Buben. Im August 2015 tötete sich die 27-jährige Frau dann im Gefängnis selbst. Der Fall löste landesweit eine Diskussion über die neu geschaffene Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) aus.
2011: Mordfall Beringen
In den frühen Morgenstunden des 26. Juli 2011 tauchte eine junge Frau in Beringen in der Wohnung ihrer Eltern auf. Sie verletzte ihren schlafenden Vater mit Messerstichen so stark, dass er kurz darauf verstarb. Auch ihre Mutter verletzte sie mit Stichen. Am 20. Dezember 2012 wurde die Frau des Mordes an ihrem Vater und des versuchten Mordes an ihrer Mutter schuldig gesprochen und mit einer Freiheitsstrafe von 18 Jahren belegt. Am 23. Mai 2014 wurde die Strafe vom Obergericht verschärft: Die Frau erhielt eine lebenslängliche Haftstrafe.
2010: Fall Hochstrasse
Am 28. April 2010 wurde eine 54-jährige Schweizerin, die als Drogendealerin aktiv war, am Morgen tot in ihrer Küche an der Hochstrasse in Schaffhausen aufgefunden. Verschiedene Indizien wiesen damals darauf hin, dass ein 32-jähriger Tscheche die Frau erstochen hatte. Beim Strafprozess, der rein aufgrund von Indizien geführt werden musste, wurde der Mann im Januar 2012 jedoch im Hauptanklagepunkt vom Kantonsgericht frei gesprochen. Für einen anderen Angriff erhielt er eine viereinhalbjährige Freiheitsstrafe, vom Vorwurf der vorsätzlichen Tötung wurde er jedoch frei gesprochen. Die Tötung blieb damit ungeklärt.
2009: Brudermord Arlen
Im Juni 2009 starb in Arlen bei Singen der frühere Dirigent der Stadtharmonie Schaffhausen – im Alter von 49 Jahren. Der Mann wurde von seinem 45-jährigen Bruder mit einem Messer angegriffen. Im Oktober 2009 wurde bekannt, dass der tatverdächtige Bruder nicht schuldfähig ist. Er wurde in ein psychiatrisches Krankenhaus eingewiesen.
2008: Tötung in Neuparadies
Am 19. Juli 2008 wurde in Neupara-dies bei Schlatt eine 63-jährige Schweizerin in ihrer Wohnung getötet. Täter war ihr Lebenspartner, ein 60-jähri- ger Schweizer. Der Mann wurde am 23. März 2010 vom Bezirksgericht Diessenhofen zu einer neunjährigen Haftstrafe verurteilt.(r.)
Ein Militärhelikopter kreist über dem Wald oberhalb von Uhwiesen. Zivile Polizisten stehen an verschiedenen Orten im Dorf und am Waldrand. Dort wurde gestern Abend der Täter, der fünf Personen verletzt hatte, gesucht. Franz Wrousis war in den umliegenden Gemeinden kein Unbekannter. Bereits vor mehreren Wochen war der 51-Jährige beim Hörnliturm in Uhwiesen gesichtet worden. Fabienne Unger aus Feuerthalen spaziert mehrmals wöchentlich mit ihrem Hund im Wald oberhalb der Gemeinde Laufen-Uhwiesen. Sie hatte mehrere Begegnungen mit Wrousis. «Wenn ich alleine unterwegs war, dann wurde er nie ausfällig», sagt sie gegenüber den SN. «Nur wenn ich mit meinem Lebenspartner unterwegs war, hat er uns angeschrien.» Insgesamt sei das zweimal vorgefallen. «Beim ersten Mal hat mein Partner noch zu diskutieren begonnen», berichtet Unger. Die zweite unangenehme Begegnung fand erst vorgestern statt, also am Abend vor der Bluttat. In der Folge habe sie sich an die Kantonspolizei Zürich gewandt.
«Keine Gefährdung»
Die Kantonspolizei Zürich bestätigt auf Nachfrage der SN, dass verschiedene Meldungen eingegangen seien. «Wir haben aufgrund dieser Meldungen, die keine Anzeigen waren, den Mann aufgesucht und kontrolliert», so eine Sprecherin der Kapo Zürich. «Es konnte keine Fremd- oder Eigengefährdung festgestellt werden.» Die Kapo Zürich betont, dass der Gesuchte nicht wegen eines Delikts kontaktiert worden sei. Es habe sich um administrative Belange gehandelt, so die Kapo Zürich weiter.
Rudolf Karrer, Gemeindepräsident von Laufen-Uhwiesen, hat das Auto und den flüchtigen 51-Jährigen ebenfalls mehrmals gesehen. «Immer, wenn ich mit meiner Frau und meinem Hund spazieren gegangen bin», sagt er auf Anfrage der SN. Er erinnert sich: «Bereits am zweiten Tag seines Aufenthalts war die Polizei vor Ort und hat ihm die Autonummer abgenommen.» Da die Polizei also Kenntnis vom Aufenthalt Wrousis’ hatte, ging auch Karrer davon aus, dass keine Gefahr vom im Wald Hausenden bestehe. «Auch wir hatten nach einigen Tagen den Eindruck, dass es ein Verwirrter sei, der bald wieder gehe», so Karrer. Auffällig sei gewesen, wie viel Gerümpel im Auto und daneben zu sehen waren.
Auch Angela Neumann aus Uhwiesen spaziert mit ihrem Hund regelmässig in der Gegend. Auch ihr ist der weisse VW Caddy vor einer Woche aufgefallen. «Das Auto war müllbeladen und hinter der Windschutzscheibe habe ich einen Teddybären gesehen, weshalb ich an ein Verbrechen denken musste», sagt Neumann. Seither meidet sie die Stelle. Sie sei aber grundsätzlich immer mit einem Pfefferspray unterwegs. «Und genau dann hatte ich ihn nicht dabei», erzählt die Anwohnerin. Neumann erinnert sich zudem an eine Begegnung mit einer verwirrten Gestalt vor einem Jahr am Rhein beim Nohl. «Mein Sohn hat heute gesagt, dass das der Mann von damals sei», berichtet Neumann.