Männer, die Reizgas versprühen und Gasgeruch in einer Tiefgarage: Singen war am Donnerstag in Ausnahmezustand

Ralph Denzel | 
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Die Feuerwehr stand mit Spezialanzügen im Einsatz. Bild: Stephan Freissmann/Südkurier

Chaos in grenznahen Singen: Nach mehreren Vorfällen waren am Donnerstag grosse Teile der Innenstadt gesperrt. In der Stadt ging verkehrstechnisch fast nichts mehr, die Rettungskräfte waren mit einem Grossaufgebot vor Ort.

Am Donnerstag herrscht in Singen am Hohentwiel Ausnahmezustand: Gegen 13 Uhr  geht bei der Polizei eine Meldung über Gasgeruch in einer Tiefgarage in der Ekkerhardstrasse ein. Da es sich um einen unklaren Stoff handelt, wird das betreffende Gebäude gegen 13.15 Uhr geräumt.

Bei dem Stoff handelt es sich um einen Bestandteil, den man auch in handelsüblichem Pfefferspray findet. Woher das Reizgas gekommen sei, werde noch ermittelt, zitieren mehrere Medien ein Statement eines Polizeisprecher vom Freitag. Das Landratsamt hat eine aussergewöhnliche Einsatzlage festgestellt und die Leitung übernommen. 

Gasangriff auf Anwaltskanzlei

Das war allerdings nicht der einzige Vorfall in Singen an diesem Tag: So wird aktuell geprüft, ob ein Zusammenhang zu einer Reizstoffabgabe bei einem Vorfall in der Hegaustrasse am späten Vormittag besteht. Laut Polizei betraten gegen 10.40 Uhr zwei vermummte Täter eine Kanzlei und versprühten dort ebenfalls einen noch nicht identifizierten Reizstoff. Anschliessend flüchteten die beiden Männer. Im Rahmen der sofortigen Fahndung konnte ein Tatverdächtiger laut Polizei bereits festgenommen werden.

Gegen 21 Uhr vermeldete die Polizei, dass auch ein der zweite Täter ermittelt wurde.

Auch hier ist der genaue Stoff noch unklar. Ein Gefahrgut-Team war laut «Südkurier» im Einsatz. In der näheren Umgebung wurden Gebäude evakuiert, unter anderem das Finanzamt.

Evakuierungen in der Stadt

Die Innenstadt in Singen war lange abgesperrt, die deutsche Warn-App «Nina» hatte eine Warnung versendet, in der von «möglichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen» und von einem «Gefahrgutunfall» die Rede ist. Gegen 20.30 Uhr wurden die gesperrten Bereiche wieder freigegeben.

Die Warnung der «Nina»-App. Bild: Screenshot

Mehrere Personen wurden evakuiert und in die Stadthalle nach Singen gebracht. Insgesamt soll es sich um etwa 150 Personen gehandelt haben. 

Gerüchte über Nervengift  

Was genau ausgetreten ist, ist weiterhin unklar. Verschiedene Medien meldeten, es könne sich um den Kampfstoff Tabun handeln. Das bestätigte jedoch weder die Polizei noch das zuständige Landratsamt. Der Stoff wurde im Zweiten Weltkrieg von den Nazis entwickelt, aber nie eingesetzt. Die Aufnahme ist über die Haut, Essen und die Atmung möglich und kann tödlich sein. 

Gegen 19 Uhr landete ein Polizeihubschrauber nahe der Münchriedhalle, der Spezialisten aus Mannheim an Bord hatte. Dies sollen laut Polizeisprecherin helfen, den Stoff zu bestimmen.

Später stand fest: Bei Messungen durch Spezialkräfte der Feuerwehr am Abend, weder in einer Tiefgarage noch in den Räumen einer Anwaltskanzlei, konnte ein Kampfstoff festgestellt werden.

Laut Landratsamt sei auch die analytische Taskforce der Berufsfeuerwehren Deutschland, Bereich Gefahrgut, dabei, um bei der Analyse des Reizstoffes zu unterstützten.

Geringe Zahl von Verletzten 

Das Landratsamt teilte weiter mit, dass die Zahl der Verletzten im niedrigen einstelligen Bereich liege, die Polizei nannte sechs Personen. Die meisten hätten mit Reizungen von Augen und Atemwegen zu kämpfen gehabt. Circa 20 Personen galten als möglicherweise kontaminiert, aber nicht als verletzt. Vor Ort wurden Dekontaminationseinheiten und Behandlungsplätze eingerichtet, um die Betroffenen gegebenenfalls zu versorgen.

Neben einer Vielzahl an Kräften des Polizeipräsidiums Konstanz unterstützen Kolleginnen und Kollegen des Polizeipräsidiums Einsatz, der Bundespolizei, der Feuerwehren, des Rettungsdienstes und zahlreiche Mitarbeitende des Landratsamtes Konstanz und der Stadt Singen bei der Bewältigung des Einsatzes.

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