Regionale Unterschiede bei der Tauglichkeit fürs Militär

Zeno Geisseler | 
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Stellungspflichtige im Rekrutierungszentrum in Rüti ZH. Nach Rüti schickt auch der Kanton Schaffhausen seine jungen Männer zum Test. Bild: Key

Jeder Dritte ist bei der Rekrutierung untauglich. Doch es gibt grosse Differenzen unter den Regionen. Auch Schaffhausen fällt auf.

Männer müssen Militärdienst leisten, so lautet das Prinzip der Milizarmee. Tatsächlich in die Rekrutenschule einrücken müssen aber längstens nicht alle jungen Staatsbürger. Nur rund zwei Drittel fassen Uniform und Waffe, der Rest wird als untauglich erklärt.

Eigentlich müssten die Tauglichkeitsraten in allen Kantonen und Regionen ungefähr gleich gross sein. Doch das sind sie nicht. Es gibt beträchtliche kantonale Unterschiede, wie aus einer Studie des Instituts für Evolutionäre Medizin der Universität Zürich hervorgeht.

Während zum Beispiel im Kanton Nidwalden, dem Spitzenreiter, etwa acht von zehn jungen Männern militärdiensttauglich sind, sind es im Kanton Jura, dem Schlusslicht, nur fünf von zehn. Auch der Kanton Schaffhausen befindet sich am unteren Ende der Skala, mit nicht ganz sechs von zehn tauglichen Männern.

Unterschiede gibt es auch bei den Sprachregionen: Die Deutschschweiz (65,5 Prozent) weist insgesamt eine ­höhere Tauglichkeitsrate auf als die französische (57,4 Prozent) und die italienische Schweiz (63,5 Prozent). Dieses Muster lässt sich selbst bei zwei­sprachigen Gemeinden beobachten: Deutschsprachige Bieler und Freiburger sind eher tauglich als ihre französischsprachigen Nachbarn.

Städter eher untauglich

Auch bei der Gemeindegrösse gibt es Unterschiede: Während aus Landgemeinden viele Junge tauglich sind, sind die Stellungspflichtigen aus den Städten mit zunehmender Grösse der Stadt eher untauglich. Selbst die politische Ausrichtung einer Gemeinde schlägt sich in der Tauglichkeit nieder: Aus linken Gemeinden ist der Anteil der Tauglichen eher tiefer als jener aus bürgerlichen Gemeinden.

Drücken sich also Linke, Städter und Welsche ganz einfach eher vor dem Dienst, indem sie zum Beispiel psychologische Krankheiten vorschieben (siehe Kasten)?

Nein, so einfach ist es nicht. Eine grosse Rolle spielen gemäss der Studie die Rekrutierungszentren. Das Rekrutierungszentrum in Rüti ZH etwa, wohin auch Schaffhausen seine Stellungspflichtigen schickt, stellt auffällig viele Diagnosen in der Kategorie Skelett, Weichteile, Bewegungsorgane. In Lausanne und Monte Ceneri wiederum gibt es hohe Anteile an psychischen Dia­gnosen. Auch die Unterschiede in den zweisprachigen Gemeinden könnten sich mit den Rekrutierungszentren erklären lassen. So gehen die welschen Bieler nach Lausanne, die Deutschsprechenden aber nach Sumiswald.

Letztlich muss die Studie aber offen­lassen, warum genau es so grosse Unterschiede zwischen den Regionen gibt. Die Autoren empfehlen vertiefte Untersuchungen. Die Armeeführung hat bereits entschieden, eine Folge­studie erstellen zu lassen, in welcher die Einflussfaktoren auf auffällige Wechselbeziehungen hin überprüft werden sollen.

Untauglichkeit: Die Hauptgründe

  • Psychische Faktoren: Drei Viertel ­aller Untauglichen haben psychische Gründe. Ein Viertel hat Probleme mit den Besonderheiten des Dienstes, etwa mit Autoritäten. Die restlichen Gründe betreffen ein Spektrum, das von Autismus bis zur paranoiden Persönlichkeitsstörung reicht.
     
  • Körperliche Faktoren: Knapp 30 Prozent der Untauglichen hat Probleme, die das Skelett, die Weichteile oder die Bewegungsorgane betreffen. Deutlich seltener betroffen sind andere Körperteile.

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