Wie schnell man als Deutscher in der Schweiz Steuern hinterziehen kann

Viele deutsche Anleger nutzen Konten in der Schweiz. Dort ist die Grenze zur Illegalität allerdings sehr schnell überschritten – und den Anlegern manchmal gar nicht bewusst.
Fragt man einen Ausländer, der nie auch nur einen Tag in der Schweiz verbracht hat, was ihm beim Wort «Schweiz» in den Sinn kommt, wird er wohl drei Dinge nennen: Die Berge, die Schokolade und die Banken. Vor allem letzter haben allerdings nicht immer den besten Ruf, vor allem bei deutschen Finanzministerien. Das ist wenig verwunderlich: So stellte das «Tax Justice Network» und das «Netzwerk Steuergerechtigkeit» in ihrem Schattenfinanzindex, dies ist ein Ranking der schädlichsten Zentren der globalen Geheimhaltungs- und Steuervermeidungsindustrie, ein vernichtendes Zeugnis aus: Die Schweiz landete dort 2018 «unangefochten» auf dem ersten Platz.
Finanzplatz Schweiz war immer beliebt
Kein Wunder also, dass viele Menschen früher gerne ihr Geld an Schweizer Finanzplätzen angelegt hatten. «Wenn in Deutschland alles drunter und drüber geht, bleibt der Franken weiterhin stabil», so ein Steuerexperte aus Deutschland, der auf eigenen Wunsch anonym bleiben möchte. In seiner Karriere hat er mehrmals Leute beraten müssen, denen Ärger mit dem deutschen Fiskus drohte. «Manchmal war es Unachtsamkeit, manchmal reine Absicht.»
Der Experte erinnert sich: Als vor einigen Jahren immer wieder Steuer-CDs dem deutschen Staat angeboten wurden, gingen auch bei ihm immer wieder Anfragen ein, was man jetzt am besten machen müsste.
Denn in Deutschland droht einem im schlimmsten Fall nur eine Buse, wenn man sich selbst anzeigt und nicht von Steuerfahndern erwischt wird. Laut Paragraph 371 Absatz 3 der deutschen Abgabeordnung geht man dann straffrei aus. Wenn man das nicht macht, können die Strafen bei Steuerhinterziehung allerdings happig ausfallen: So kann eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder eine empfindliche Geldstrafe drohen, in besonders schweren Fällen besteht die Ahndung in Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Selbst der Versuch ist strafbar.
Solche drakonischen Strafen werden allerdings eher selten verhängt. Zum Vergleich: Der Präsident des FC Bayern München, Uli Hoeneß, wurde wegen Steuerhinterziehung im sieben Fällen mit einem Gesamtvolumen von knapp 28.5 Millionen Euro, also ungefähr 31.7 Millionen Franken, «nur» zu einer Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren verurteilt.
Steuerhinterziehung und Schwarzgeld sind unterschiedlich
Allerdings müsse man laut dem deutschen Steuerexperten dringend unterscheiden: Es gäbe einmal das Geld, welches in Deutschland versteuert und dann in der Schweiz angelegt wurde und zum anderen wirkliches Schwarzgeld, welches direkt am deutschen Fiskus vorbeigeschleust wurde. «Bei Zweiterem braucht es kriminelle Energie», so der Fachmann.
Auch ist für Deutsche problematisch: Wenn das Geld angegeben wurde, aber die Zinsen die man dafür bekommt nicht, ist das ebenfalls eine strafbare Handlung. Dies kann in einem Strafverfahren münden.
Das kam in der Vergangenheit durchaus häufig vor, so der Steuer-Experte. Teils war dies aus Leichtsinn, weil man es schlicht vergessen hatte, teilweise aber auch, weil man die Zinsen ohne Abgaben einstreichen wollte. Dies war auch «kein Problem», solange der deutsche Fiskus nicht dahinter kam. Dabei spielte den Anlegern in die Hände, dass Schweizer Banken lange nicht wirklich verpflichtet waren, diese Informationen weiterzuleiten. Das änderte sich erst mit dem hohen internationalen Druck, auf Grund dessen dann auf eine sogenannte Weissgeldstrategie gesetzt wurde.
So bekannten sich Mitte 2013 der Bundesrat und die Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg) zum automatischen Informationsaustausch (AIA). Seit 2017 sind dafür auch die notwendigen Rechtsgrundlagen in Kraft gesetzt. Das Ziel dieses Austausches ist die Steuertransparenz zu erhöhen und damit die grenzüberschreitende Steuerhinterziehung zu verhindern. Dafür erhalten AIA-Partnerstaaten Zugang zu relevanten Informationen zu Schweizer Bankkonten von Kunden, die in ihren Domizilländern steuerpflichtig sind.
AIA sorgt für weniger Hinterziehungen
Seit diese Regelung in Kraft ist, merkt auch unser Steuerexperte, dass er «kaum noch Selbstanzeigen» behandeln müsse.
Dabei machte die deutsche Staatsanwaltschaft keine wirklichen Unterschiede um was für Anlagen es sich handelte, so sagte Martin Vogel, Chef der Schaffhauser Kantonalbank, in einem SN-Interview vor einigen Tagen: «Der Ermittlungsansatz der deutschen Staatsanwaltschaft war: ‹Kunden mit banklagernder Post oder Nummernbeziehung sind Steuerhinterzieher... und die Bank ist aktive/passive Helferin.›» Auch bei der Kantonalbank hatten sich einige deutsche Kunden selbst angezeigt, was dazu geführt hatte, dass die Bank ins Visier der deutschen Ermittler gekommen war: «Es ist ein Paradox. Erst ermuntern wir unsere Kunden jahrelang dazu, sich selbst anzuzeigen, dann geraten wir gerade dadurch ins Visier der deutschen Behörden», so Vogel.
Auch durch die Einführung des AIA sei es mittlerweile aber schwieriger geworden, «bewusst» Steuern zu hinterziehen, da dadurch «nun ja die volle Transparenz über die Vermögensverhältnisse gewährleistet ist.» So sieht es auch der Experte aus Deutschland: «Seit ungefähr 2017 habe ich keinen wirklich Fall mehr, in dem Ärger mit dem Finanzamt gedroht hätte.»
Wenn, dann seien es Altlasten gewesen.